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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser
Autoren: Markus Heitz
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ihren Augen etwas wert sein.«
    »Sie haben begriffen, wie Politik funktioniert, kaiserliche Hoheit«, merkte Zhu Zaihou an und überließ es dem Zaren, das Ergebnis zu verkünden, was mit lautem Applaus aufgenommen wurde.
    Ich hoffe, dass alles in meiner Amtszeit vergleichbar einfach verläuft. Grigorij verabschiedete sich von der Delegation und besonders herzlich vom Prinzen; danach zog er sich in seine Gemächer zurück, wechselte die Kleidung und verließ inkognito zu Fuß den Palast.
    Niemand wusste von seiner kleinen Reise. Nicht einmal Silena, mit der er sonst jede Sorge und jede Freude teilte.
    Grigorij ging zu der Garage, in der er unter anderem das neueste Motorradmodell der DKW, die Z500, abgestellt hatte. Kein anderes Kraftrad erreichte spielend so hohe Geschwindigkeiten von mehr als neunzig Stundenkilometern; der Anzug des Zweitakters entsprach dem eines Sechs-Zylinder-Automobils. Die Z500 würde der Clou der Motorradschau im Herbst in London sein.
    Der Gedanke an seine Frau verlieh ihm eine gute Stimmung. Bald ist sie dal Sie würde in zwei Tagen bei ihm ankommen.
    Grigorij hatte einen pompösen Empfang für die Zaritsa vorbereitet, und das Volk war auf die Frau an der Seite des unerwarteten Zaren neugierig.
    Ich habe vergessen, ihr von Fayence zu berichten, durchfuhr es ihn. Er hatte es dermaßen eilig gehabt, dass es ihm durch die Gedanken gerutscht war. Dabei wusste er, dass der Ägypter seiner Frau etwas bedeutete. Und anscheinend war es bei dem Drachenjäger nicht anders, wenn er schon im Schlaf Silenas Namen rief. Sie waren lange gemeinsam in China. Eifersucht flackerte auf, wurde jedoch von einem unwiderstehlichen Zwang überlagert. Er schluckte. Na, dann wartet sie eben noch en wenig länger auf die Nachricht von seinem Überleben.
    Er schloss die Garage auf, schob das Tor auf und rollte die Z500 hinaus. Nachdem er Helm, dickere Handschuhe und einen mehrfach gefütterten Mantel übergezogen sowie sein geheimes Refugium gesichert hatte, stieg er auf den Sattel. Silena und ich werden Russland in die Moderne führen. Nichts kann uns aufhalten. Er startete den Motor und gab Gas. Das Motorrad röhrte auf.
    Für besonders hartnäckige Fälle von Widerstand gegen seine Reformen baute er auf einen besonderen Verbündeten.
    Grigorij fuhr mit der Z500 über die Prospekte, immer nach Osten. Die mit langen Eisendornen versehenen Reifen fanden Halt in Schnee und Eis. Sankt Petersburg fiel weit hinter ihm zurück, mehrmals bog er ab; die Straßen wurden schlechter und einsamer. Grigorijs Unruhe nahm zu.
    Er tastete die Taschen seiner Jacken ab, doch er fand nichts, womit er sich beruhigen konnte. Den Vorrat seines besten Entspannungsmittels hatte er schon längst aufgebraucht. Dieses Mal muss er mir mehr geben, dachte er und bemerkte ein leichtes, verräterisches Zittern in den Fingern. Nicht auszudenken, wenn es in einer Sitzung mit Generälen oder bei einem Staatsempfang ausbrach. Jeder würde es bemerken. Er muss mir mehr geben. Er MUSS!
    Grigorij schaltete die Scheinwerfer aus und bog in einen Feldweg, der in ein Wäldchen führte. Langsam, um die Räder nicht zu beschädigen, führ er weiter, zwischen die Stämme auf die kleine Lichtung. Dort angekommen, parkte er die Z500 und stieg ab.
    Die dickste Lage Kleidung zog er aus, um sich besser bewegen zu können.
    Ungeduldig lief er hin und her.
    Wo bleibt er? Will er, dass sich mein Verstand auflöst und mir aus den Ohren läuft? Er rieb sich die schweißnassen, eiskalten Hände. Es fühlte sich an, als stürben sie ab, während sein Kopf immer heißer wurde und seine Schläfen pochten.
    Der Himmel verdunkelte sich, die Sterne erloschen, als sich die Silhouette eines Drachen davorschob. Wind spielte mit den Bäumen, brachte sie zum Wiegen, Schnee stob in alle Richtungen davon.
    Grigorij blieb, wo er war, und sah erleichert aus. »Endlich!«, rief er, noch während der schwarze Drache landete. »Wo warst du so lange, Tugarin?«
    Hochverehrter Zar, verzeih mir. Es ist nicht leicht, dein Mittel zu besorgen. Der Geschuppte neigte den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. Tugarin war elf Schritt lang, seine Spannweite betrug gewiss vierzig Schritt. Der Kopf glich mehr dem eines Raubvogels als einer Schlange, mit langen, schmalen Schuppen anstelle von Federn. Seine Schnauze war kurz, kräftig und leicht nach unten gebogen, zwei spitze, scharfe Reißzähne ragten aus dem Oberkiefer.
    Er nahm einen Lederbeutel unter der linken Schwinge hervor. Das sollte für
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