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DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie
Autoren: Alfred Bekker
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einen Menschen wirkten schon kleinste Mengen tödlich, und angeblich hatten es im Ersten Äon sogar die Riesendrachen gefürchtet.
    Auf das Seemammut wirkte es natürlich nur allmählich. Es lähmte seinen gewaltigen Körper nach und nach, machte ihn träge und ließ ihn schließlich das Bewusstsein verlieren und regungslos an die Oberfläche treiben. Aber bis dahin standen den Schiffsbesatzungen zumeist ein oder zwei Tage des Kampfes und der Verfolgung bevor.
    Im Delirium schlug das gewaltige Monstrum um sich und war häufig genug ein blindwütiger, zerstörerischer Gegner. Selbst die größten, fast hundert Mannlängen messenden Langschiffe der Seemannen konnten durch einen einzigen Flossenschlag zerteilt werden. Die Spanten waren gegenüber dieser Gewalt nicht widerstandsfähiger als Papier, das neuerdings das althergebrachte Pergament als Schreibmaterial zu ersetzen begann, seit es die seemannischen Handelsschiffe aus den Ländern des Südens herbeischafften. Selbst der Hauptsteven eines Drachenschiffs war nichts weiter als ein dünner trockener Ast, wenn ein beiläufiger Flossenschlag ihn traf.
    Rajin hatte das bereits mit angesehen. Den betreffenden Besatzungen war meist kaum zu helfen, da es unmöglich war, sich dem Seemammut weit genug zu nähern, um sie an Bord nehmen zu können, bevor sie ertrunken oder erfroren waren. Oft wurden sie jedoch auch von den Beißern bei lebendigem Leib gefressen – etwa handgroßen Fischen, die in Schwärmen den Seemammuts folgten und normalerweise die quallenartigen Parasiten von der dicken Haut der Meeresriesen knabberten. Aber die drei Reihen nagelspitzer Zähne verhakten sich auch gerne in das Fleisch anderer leicht erreichbarer Beute, die sie für Aas hielten. Und ein Ertrinkender gehörte durchaus dazu. Das Wasser färbte sich dann blutrot …
    Bei der Jagd auf ein Seemammut mit schon mehreren vergifteten Pfeilen im Leib kam es auf das Geschick des Kapitäns an. Er musste richtig einschätzen, wie agil das Ungeheuer in der Tiefe noch war und wann es zum Atmen an die Oberfläche kam. Die Beißer-Schwärme waren an der Wasseroberfläche oft als wimmelnde Bewegung auszumachen, die das Wasser kräuselte. Wenn dies geschah, stieg das Seemammut im nächsten Moment aus den Fluten hervor.
    Und genau dies war in diesem Moment der Fall.
    Ein erfahrener Kapitän konnte ungefähr abschätzen, wo das Ungeheuer auftauchen würde, aber ein gewisses Risiko war immer dabei.
    Die wirbelnden Bewegungen der Beißer waren deutlich auszumachen – und zwar auf einer Breite, die fast fünf Schiffslängen entsprach.
    „Bei Njordir! Selbst unter den riesenhaften Ungeheuern muss dies noch ein wahrer Gigant sein!“, stieß Sven Blauauge hervor, der Steuermann der „Stoßzahnsammler“, der ebenso gespannt wie alle anderen auf die Wasseroberfläche starrte. Das Segel hing schlaff im lauen Wind. Die Seile waren gelöst. Während sich zwanzig Harpuniere im vorderen Teil des Schiffs positioniert hatten, saßen fünfzig weitere zumeist hellbärtige und langhaarige Seemannen auf den Ruderbänken, jederzeit bereit, mit der Kraft ihrer Arme kleinere Kurskorrekturen vorzunehmen. Das Leben der Mannschaft konnte davon abhängen, dass sie sich schleunigst in die Riemen legte, um mit einigen Ruderschlägen dem Meeresriesen auszuweichen, falls sich der Kapitän in seiner Einschätzung über die Stelle, an der das Ungeheuer auftauchen würde, geirrt hatte.
    Und falls der Riese doch noch munterer war, als es die Menge des durch die Pfeile verabreichten Gifts eigentlich vermuten ließ, und das Seemammut nach einem tiefen Atemzug einfach das Weite suchen wollte, standen zwei Männer bereit, um sofort die Segeltaue wieder strammzuziehen, sodass das Schiff Fahrt aufnehmen und das Monstrum verfolgen konnte.
    Die Beißer ließen das Wasser an manchen Stellen regelrecht aufspritzen, so sehr waren sie in Aufruhr. Wenn in dieser Situation ein Mann über Bord ging, hatte er keine zehn Herzschläge mehr zu leben, während derer er sich in ein blutiges Stück Fleisch verwandelte.
    Es war kein gutes Zeichen, dass die Beißer so munter waren, ging es Rajin durch den Kopf. Mit fünfzehn Lenzen war er zum ersten Mal auf einem von Wulfgars Schiffen auf Seemammutjagd mitgefahren und hatte inzwischen genug Erfahrung gesammelt, um derlei Zeichen richtig deuten zu können. Wenn die Beißer ruhiger waren, bedeutete dies, dass sie sich überwiegend in die quallenartigen Parasiten verbissen hatten, die sich zu Tausenden auf der Haut
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