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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt
Autoren: Richard Gordon
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Gedächtnis ebenso entfallen, daß du ihr ungefähr einen Monat früher als mir einen Heiratsantrag machtest.»
    «Nicki, dies kann ich zufälligerweise leicht aufklären.»
    «Bitte.»
    «Siehst du, ich war zu dieser Zeit etwas aus dem Gleichgewicht. Erinnere dich, ich hatte Gelbsucht. Du weißt doch, daß man dabei gewissen geistigen Schwankungen unterworfen ist, nicht wahr?»
    «Ich frage mich, ob diese nicht zu einem Dauerzustand ausarten können.»
    Ich schaltete mich in den Verkehr der nach London führenden Hauptstraße ein.
    «Du hast ihr wohl den Posten gegeben?» fragte Nicki.
    «Eigentlich», ich starrte intensiv auf das Heck eines vor mir fahrenden Lastautos, «ja.»
    Nicki schwieg.
    «Hör mal, Liebste», fuhr ich schnell fort, «zwischen Sally Nightingale und mir war alles schon urlang vorbei und vergessen.
    Na, jedenfalls schon seit sechs Monaten. Aber ich hatte wirklich das Gefühl, ich stehe in ihrer Schuld, denn sie wurde meinetwegen aus dem Spital hinausgeworfen. Ich glaube», fügte ich hinzu, als mir bewußt wurde, daß ich mich nicht gerade glänzend verteidigte, «es wird für sie riesig angenehm sein, abends zu ihrer alten Mutter nach Hause gehen zu können.»
    Nicki schwieg noch immer.
    «Das verstehst du doch, Liebste, nicht wahr?»
    «Oh, vollkommen, Richard. Wie du sagst — es wird ihrer Mutter sehr angenehm sein.»
    «Na schön», sagte ich. Mir war gar nicht wohl in meiner Haut.
    Wir krochen ungefähr eine halbe Meile die Straße entlang, ohne miteinander ein Wort zu wechseln. Aus dem Gefühl heraus, es wäre besser, das Gespräch wieder in Schwung zu bringen, sagte ich, als wir uns den ersten Verkehrsampeln näherten: «Ich glaube, wir sollten uns nun wirklich entschließen, was für eine Hochzeitsmusik wir haben wollen.»
    In betont normalem Tonfall sagte Nicki: «Das sollten wir allerdings.»
    «Willst du noch immer den Brautmarsch aus Lohengrin?»
    «Ich verstehe nicht, was dagegen spricht.»
    «Es ist ein recht hübsches Musikstück», gab ich zu. «Aber der Mendelssohnsche Hochzeitsmarsch ebenfalls.»
    «Der Hochzeitsmarsch ist eine der abgedroschensten Melodien der Welt. Er erdröhnt praktisch jeden Samstagnachmittag auf jeder Orgel Großbritanniens.»
    «Genauso wie der Brautmarsch. Nur ziehen unter dessen Klängen auch noch die Boxer in den Ring.»
    «Richard! Es liegt wahrlich kein Grund vor, beleidigend zu werden.»
    «Ich bin keineswegs beleidigend, sondern bespreche vollkommen sachlich die ernsthafte Frage der Kirchenmusik.»
    «Das tust du nicht. Du bist verdammt ekelhaft und dickköpfig. Bei den Hochzeitsvorbereitungen hast du nicht die geringste Hilfe geleistet —»
    «Nicht die geringste Hilfe! Da hört doch alles auf! Erstens einmal hast du mich mit deinen schändlichen Extravaganzen dem Ruin nahegebracht —»
    «Extravaganzen! Hast du überhaupt eine Ahnung, was es heißt, ein Haus von Grund auf mit Möbeln auszustatten?»
    «Ich konnte keine Hilfe leisten, weil ich fortwährend von einem Geschäft Londons zum andern geschleppt wurde —»
    «Du erwartest wohl, daß ich ganz allein ein Heim schaffe?»
    «Nein, aber eine Wohnung hätte es statt dessen auch getan.»
    «Für dich vielleicht ja. Hättest du dein Liebchen geheiratet —»
    «Sie war nicht mein Liebchen!»
    «Die du dir nun bequem in deiner Ordination zur Verfügung hältst —»
    «Ich sage dir doch, daß mir ihre Mutter leid tat!»
    «Wenn du so vertrottelt bist, zu glauben, ich nähme das als eine Entschuldigung für dein unverantwortliches Benehmen hin —»
    «Mein Benehmen ist nicht unverantwortlich! ich erklärte dir doch, daß mir das Mädel überhaupt nichts bedeutet. Wie steht’s aber mit dir und Grimsdyke?»
    «Ich und Grimsdyke? Was meinst du damit, um Himmels willen?»
    «Ich meine die Art und Weise, wie du dich damals am Abend im mit ihm abgegeben hast.»
    «Richard! In meinem ganzen Leben hab ich noch nie eine derartige Gemeinheit —»
    Wir wurden durch eine Hupenfanfare unterbrochen, als die Verkehrslichter grün aufblitzten.
    «Oh!» rief Nicki. «Du bist ein ganz unmöglicher Mensch!» Sie streifte ihren Handschuh ab. «Da hast du deinen Ring zurück. Leb wohl!»
    Sie sprang aus dem Wagen und ließ die Tür mit einem Krach zufallen. Ich fuhr nach London weiter.

20

    GRIMSDYKE hatte eine Kleinwohnung in einem großen Wohnhausblock in Chelsea gemietet. Ich ließ das Auto vor dem Tor, stapfte in den Lift und hämmerte an seine Türe.
    «Platz für die Braut», begrüßte er mich
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