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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot
Autoren: Robert Low
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Letzte ihrer Linie, ohne Tochter und ohne die Last, das Geheimnis weitergeben zu müssen. Das Verschwinden dieser Eingeschworenen aus unserer Welt ließ mich erschauern, denn sie waren wie wir und doch so fremdartig wie ein Hund mit zwei Köpfen. Ich mochte nicht daran denken, dass ich mit dem Untergang dieser Frau vielleicht mein eigenes Schicksal gesehen hatte.
    Die Strömung würde das Silber in den Schlamm hinaustragen und es meilenweit im Fluss verteilen. Auf Jahre hinaus würden Menschen Schätze aus dem Wasser fischen; manche würden sich vielleicht dem Folgegeist des Ortes stellen und danach graben, wenn eine Trockenzeit käme und der See leer wäre. Vielleicht würde eines Tages jemand ein Schwert mit einer Runenschlange finden, vielleicht sogar zwei, und sich darüber wundern, dass die Zeit und das Wasser ihnen nichts hatten anhaben können.
    Aber nicht wir. Die Eingeschworenen hatten zum letzten Mal Silber von Odin erhalten, wie ich den Männern versicherte.
    Sie waren still, und schließlich nickte Gisur, reckte sich und rieb sich das Gesicht, als habe er geschlafen und wollte einen bösen Traum verscheuchen.
    »Rudert, ihr Hundesöhne«, brummte er. »Es ist noch ein weiter Weg bis nach Hause.«

Ein großer Teil der Befriedigung beim Schreiben historischer Romane verdankt sich der Tatsache, dass die Wahrheit oft noch merkwürdiger ist als das Erfundene. Zum Beispiel brauchte ich einen Vorfall, der Orm im Jahre 972 auf dem Marktplatz von Nowgorod bei Prinz Wladimir in große Schwierigkeiten geraten lässt. Auftritt Krähenbein, auch bekannt als Olaf Tryggvesson, neun Jahre alt, der seine Axt im Kopf seines verhassten Peinigers Klerkon versenkt. Das hätte man sich nicht ausdenken können.
    Es sei denn, man ist ein Benediktiner namens Oddr Snorrason, der im 12. Jahrhundert lebte. Die Geschichte von Olaf Tryggvesson ist eine der bekanntesten nordischen Sagen, und auch wenn man dem Erzähler des 12. Jahrhunderts eine gewisse »journalistische Freiheit« zubilligt, klingt es glaubwürdig. Und es war so haargenau das, was ich für meine Geschichte brauchte, dass ich eine Gänsehaut bekam.
    Die Geschichte von dem kleinen Olaf ist historisch belegt, so wie ich sie hier erzählt habe. Verändert habe ich lediglich die Tatsache, dass es sein Onkel Sigurd und nicht Orm war, der ihn gefunden und gerettet hatte. Klerkon dagegen, der ebenfalls eine historische Gestalt ist, habe ich eine ganz neue Lebensgeschichte gegeben.
    Zwei weitere Veränderungen waren rein kosmetischer Natur – Onkel Sigurd hatte keine silberne Nase, und Krähenbein
hatte, soviel ich weiß, auch keine verschiedenfarbigen Augen. Ersteres war eine Laune von mir, das Zweite schien mir gut zu Krähenbein zu passen, weil es als ein Merkmal von Größe und übernatürlichen Fähigkeiten angesehen wurde.
    Auch verfügte Krähenbein nicht über einen solchen Märchenschatz, doch ansonsten ist alles über Olaf »Krähenbein« Tryggvesson so, wie die Geschichtsschreibung es berichtet, einschließlich des Spitznamens und der Tatsache, dass er aus den Bewegungen der Vögel die Zukunft vorhersagte, bis zu dem Zeitpunkt, wo er zum Christentum übertrat und 995 König von Norwegen wurde.
    Um das zu finanzieren, überfiel dieser mit den Wikingern 991 Großbritannien, wo er – nach der Überlieferung der Sachsen – die legendäre Schlacht von Maldon gewann und ein gehöriges Dänengeld erpresste, die bekannte Zahlung verzweifelter englischer Könige, die hofften, sich damit die Wikinger vom Hals zu halten. In den folgenden Jahren erpresste er noch mehr Geld, um dann finanziell gut ausgestattet den norwegischen Thron zu erobern, auf dem er jedoch nicht lange saß.
    Das alles passierte natürlich viel später, nachdem er Prinz Wladimir von Nowgorod geholfen hatte, dessen Brüder zu besiegen und alleiniger Herrscher über die Kiewer Rus zu werden. Der Frieden unter den drei Prinzen der Rus hielt fünf Jahre und wurde, wie vorherzusehen war, von Lyut und Sveinald beendet.
    Genau wie Wladimir und sein Onkel Dobrynja sind auch Sveinald und sein unsympathischer Sohn Lyut historische Gestalten und genauso, wie ich sie beschrieben habe – arrogant und herrschsüchtig. Wenn jemand es verdient hatte, von Finn ins Feuer gestoßen zu werden, dann Lyut, der 977 den Fehler machte, in Prinz Olegs privaten
Wäldern zu jagen und, als man ihn dabei erwischte, dem Prinzen sagte, er solle sich verkrümeln, was er nicht überlebte. Sein aufgebrachter Vater Sveinald
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