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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot
Autoren: Robert Low
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Dann wärst du die Herrin, und niemand könnte es dir streitig machen.«
    Ich hatte es leichthin gesagt, es war mehr als Scherz gemeint, aber ich merkte, es war mir aus dem Herzen gekommen, und plötzlich schien es das einzig Richtige zu sein. Ich war davon genauso überrascht wie sie.
    Sie machte den Mund auf und wieder zu, dann schnaubte sie verächtlich. »Das sagst du, nachdem du es wie toll mit dieser Aoife getrieben hast?«
    »Das war damals – und außerdem ist sie nur eine Thrall.«
    »Ach, und deshalb musstest du ihren Hintern mit beiden Händen festhalten?«
    »Na ja, nicht direkt …«
    Ich verstummte und war mir plötzlich nicht mehr so sicher wie noch vor einem Augenblick.
    »Hammel bumsen ruhiger als du«, sagte sie leise.
    Ich unterdrückte ein Stöhnen. Mein Magen zog sich zusammen. »Das erwartet man von einem Jarl«, brachte ich heraus.
    »Das nenne ich Pflichtgefühl! Aber meine Mutter hat mich immer gewarnt: Heirate nie einen Krieger, denn sein Herz gehört dem Wind.«
    »War die Großmuter vom roten Njal zufällig eine Schwester von ihr? Aber in dieser Sache hatte sie vielleicht wirklich mal recht, und trotzdem hast du nicht auf sie gehört und Kvasir geheiratet.«
    »Machst du jetzt den guten Namen meiner Mutter schlecht? Thordis und ich sollten dich gemeinsam übers Knie legen.«
    »Was, dieselbe Thordis, die Kvasir zu sich hereingelassen und gegen Morgen wieder rausgelassen hat?«
    Bei der Erinnerung mussten wir beide lachen. Mir war wieder etwas leichter ums Herz – doch dann wurden ihre schwarzen Augen wieder ernst, und sie sah mich an.
    »Aber das lasse ich mir nicht nachsagen«, protestierte sie. »Ich habe ihn nie über Nacht bei mir behalten, ehe wir richtig verheiratet waren. Und mit dir wird es nicht anders sein.«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, haben deine Schwester und Ingrid Kvasir und mich geradezu angefleht, ihnen die Verantwortung für dich abzunehmen.«
    »Das haben sie nicht getan!«
    »Sauertopf haben sie dich genannt. Und Thor-Faust.«
    »Alles Lügen! Das würden sie nie wagen.«
    »Hast du Ingrid wirklich im Scheißhaus eingeschlossen? Und Thordis eine tote Ratte ins Bett gelegt?«
    »Ich bringe sie beide um …!«
    Sie verstummte und sah mich an. Der Wind blies ihr das Haar aus dem rosigen Gesicht, und ihr dicker Umhang lag eng um ihren stolzen Bug. Sie merkte, dass ich sie bewundernd ansah und errötete.
    »Zu früh«, sagte sie schließlich und starrte hinaus auf die Heckwelle im schwarzen Wasser, wo Kvasir versunken war. »Aber danke für das Angebot.«
    Ich lächelte. Sie lächelte auch. Ich zog sie an mich, und
sie murrte leise, denn in meiner Nervosität war ich wohl etwas grob. Doch sie stieß mich nicht weg.
    »War Odins Geschenk das wirklich alles wert?«, fragte sie. Die Antwort wusste ich auch nicht.
     
    Wir verließen den Fluss und begaben uns aufs Schwarze Meer, und einige Wochen später wurde uns auch mehr als deutlich, worin Odins Geschenk bestand, als wir in die Bucht einer kleinen Insel glitten, um unser Nachtlager aufzuschlagen. Wir waren alle schon so sehr in Gedanken in der Heimat, dass wir die drei Schiffe übersahen, die aus dem Dunst auftauchten. Onund, der mit seinem großen Buckel noch größer wirkte, wenn er über die Bordwand hing, rief uns die Warnung zu.
    Leise und vorsichtig kamen sie näher, wie winterhungrige Wölfe, die einen fetten Hammel umkreisen.
    »Heya«, rief Hauk, während Bogen aus der Umhüllung gezogen und Pfeile angelegt wurden – wir waren wieder gut bewaffnet. »Wer seid ihr?«
    »Männer von Thrond«, hallte die Antwort über Wasser. »Im Gegensatz zu euch haben wir drei Schiffe und alle bemannt mit tapferen Männern.«
    Thrond war weit genug im Norden von Norwegen, dass ich wusste, sie bevorzugten Raubzüge, doch wenn das Kräfteverhältnis ungleich war, würden sie sich als Händler ausgeben. Jetzt dachten sie, sie hätten eine reiche Beute vor sich, was man nicht leugnen konnte. Trotzdem blieb ich sitzen, das Kinn auf die Hand gestützt, und gab mir den Anschein, völlig gelassen zu bleiben, was nicht leicht ist, wenn einem die Knie schlottern.
    »Wir sind die Eingeschworenen von Orm, dem Bärentöter«, rief Hauk. »Wir wollen keine Schwierigkeiten, aber wenn ihr drauf aus seid, sollt ihr sie kriegen!«
    Es entstand eine lange Pause, dann fing ein Schiff an, zurückzurudern. Auf den beiden anderen war offenbar Streit ausgebrochen. Schließlich rief eine Stimme – diesmal wesentlich höflicher im Ton, wie
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