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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues
Autoren: Myra Cakan
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gewöhnlichen Wochenende. Wäre das nicht toller Gesprächsstoff für die nächste Party? Del verzieht die Lippen zu einem genüsslichen Grinsen. Doch heute Nacht haben wir noch eine Verabredung.
    Wir schwenken in eine Seitenstraße ein. Ein paar Wahlkampftouristen schlendern an den Geschäften vorbei. Doch die Rollläden vor den Fenstern und Türen sind runtergelassen, die Alarmanlagen und Starkstromsperren aktiviert. Heute ist jeder gute Bürger im JaiAlai-Stadion, starrt nach Erleuchtung suchend auf die Großbildschirme und saugt Versprechungen und Hoffnung von den Lippen der gewählten Bürgervertreter.
    Da ist dieser kleine Dealer, einer von DelMonicos Zuträgern. Sie hat ihn mir vererbt, hält ihn für ’nen Aufschneider. Hat ihr noch nie mehr als heiße Luft geliefert, und die gibt es hier eh kostenlos.
    Space Cat, so nennt er sich, macht in Designerdrogen, ist immer auf der Suche nach dem neuesten Stoff auf dem Markt – hat gut zahlende Kunden in Uptown. Wir treffen ihn jede Woche auf seinem Lieblingsschrottplatz.
    »Schon von diesem heißen Stoff probiert, Donovan?«, wispert er atemlos, als hätten wir außer den Autowracks noch irgendwelche Zuhörer. »Stardust?«
    Stardust, das klingt wie eine dieser großen Legenden, die von Zeit zu Zeit unter den Junkies umgehen, der Traum vom Supertrip.
    »Lass den Scheiß, Cat, jetzt ist keine Märchenstunde«, fahr ich ihn an. Klar, ich schneide ein bisschen auf, schließlich ist Del dabei und bewertet meinen Stil.
    »He, CFs, hab ich euch jemals Scheiß erzählt?«, wehrt er sich – ein Mann von Ehre.
    »Kam denn jemals was andres aus deinem Mund?« Del brüllt vor Lachen. Space Cat zu besuchen ist das, was sie unter richtig guter Unterhaltung versteht.
    Ich verkneif mir das Lachen, das mit dem Grinsen-Verkneifen hab ich nicht so gut im Griff. Cool sein ist wichtig, besonders für Anfänger wie mich. Hab noch nicht viel vorzuweisen – keinen Ruf, nur Attitüde.
    Ich überlege, wenn an den Gerüchten was dran ist, könnte die Sache verdammt heiß sein. Diese HMDs können ’ner Menge Junkies das Hirn rausblasen. Ist Aufgabe der City Force, die Dinge unter Kontrolle zu halten – bis die DCU sich reinhängt und groß abräumt. Die Nächte in der Downtown sind schon viel zu lange ruhig, es ist die Ruhe vor dem großen Hurricane aus Puerto Rico, Kolumbien oder Montenegro.
    »Ich werd mich mal umhören.« Ich hab mich entschlossen, den Kleinen erst mal ernst zu nehmen. »Wenn an deiner Story was dran ist, kommen wir ins Geschäft.«
    Das klingt verlockend genug, um ihn anzusetzen, und ist viel zu vage, um mich reinzuhängen. Del blinzelt mir zu. Das ist ein großes Lob.
    Cat nickt kurz. Lautlos verschwindet seine zähe, unscheinbare Gestalt zwischen den Wracks. Die perfekte Anpassung an eine feindliche Umwelt. Ich frag mich, ob er überhaupt da war. Space Cat, einen besseren Namen konnte er nicht finden.

    »… DCU, die Drogenbekämpfungseinheit, ist keine staatliche Organisation, obwohl man ihr von Regierungsseite durchaus Wohlwollen entgegenbringt. Nach dem ›Clean City‹-Desaster* wurde von offizieller Seite beschlossen, alle geheimdienstlichen und militärischen Aktivitäten im Kampf gegen illegale Drogen einzustellen. Somit war der Weg frei für private Initiativen. Bezeichnenderweise rekrutierte die DCU ihre aktiven Mitarbeiter aus alten Langley-Reserven. Ein Umstand, der nach Meinung der Geldgeber besser unerwähnt bleiben sollte, wie wir finden, aber Anlass zur Sorge gibt. Entsteht in diesem Land eine private Geheimpolizei?«

    *s. Amanda MacClintoque: Hintergründe zu ›Clean City‹

    DelMonico ist realistisch.
    »Vielleicht hält er die Story für echt, deshalb muss sie noch lange nicht stimmen.«
    »Das weiß ich doch, Del. Aber können wir’s uns leisten, sie zu ignorieren?«
    Die letzten Wochen waren viel zu ruhig. Irgendwann fängt’s in der Downtown an zu kochen. Da ist es besser, bereit zu sein, bevor der Mob durch die Straßen zieht. Oder Schlimmeres passiert.
    »Gut, ich schick nachher ’ne Meldung nach diesem Stoff raus. Vielleicht hat Downtown-HQ was vorliegen oder die Cops aus Uptown.«
    Sie klingt müde. Für sie ist es nur ein weiterer Routinefall wie hundert andere zuvor. Braucht sie mich wirklich deshalb, bin ich noch hungrig genug? Hör auf zu grübeln, sag ich mir. Genieße, was du bis jetzt erreicht hast. ›Nur lehn dich nicht bequem zurück‹, sagt die Stimme, auf die zu hören ich mir zur Gewohnheit gemacht habe.
    Ich schaue
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