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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues
Autoren: Myra Cakan
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ich jetzt mit DelMonico unterwegs. Das Leben mit ihr als Partner ist wie die Fahrt in einer Achterbahn oder wie ein endloses Aufspringen auf einen schnell fahrenden Zug. Und falls ich bisher glaubte, das Trainingslager für City Force-Rekruten hätte mich auf den Job vorbereitet, lernte ich von meiner Partnerin, dass ich nichts wusste. Und oft lernte ich es auf die harte Tour. Wie bei dem Van Buren-Fall. Doch über den sprach sie nie wieder. Vorbei, abgeschlossen. Ich erinnere aber jede einzelne Sekunde, und das ist gut so für mich.
    City Force-Agent DelMonico wurde ihrem Ruf gerecht, kein Fall war für sie zu schwer. Sie zeigte mir ihre Tricks – nicht alle, nur so viel, dass ich sie nicht reinhänge. Wer will schon, dass der Partner besser ist als man selber?
    Und ich war mit dabei. Traf ihre Informanten, machte mit bei ihren illegalen Arbeitsmethoden, hatte Protektion, geriet in die Schusslinie. Wir wurden ein Team, unsere Abschussliste wurde länger und meine Privilegien wuchsen. Sie verschafften mir eine eigene Nutzeinheit, extra Lebensmittelkarten, extra Leben und brachten mich dem ganz großen Geschäft ein Stückchen näher.
    Aber irgendwie ist da immer wieder der Gedanke an die drei anderen. Er ist da wie ein kalter Wind in meinem Nacken. Und sie ist neben mir, die ganze Zeit, gibt mir Deckung, hält mir den Rücken frei.
    Was noch? Ich trage jetzt eine Waffe. Ich frage immer noch zu viel. Und manchmal reibe ich noch unbewusst meinen Arm.

    Und dann geraten wir durch Zufall an den ganz heißen Fall. Fraser hat uns wieder mal die Nachtschicht aufgedrückt. Ich bin sicher, der will uns damit eins auswischen. Wir sind ihm als Team viel zu effizient, viel zu erfolgreich. DelMonico mag die Nacht. Sie verschmilzt mit den Schatten, tarnt sich mit der Dunkelheit, trifft ihre Informanten. Jagdzeit.
    In der Abenddämmerung kämpfen wir uns gegen die laute Menge vor dem JaiAlai-Stadion. Unsere Kleidung und unsere Waffen heben uns von der Menge ab, die uns widerwillig Platz macht. Telepräsenz-gesteuerte Überwachungsdrohnen der DCU kreisen über dem Viertel, scannen jede ID. Anti-Aufruhreinheiten der Metropolice kontrollieren die Zufahrtsstraßen, schwitzende DWNTN-Cops in ihren Kevlar-Rüstungen versuchen den Überblick zu behalten. Viel Glück, Jungs.
    Wir sind im Wahljahr, da kommen sie aus ihren Festungen in der Uptown. Politiker – auf Stimmenfang. Und ich steh da, glotze wie ein dummer Provinzler. »Hier sieht’s ja aus wie vor einem Meisterschaftsspiel.«
    DelMonico zuckt nur die Schultern: »So ist das Showgeschäft, Partner.«
    Laut rufend versuchen sich die Fahrer von Fahrradrikschas Platz zu verschaffen. Fliegende Händler verkaufen Snacks. Flinke Wahlkampfhelfer verteilen Sprech-Buttons, mit Versprechungen so falsch wie ihr Lächeln. Jede Wette, die quäken noch ihre Slogans, wenn das letzte Wahlversprechen längst gebrochen ist. »Warring steht für Ehrlichkeit«, »Bürgermeister Warring – der richtige Mann für einen Männer-Job« und bla, bla, bla.
    Kids mit Gang-Insignien gleiten geduckt auf Jetblades durch das Chaos, sie schwingen Ketten und Nunchakus. Einige tragen Masken. Beiläufig schlagen sie einen der Wahlkampfhelfer zusammen. Blut auf dem Asphalt.
    Del sieht weg, dafür sind die Cops da – oder auch nicht. Pech gehabt.
    Wir tauchen ab in unser Revier. Schlendern vorbei an Imbissbuden – Del kauft uns eine Portion Falafel – Straßenhändler – verkaufen, was keiner braucht: singende Feuerzeuge, leuchtende Dildos (Batterien nicht im Preis eingeschlossen), Überbrückungsboxen zum Manipulieren der Wasserzähler, die nicht funktionieren – und einer Tarot-Bude – heute ist kein Geschäft mit der Zukunft zu machen. Die großen Propheten geben ihre Live-Show im Stadion.
    Auf der Plaza der Märtyrer vom 25. Oktober haben sie einen dieser Großbildschirme aufgebaut, die ich sonst nur aus dem Stadion kenne. Bürgermeister Warring – die ganze Warring-Familie ist zu sehen. Von News-Drohnen umschwärmt lauscht sie, wie Big Daddy gegen Drogen wettert. Stimmt, Bürgermeister, da ist das große Geld. Ich brauch mich nur mal umzudrehen. Viel Uptown-Kundschaft ist unterwegs heute Abend, gestylt auf Neue Armut. Die glauben ernsthaft, so fallen sie hier nicht auf.
    Ich kann’s Dels Gesicht ansehen, sie überlegt, ob sie ein paar von den Typen mit ihrer CF-Plakette erschrecken soll. Eine Nacht in der DWNTN-Ausnüchterungszelle mit Junkies, Freaks und was die Stadt sonst noch so ausspuckt an einem
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