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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot
Autoren: Robert Low
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Schiffen – und deshalb fällen
sie auch Holz für Gisur und schleppen es heran, um die neue Fjord Elk zu bauen. Und darum bleiben sie hier. Und ich würde mir keine Sorgen um eine neue Mannschaft machen, Orm. Thorkel ist bestimmt nicht der Einzige, der auf einen Platz auf der Ruderbank hofft. Selbst nach fünf Jahren funkelt der Silberschatz noch sehr hell.«
    »Du hast eine Frau«, sagte ich jetzt verzweifelt, denn ich wusste, er hatte recht. »Ich dachte, es war dir ernst, als du dich ihr versprochen hattest – kannst du sie genauso leicht zurücklassen wie die Hühner?«
    Kvasir verzog komisch das Gesicht. »Wie gesagt – sie wird lernen müssen, das Meer zu lieben.«
    Ich war platt. Wollte er mir erzählen, dass er sie mitzunehmen gedachte? Auf diese Reise in die Länder der Slawen und in das weite, leere Grasmeer?
    »So ist es«, bestätigte er, und ich war sprachlos. Wenn er so entschlossen war, dann hatte ich versagt, und das Geräusch der Hämmer und Zimmermannsäxte vom Strand her schien mich fast zu verhöhnen. Sie war fast fertig, die neue Fjord Elk, die jüngste in einer langen Reihe. Und wenn sie erst fertig war …
    »Wenn sie fertig ist«, sagte Kvasir, als könne er meine Gedanken lesen, »dann wirst du eine Entscheidung treffen müssen, Orm. Der Schwur hat uns zur Geduld gezwungen … na ja, alle außer Finn … Aber wir werden nicht ewig so geduldig bleiben. Du musst dich wirklich entscheiden.«
    Eine Antwort blieb mir erspart, denn die Tür flog auf, und Gisur kam herein, gefolgt von Onund Hnufa, Finn und Runolf Hasenscharte. Botolf und Ingrid waren dichter zusammengerückt und flüsterten.
    »Wenn du die vorderen Planken noch dünner hobelst«, sagte Gisur zu Onund, der die Elk baute, »dann wird sie Wasser reinlassen wie ein Sieb.«
    Der buckelige Onund zog den großen Mantel aus Seehundfell aus, in dem er wie ein Seeungeheuer aussah. Er antwortete nichts, denn er war ein wortkarger Isländer, der nie viel sagte, und erst recht nicht, wenn es darum ging, zu erklären, was er beim Schiffbau mit dem Holz machte. Wortlos saß er da, und seine verwachsene Schulter ragte wie ein Berg über sein Ohr hinaus.
    Sie drängten sich und suchten Plätze für ihre Umhänge, damit sie sich nicht gegenseitig volltropften und trotzdem nahe genug am Feuer waren. Wieder flog die Tür mit einem Schwall kalter, feuchter Luft auf, und der rote Njal kam herein und trampelte Matsch von den Stiefeln, was ihm einen vernichtenden Blick von Thorgunna einbrachte.
    »Frauenlippen schlagen die schlimmsten Wunden, wie meine Großmutter immer sagte«, brummte er, als er ihr Gesicht sah.
    Ingrid riss sich von Botolf los und schloss die Tür. Botolf stand grinsend auf und setzte sich ans Feuer, wo er sofort von Kindern umringt war, die nach Geschichten verlangten. Er wehrte lachend ab, doch es hatte nicht viel Zweck, er wurde überschrien.
    »Ich würde nachgeben«, sagte der rote Njal amüsiert. »Kleine Wölfe können selbst den größten Bären zu Fall bringen, wie meine Großmutter immer sagte.«
    »Was für ein schöner Anblick«, flüsterte eine Stimme neben mir. Finn hatte sich in der düsteren Halle neben mir niedergelassen. »Wie der Blick in einen stillen Fjord an einem ruhigen Sommertag, was, Orm? Ein schönes Bild. Man darf nur nicht danach greifen.«
    Ich sah von ihm zu Kvasir und wieder zurück. Wie zwei Stevenköpfe saßen sie zu beiden Seiten meines Throns, dachte ich düster. Wie Raben auf meiner Schulter. Ich starrte
auf den Griff meines Schwertes, ohne ihn zu sehen, drehte ihn in meiner Hand und bohrte das Loch zu meinen Füßen noch tiefer.
    Finn streichelte den Kopf des Hirschhundes und betrachtete diese friedliche Szene, sodass ich nur einen Teil seines Gesichts sah, das rot vom Feuerschein war. In seinem schwarzen Bart gab es einige Silberfäden, und wo sein linkes Ohr hätte sein sollen, befand sich nur eine wulstige rote Narbe. Er hatte es in Serkland verloren, auf diesem von allen Göttern verfluchten Berg, wo wir gegen unsere eigenen Leute gekämpft hatten, die ihren Schwur gebrochen und noch Schlimmeres getan hatten.
    Es waren wenige übrig von denen, mit denen ich vor sechs Jahren Björnshafen verlassen hatte. Wie ich Kvasir gegenüber erwähnt hatte – kaum genug für die Mannschaft einer Knarr.
    »Dann sieh genauer hin«, sagte ich missmutig zu Finn. »Du musst nur den Blick ein wenig heben. Dann kannst du auch danach greifen.«
    »Du machst dir etwas vor, Orm«, sagte er. »Du bist zu
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