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Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold
Autoren: Novik Naomi
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seine Weisheit und seine Voraussicht.«
    Am Ende seiner Worte zog er ein kleines, in Öltuch gewickeltes Päckchen hervor, das er aufschlug, woraufhin ein schmaler, gefalteter Brief zum Vorschein kam – der gleiche Brief, begriff Laurence einen Moment später, den Lung Shen Li ihm vor ihrer Abreise nach Australien gebracht hatte und den Laurence für eine Nachricht von Gong Sus Familie gehalten hatte. Das Schreiben war mit einem prachtvollen, roten Siegel versehen und in ein Papier gewickelt, das von oben bis unten mit chinesischen Schriftzeichen bedeckt war. Gong Su legte es auf seine beiden ausgestreckten Handflächen und hielt es Laurence entgegen.
    Â»Mein älterer … mein was?«, fragte Laurence verblüfft und ergänzte: »Meinen Sie Prinz Mianning? Ihr Gebieter ? Was …« Er brach ab und presste die Lippen zusammen, um sich nicht mit einem würdelosen Gestotter selbst zu verraten. Bislang war er der Meinung gewesen, Gong Su sei sein Koch, doch nun konnte er das alles nur noch wütend zur Kenntnis nehmen, sowohl die schockierende und schamlose Art und Weise der Offenbarung als auch das Bekenntnis an sich, dass Gong Su ein …
    Â»Er ist kein Spion«, redete Hammond beschwörend auf ihn ein, nachdem er Laurence ans andere Ende des Zeltes gezerrt hatte, »er ist keineswegs ein Spion, Kapitän. Das dürfen Sie nicht von ihm denken. Er ist …« Hammond kramte nach einem beschönigenden Wort, »er ist in Ihren Dienst abgeordnet worden …«
    Â»In meinen Dienst abgeordnet worden?« Laurence starrte Hammond an. »Mr Hammond, bitte verraten Sie mir doch, welche Bezeichnung ich ansonsten für einen Mann finden sollte, der vermutlich jedes kleinste Detail meiner Angelegenheiten … Himmel, er war Gast im Haus meines Vaters! … und auch alles, was den Dienst betrifft, an eine fremde Nation …«
    Â»Er hat es nur an Ihre Verwandten weitergegeben, die wohl jedes Recht haben, sich dafür zu interessieren«, sagte Hammond nicht weniger skrupellos als Gong Su selbst; dann aber schwenkte er eilig um, als er sah, dass er Laurence auf diese Weise wohl kaum beruhigen würde, »… und an seine eigene Regierung, der ohne jeden Zweifel seine oberste Loyalität gebührt«, fuhr er fort. »Auf jeden Fall müssen Sie doch die große Bedeutung ermessen … Wenn Prinz Mianning uns offiziell nach China einlädt …«
    Â»Prinz Mianning hat nur eine rein hypothetische Einladung ausgesprochen«, unterbrach ihn Laurence, »und die Entscheidung, ob und wann diese auch übermittelt wird, hat er ganz in die Hände dieses …«
    Â»â€¦ Dieners des Thrones gelegt«, ergänzte Hammond laut und riss damit das Wort wieder an sich, »und zwar eines Dieners, der offenkundig vertrauenswürdig und rechtschaffen ist und über ein gutes Urteilsvermögen verfügt, wenn man ihm bei einer solchen Aufgabe freie Hand lässt, Kapitän. Es kann nur einen Grund geben, warum der Prinz uns auffordert, eine solche Reise zu unternehmen: Die Chinesen wollen über eine Allianz sprechen.«
    Â»Wie Sie zu einem derartigen Schluss kommen, für den es in dem bisherigen Verhalten der Chinesen keinerlei Anzeichen gibt …«, setzte Laurence an.
    Â»Ich war in diesen letzten fünf Jahren nicht untätig, Kapitän«, sagte Hammond, »und auch nicht, wie ich zu behaupten wage, ohne Erfolg. China hat vielleicht noch nicht die Häfen für uns geöffnet, aber ganz sicher ist ein Aufweichen …«
    Â»Auf einen Schlag von einem Aufweichen zu einer Allianz?«, fragte Laurence.
    Â»Wenn ich bitten dürfte«, mahnte Gong Su sie zur Mäßigung. Ihre Stimmen waren so laut geworden, dass an eine Vertraulichkeit des Gesprächs nicht mehr zu denken war. Laurence war nicht in der Stimmung, über die Erinnerung daran hinwegzugehen, dass praktisch jede seiner Unterhaltungen – außer den wenigen, die unter wirklich privaten Umständen geführt worden waren – auf ein Interesse gestoßen war, welches weit über das gewöhnliche Maß an Klatsch- und Tratsch-Bedürfnis hinausging. Gong Su redete weiter: »Ich will nicht über die Motive meines Herrn spekulieren und auch nicht über den Grund für seine Einladung! Aber diese letzten Ereignisse zwingen mich, Sie nach China zu bitten, denn es steht zu befürchten, dass sich das Gleichgewicht und die Ordnung der
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