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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser
Autoren: Markus Heitz
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anderthalb Monate reichen, mein Zar. Geh behutsam damit um und strecke es mit Haschisch oder Opium, dann hält es länger. Die Wirkung wird die Gleiche bleiben.
    Grigorij hielt sein Glück in den Händen. Zauberpulver, so nannte er es. Es vermochte so viel. Ich muss es kosten. Er schlug den Beutel auf, tauchte die Fingerspitze hinein und leckte das weiße, klebrige Puder ab. Es schmeckte süßlich, einen Hauch nach Zimt, aber die Auswirkung war enorm: als würden die Sinne um das Dreifache stärker arbeiten. Sein Verstand war hellwach, ohne jede Müdigkeit. »Ausgezeichnet!«
    Danke, mein Zar. Schon dein Vater mochte und benötigte es, um die Wunder zu vollbringen, die ihn berühmt machten. Es wäre nicht rechtens, es dir vorzuenthalten. Du hast erreicht, wonach er immer strebte. Er ist stolz auf dich. Tugarin atmete ein. Wie lief es heute? Du hast den Friedenspakt mit dem Prinzen und der Drachenkaiserin geschlossen?
    »Ja, das habe ich. Zhu Zaihou stimmte sofort zu.«
    Ich sagte dir hei unserem ersten Treffen vor einer Woche, dass ich mehr Macht besitze, als du dir vorzustellen magst. Deine Wahl, mit mir ein geheimes Bündnis einzugehen, wird dir nur Vorteile bringen. Die Drachenkaiserin war durch meine Fürsprache zu allem bereit. Tugarin reichte ihm eine Mappe. Nun bist du an der Reihe. Darin sind Dekrete, die du dir durchlesen solltest. Ein paar Leute müssen befördert und ein paar getötet werden, damit die Richtigen in Russland an entscheidenden Stellen sitzen. Noch sind zu viele Vertraute der Romanows im Einsatz. Wenn alles erledigt ist, sehen wir uns in knapp zwei Monaten wieder. Er breitete die Schwingen aus. In der Zwischenzeit: Freunde dich mit dem Gedanken an, dass Russland, das Empire und das deutsche Kaiserreich eine Allianz eingehen, um gegen Frankreich zu marschieren. Er schwang sich auf einem kleinen Sturm in die Luft und flog unglaublich schnell davon.
    »So, sollte ich das?« Grigorij stand inmitten des aufgewirbelten Schnees und sah trotzig auf die Ledermappe sowie den Beutel.
    Die Nacht sang für ihn, schwarzes Licht mischte sich unter das Glühen und Strahlen des Firmaments, und er hörte die Bäume seinen Namen in Ehrfurcht raunen. Das Gras unter dem Schnee wisperte dazu. Das Zauberpulver eröffnete ihm diese nie gekannte Schönheit der Welt, und er wollte sie nicht mehr missen.
    »Ich bin der Zar. Ich bestimme, niemand sonst, Tugarin!«, schrie er dem Drachen hinterher und tunkte den Finger noch einmal in die weiße, geliebte Substanz. »Du gehorchst mir wie alle anderen auch!«
    Grigorij kehrte zum Motorrad zurück, barg Mappe und Beutel in der Ledertasche auf dem Tank und schwang sich in den Sattel. Ich werde durch die Gabe ein guter Zar sein, sagte er sich. In ein paar Jahren kann ich mit den Drogen aufhören. Silena wird mir dabei helfen. Brummend erwachte der Motor, er gab Gas und fuhr zurück nach Sankt Petersburg.
    Er hegte nicht den geringsten Zweifel an einer glücklichen Zukunft mit ihr und seiner Tochter. Dazu wusste er zu viel über die kommenden Jahre. Ahmat spielte darin keine Rolle. Das war das Schöne an der Gabe der Hellseherei: Niemand konnte ihm etwas vormachen.
    Grigorij sah auf die Ledertasche, in der der Beutel mit dem Zauberpulver lag, und biss die Zähne zusammen. Niemand.

Nachwort
     
    Silena, Grigorij und ihre Freunde durften ein weiteres Abenteuer erleben, manche davon auch überleben.
    Dass »Die Mächte des Feuers« als Vorgängerband derart gut angenommen wurde, hat mich sehr, sehr gefreut, und das gleiche Schicksal wünsche ich diesem Buch.
    Ob es ein drittes geben wird, lasse ich offen. Die Helden haben ihre Abenteuer bestanden, gern darf selbst von den Leserinnen und Lesern gerätselt und gesponnen werden, was danach kommen könnte: Dramen oder ein leichtes Leben, nur noch Glück oder Tragik? Für alle, die nicht grübeln möchten: Der Hellseher hat es im Grunde vorweg genommen.
    Ach ja, die Wirtschaftskrise, die in »Drachenkaiser« thematisiert wird, ist nicht der aktuellen Lage geschuldet.
    Bereits in »Die Mächte des Feuers« sinnierte ein Altvorderer darüber, dass man die Menschen auch mit wirtschaftlichen Mitteln beherrschen kann und nicht immer auf Kriege zurückgreifen muss. Im Jahr 2006 war die Entscheidung schon gefallen, eine mögliche Fortsetzung in der »kleinen« Wirtschaftskrise der Zwanziger anzusiedeln.
    Dass ich jetzt damit aktueller bin als gewollt, war vor drei Jahren bei Zinssätzen von vier bis fünf Prozent nicht abzusehen. Ich denke
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