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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie
Autoren: Alfred Bekker
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„Stoßzahnsammler“ schwankte im relativ sanften Rhythmus der Wellen. Die See war für die rauen Verhältnisse des Nördlichen Meeres sehr ruhig. Kein Wunder, es war Sommer. Dann wurden die Winde milder, und das Eis zog sich an der winterländischen Küste einige Meilen ins Landesinnere zurück, sodass die Insel für ein paar Monate von einem grünen Saum umgeben war, der aus der Ferne wie ein schimmerndes Band erschien.
    Das Wetter war wie geschaffen für die Jagd auf die Seemammuts …
    „Sind es wieder die Träume?“, fragte Wulfgar besorgt.
    „Es ist vorbei.“
    „Habe ich es doch geahnt …“
    „Vater!“
    „Es sind wieder die Traumgesichter, über die du nicht sprechen kannst und die dir der Meeresgott eingegeben haben muss, als du draußen auf dem Meer herumgetrieben bist!“
    „Es ist vorbei!“, versicherte Rajin noch einmal und diesmal energischer. Er hatte einmal als kleiner Junge versucht, sich Wulfgar anzuvertrauen und über das zu sprechen, was er in seinen Gedanken vor sich sah. Über die Stimme, die er hörte, und das Gesicht des weißhaarigen Alten mit dem kahlen Kopf, dessen Augen wie ein Spiegelbild seiner eigenen Augen auf ihn wirkten. Zumindest hatten sie die gleiche Form, und auch die dunkle Farbe stimmte überein.
    Aber Rajin hatte nicht ein einziges Wort hervorgebracht. Obwohl er als sprachgewandt galt und das Seemannische ihm wie eine Muttersprache beigebracht worden war, hatte er keine Worte für das gefunden, was hinter seiner Stirn mitunter vor sich ging. Als ob ein Bann es verhinderte.
    Ebenso war es ihm unmöglich, Wörter aus der gleichermaßen vertrauten wie vollkommen fremden Sprache nachzusprechen, die der Weise Liisho in seinen Träumen verwendete. Für jedes Wort, das man ihm in der Sprache der Seemannen von Winterland beigebracht hatte, wusste er eine Entsprechung in der Sprache Liishos – und doch war er nicht fähig, auch nur eines dieser Wörter über die Lippen zu bringen.
    Dasselbe galt für den Namen, den die Traumgestalt Liisho als seinen wahren Namen bezeichnete.
    Rajin …
    Es hatte Zeiten gegeben, da hätte er diesen Namen am liebsten laut herausgeschrien, weil er sich davon eine Befreiung von den Dämonen erhofft hatte, die in seinem Kopf zu spuken schienen. Aber er war nicht dazu im Stande gewesen. Eine unheimliche Kraft hatte verhindert, dass der Name »Rajin« über seine Lippen kam.
    Er versuchte, die Gedanken an den weißbärtigen Liisho und seine teilweise rätselhaft bleibenden Worte für den Moment aus seinen Gedanken zu verbannen. Es war ein denkbar schlechter Augenblick dafür, sich von den sprechenden Dämonen in seinem Kopf ablenken zu lassen.
    Rajin blickte gespannt auf die graue Wasseroberfläche. Sie war ruhig. Verdächtig ruhig. Jeden Augenblick konnte sie sich plötzlich teilen und ein wahrer Koloss daraus hervortauchen. Seemammuts hatten Hauer so lang wie drei Männer. Wie kunstvoll gewundene, vorne spitz zulaufende Dornen sahen sie aus, und ein einziger von ihnen bestand aus mehr Elfenbein, als es ein halbes Dutzend Elefanten mit sich herumtrug, die es in einigen tiefer gelegenen Gebieten des Luftreichs Tajima sowie im gesamten Osten von Feuerheim gab.
    Wenn sich der Koloss unter der „Stoßzahnsammler“ emporhob, waren Schiff und Besatzung verloren. Das Wasser war so kalt, dass jeder innerhalb weniger Herzschläge in den eisigen Fluten erfrieren würde. Rajin konnte schwimmen. Es war ihm angeboren, wie er irgendwann einmal festgestellt hatte, als er im Alter von acht Jahren mit anderen Jungen seines Alters in einem der von heißen Geysiren gespeisten Warmwasserseen gebadet hatte, die es auf Winterland gab.
    Viele der winterländischen Seefahrer lehnten es ab, das Schwimmen überhaupt zu erlernen. Diese Fähigkeit verlängerte in ihren Augen letztlich nur das Leiden dessen, der über Bord ging und dem Tod unrettbar ausgeliefert war. In so einer Situation war es ihrer Ansicht nach besser, sich einfach nur mit offenen Armen vom Meeresgott Njordir empfangen zu lassen. Zumindest ersparte es einem die Qual eines Überlebenskampfes, der schon wenige Meilen von der Küste entfernt vollkommen aussichtslos war.
    Das Seemammut, dem Wulfgar Wulfgarssohn und die Mannschaft der „Stoßzahnsammler“ schon seit einem Tag und einer Nacht hinterherjagten, war bereits geschwächt. Hunderte von Pfeilen steckten in seinem Rücken. Pfeile, die mit dem Gift der winterländischen Eisspinne getränkt waren.
    Es gab kein stärkeres Gift als dieses. Auf
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