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Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold
Autoren: Novik Naomi
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Stückchen bergauf halb aus einem Erdloch ragte und ihm entgegensah, den Kiefer zu einem abscheulichen Grinsen geöffnet. Dahinter erahnte Hammond zwei weitere Köpfe …
    Sein eigener Atem klang laut und angestrengt in seinen Ohren, während ihn das Entsetzen einen Moment lang lähmte. Dann setzte er sich wieder in Bewegung, und aus Leibeskräften, wenn auch wenig hoffnungsvoll, schrie er: »Shen Li! Shen Li!« Während er sich den schmalen, unbewachsenen Pfad über das Gestein den Hang hinaufkämpfte, kamen seine abgehackten Hilferufe nur noch stoßweise. Die geschmeidigen Körper, die ihn verfolgten, schienen ihm ohne jede Anstrengung hinterherzuhuschen.
    Hinter sich vernahm er ein hustendes Geräusch, das durch die Reihen der Kreaturen lief und klang, als machten sie sich über ihn lustig. Er geriet wieder ins Straucheln, und sein Fliehen fand ein jähes Ende, als er über den Hügelkamm stolperte und vor den Füßen eines anderen Mannes liegen blieb. Bei diesem handelte es sich um einen abgerissen aussehenden, staubbedeckten Buschjäger mit dichtem Bart. Er trug ein weites Hemd, eine Hose und einen breitkrempigen Hut, und in der Hand hielt er – Gott sei’s gedankt – ein Gewehr. Aber das war nur ein einzelner Mann, und von jenseits des Grates starrten bereits fünf schuppige Köpfe zu ihnen beiden herunter.
    Der Jäger vertrödelte keine Zeit; er hob das Gewehr und feuerte, allerdings über die Köpfe der Biester hinweg. Dann ließ er die Waffe sinken und rief: »Das reicht jetzt! Verschwindet! Die ganze Bande. Oder ich werde euer Nest ausheben, das schwöre ich euch.«
    Die Kreaturen zischten und zogen sich ebenso rasch zurück, wie sie aufgetaucht waren. Ein furchteinflößender, riesiger Schatten war über sie gefallen, und der Boden bebte. Hammond verschluckte krampfhaft einen furchtsamen Aufschrei, als sein Blick auf zwei lange Reihen von Zähnen entlang einem schier endlosen roten Maul fiel und eine Stimme, die nicht von einem Menschen stammen konnte, sagte: »Oh! Das sollten wir trotzdem tun. Wie können diese Bunyips es wagen, wo sie doch ganz genau wissen, dass es mir zuwider ist, wenn sie hier Jagd auf Menschen machen.«
    Â»Temeraire«, rief Hammond mit kieksender Stimme. »Das ist doch Temeraire. Alles wird gut.« Diese Worte waren vermutlich vor allem zu seiner eigenen Beruhigung gedacht, auch wenn die Überzeugungskraft offensichtlich zu wünschen übrig ließ, denn er schien bis zum Zerreißen angespannt und immer noch von Fluchtgedanken erfüllt.
    Â»Hammond?«, fragte der Jäger.
    Hammond starrte ihn an, während er die dargebotene Hand ergriff und schüttelte: eine breite, schwielige Hand. Die Gesichtshaut seines Gegenübers war unter dem zotteligen, blonden Bart tief gebräunt; blaue Augen strahlten ihn an, und Hammond fragte langsam: »Kapitän Laurence? Sind Sie das?«

I

1
    Â»Ich fürchte, er ist in Gedanken viel zu sehr mit materiellen Dingen beschäftigt«, stellte Shen Li mit leisem Tadel fest, während Temeraire in einiger Entfernung damit beschäftigt war, einen großen, behauenen Steinquader emporzuheben, der den Mittelteil vom Fußboden seines Pavillons bilden sollte. Shen Lis Äußerung war insofern bemerkenswert, als sich praktisch alle Drachen ganz außerordentlich zu weltlichem Besitz hingezogen fühlten. Aber vielleicht hatten die langen Flüge hoch in den Lüften über die kargen Gegenden der australischen Wüste und über den südlichen Pazifik hinweg dazu geführt, dass das chinesische Kurierdrachenweibchen mit den riesigen Schwingen zu einer philosophischen Anschauung gelangt war, die einer Aussöhnung mit ihrem eigenen Schicksal dienlich sein mochte.
    Â»Natürlich ist das eine ganz bewundernswerte Arbeit«, fügte sie hinzu, »aber ein solcher Hang führt unvermeidlich zu großem Leid.«
    Laurence schenkte ihr nur wenig Aufmerksamkeit. Temeraire war es gelungen, mitsamt seiner Last abzuheben, und Laurence gab nun der kleinen Schar von Männern einen Wink, damit diese die Stützbalken aufrichteten, welche die Endposition für den Klotz markieren sollten. Doch auch diese Aufgabe brachte Laurence’ Gedanken nicht zur Ruhe. Immer wieder wanderten sie zu einer niedrigen Hütte zehn oder zwanzig Meter tiefer, die sich unter einer kleinen Baumgruppe duckte und den kühlsten Ort in
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