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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt
Autoren: Richard Gordon
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strahlend. «Nun, alles für den großen Tag gerüstet, Alter?»
    «Es wird keine Hochzeit geben», antwortete ich. Ich schleuderte Nickis Ring auf den Tisch. «Es ist aus.»
    «Aus? Ja wieso?»
    «Wir haben uns zerstritten.»
    «Großer Gott! Weswegen?»
    «Wegen der Kirchenmusik.»
    «Wegen der... der was, Alter?»
    «Ich sagte dir doch — wegen der Musik. Sie wollte den Brautmarsch aus Lohengrin. Ich den Hochzeitsmarsch von Mendelssohn. Wir hatten deswegen eine Meinungsverschiedenheit, und nun gibt’s keine Hochzeit».
    «Richard, Alter», sagte er besorgt, «Ich hab dich immer schon für leicht angeschlagen gehalten, aber daß du derart übergeschnappt bist, wußte ich nicht.»
    «Du weißt recht gut, wie es bei solchen Dingen zugeht — so ähnlich wie bei deinem verdammten Damespiel in Foulness. Eins führt eben zum andern. Alte Schulden wurden aufgezählt und abgerechnet. Bevor ich noch wußte, wie mir geschah, hatte ich einen Ring in meiner Hand.»
    «Ein Drink würde dir guttun», sagte Grimsdyke.
    «Und wie», erwiderte ich.
    «Aber du kannst jetzt die Hochzeit nicht absagen, alter Junge», sagte er klagend, indem er mir ein Wasserglas zur Hälfte mit Whisky füllte. «Hab dir zu Ehren heute einen grandiosen Junggesellen-Abschiedsabend arrangiert. Tony Benskin und alle anderen Jungen kommen. Sogar Onkelchen Farquarson wird aufkreuzen; er ist fest entschlossen, sein Edinburgher Repertoire unter unsere gesanglichen Darbietungen zu mischen, Gott sei uns gnädig.»
    «Du brauchst die Leute bloß anzurufen und ihnen abzusagen. Ich hingegen muß sämtliche Hochzeitsgäste telegraphisch ausladen.»
    «Aber, Richard, alter Dickschädel, kannst du denn nicht Vernunft annehmen?»
    «Ich bin vollkommen bei Vernunft! Vollkommen kühl, gefaßt und vernünftig. Es ist eindeutig erwiesen, daß Nicki und ich —»
    «Aber du kannst dich doch nicht derart benehmen!»
    «Jetzt kann ich mich endlich so benehmen, wie’s mir paßt, verdammt nochmal.»
    Es klingelte.
    «Ach, hol’s der Teufel!» rief Grimsdyke. Er ließ Tony Benskin ein, der fast genauso wie damals aussah, als er mit allen Symptomen beginnender Vaterschaft im St. Swithin auftauchte.
    «Bist ein bißchen zu früh dran für die Party, Tony», sagte Grimsdyke kurz angebunden. «Hat dich Molly so früh von der Kette gelassen, oder was ist sonst los?»
    «Ist das was zu trinken?» fragte Benskin. Er packte mein Glas, murmelte «Hallo Richard» und machte einen tiefen Zug daraus. «Es gibt keine Kette mehr, Grim», kündigte er an. «Molly und ich sind auseinandergegangen.»
    «Was!» riefen wir gleichzeitig.
    «Unwiderruflich und endgültig auseinandergegangen», wiederholte Benskin und schüttete den Rest des Whiskys herunter. «Molly ist zu ihrer Mutter zurückgekehrt. Sie ging jetzt am Nachmittag und nahm den kleinen Tristram mit.»
    «Ja, aber warum denn, um Gottes willen?» schrie Grimsdyke.
    «Warum? Ha! Mir ist noch nie eine Frau vorgekommen, die sich in einer derart lächerlichen, verständnislosen und gemeingefährlichen Weise aufgeführt hätte.»
    «Aber was hat sie denn angestellt, Tony?» fragte er. «Ist sie mit dem Schießgewehr auf dich losgegangen, oder was sonst?»
    «Ach, es handelt sich nicht um mich, sondern um das, was sie dem armen kleinen Tristram antut. Ihr müßt wissen, ich habe so ziemlich jedes Buch, das über Kleinstkinderernährung und -pflege existiert, gekauft, und Molly weigert sich entschieden und absolut dagegen, das zu tun, was ich ihr sage. Könnt ihr euch vorstellen, daß sie darauf besteht, den Kleinen weiter mit der Flasche aufzuziehen, wenn jede einzelne Autorität erklärt, man müsse ein Baby vom sechsten Monat an aus der Schüssel ernähren? Malt euch mal die Folgen aus, die sowas in der Psyche des armen kleinen Wurms anrichtet! Das könnte, wenn er herangewachsen ist, alle möglichen abscheulichen und abstoßenden Angewohnheiten zeitigen. Sie sagt, daß es mit der Flasche leichter ist und daß er sie mag, basta.» Benskin goß sich ein zweites Glas ein. «Ein weiterer Punkt ist der, ob man ihn in seinem Wägelchen an die Luft führen soll. Selbstverständlich setzt man Kleinstkinder der frischen Luft aus, selbst wenn es eiskalt ist. Regt den Stoffwechsel ungeheuer an. Aber Molly behauptet, er bekäme kalte Füße. Ach, und tausend andere Dinge mehr. Vitamine und Immunisierung und Aufs-Töpfchen-Setzen, und weiß Gott was noch. Sie warf mir vor, ich mische mich in alles ein. Ich warf ihr vor, sie verstehe nichts davon.
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