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Dr. med. Erika Werner

Dr. med. Erika Werner

Titel: Dr. med. Erika Werner
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zynisch.
    »Das wird sie«, bestätigte Rahtenau. »Aber anders, als du dir das vorstellst. Du kennst die Beweise nicht, die gegen dich vorliegen.«
    »Die …«, wollte Bornholm protestieren, aber diesmal beherrschte er sich. »Bitte, sprich nur weiter.«
    »Du glaubst«, fuhr Rahtenau fort, »daß diese Beweise sich erschöpfen in dem Plan des Architekten Herwarth, den ich übrigens seit langem kenne und für richtig halte, in den Behauptungen der Herren Plattner und Rumholtz und im übrigen in der Aussage von Erika Werner, die du – deiner Meinung nach – ausgeschaltet hast. Du siehst, ich bin ganz gut unterrichtet.«
    Bornholm nickte spöttisch.
    »Was du nicht weißt«, fuhr der alte Professor fort, »ist, daß die Staatsanwaltschaft noch wesentlich bessere Beweise hat. Sie besitzt zum Beispiel ein Tonband, auf dem dein letztes Gespräch mit Erika Werner aufgenommen ist.«
    Bornholm biß sich auf die Unterlippe. Sonst zeigte er keine Bewegung.
    »Dieses Tonband«, fuhr Rahtenau fort, »ist noch nicht alles. Da ist noch eine Zeugin, die gesehen hat, wie du Helga Herwarth in die Klinik gebracht hast.«
    Bornholm starrte ihn fassungslos an. Er brauchte Sekunden, bis er die Bedeutung dieses Satzes begriff.
    »Das ist doch nicht möglich«, stöhnte er.
    »Doch. Eine Ordensschwester. Ihre vor Zeugen unterschriebene Aussage liegt vor.«
    Die Zigarette verglomm in Bornholms bewegungsloser Hand. Er spürte die Hitze nicht. Seine Gedanken drehten sich rasend im Kreis. Ohne Ziel, ohne Ausweg. Zum erstenmal war er wirklich ratlos. Keinen Augenblick dachte er daran, daß die Aussage vielleicht anzufechten war. Ihm war, als ob er es die ganze Zeit geahnt hätte. Irgendein Rest von Gewissen regte sich und triumphierte: Das mußte doch kommen!
    Alle Angst, die er so lange unterdrückt hatte, wurde frei und konzentrierte sich auf diesen einen Punkt: Hier ist die schwache Stelle in meiner Verteidigung. Jetzt trifft ein, wovor ich mich die ganze Zeit über gefürchtet habe. Eine Ordensschwester! Kein Mensch wird an ihrer Aussage zweifeln. Warum mußte das jetzt noch passieren? Weshalb muß jetzt alles zusammenbrechen, was ich so geschickt aufgebaut habe? Warum?
    »Das ist noch nicht alles«, hörte er Rahtenau sagen. Gewaltsam zwang er sich, zuzuhören. Die Worte kamen wie durch einen Vorhang.
    »Wenn du nicht selbst weißt, was du zu tun hast, dann werde auch ich noch aussagen müssen. Als neuer Zeuge, der sich freiwillig meldet.«
    Rahtenaus Stimme schwankte nicht. Sein Entschluß war gefaßt. Er sprach nur aus, was längst entschieden war.
    »Dann werde ich diesen Brief hier«, er zog ein Papier aus der Brusttasche, »dem Gericht vorlegen. Nein, streck die Hand nicht danach aus. Ich gebe ihn dir nicht. Aber ich werde ihn dir vorlesen. Helga Herwarth schreibt hier, wenige Tage vor ihrem Tode:
    ›Alf ist der Vater meines Kindes, und jetzt stößt er mich weg. Ich habe seit Wochen nichts mehr von ihm gehört. Immer redet er sich heraus mit Arbeit, Vorträgen, Forschungen. Ich bin ganz verzweifelt. Neulich habe ich sogar gehört, daß er die Tochter seines Chefs heiraten will. Wenn das stimmt, dann gibt es einen Skandal. Ich hin doch keine Dirne. Ich habe geglaubt, daß Alf mich wirklich liebt. Sonst wäre das alles nie geschehen …‹«
    Bornholm verspürte keinen Schreck. Er war wie betäubt. Nicht einmal Angst hatte er mehr. Der Schock war zu schwer. Er überstieg die Möglichkeit, sich zu fürchten.
    »Diesen Brief, an dessen Echtheit kein Zweifel besteht, werde ich dem Gericht übergeben, wenn es nötig sein sollte«, schloß Rahtenau mit Betonung.
    Noch immer fühlte Bornholm nichts. Er wunderte sich selbst darüber, daß ihm eigentlich sogar leicht zumute war. Daß diese Erleichterung daher stammte, daß auf einmal der Zwang zum Lügen von ihm genommen war, begriff er nicht mehr.
    Das Schweigen dauerte an. Es zerrte an Bornholms Nerven. Immer stärker wurde die Versuchung: Sag es! Sag ihm alles! Dann bist du es los. Dann ist Ruhe. Endlich Ruhe … Mit trüben Augen starrte er Rahtenau an.
    »Das wolltest du mir sagen?« fragte er tonlos.
    »Ja. Das mußte ich dir sagen.«
    Bornholm stand auf mit den steifen Bewegungen eines Roboters. Die Bewegung schien ihn zu beleben. Sein Blick wurde klarer.
    »Es – es ist gut«, sagte er und wunderte sich darüber, daß seine Stimme so sachlich klang. »Du hast recht, ich danke dir, daß du es mir gesagt hast. Es wäre furchtbar gewesen – in der Verhandlung.«
    Er wandte sich
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