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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger
Autoren: John Brunner
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unter dem dunkelnden Himmel nach Hause fuhr, nahm er eine Hand vom Lenkrad und strich sich über die brennenden, müden Augen. Er hatte einen furchtbaren Tag hinter sich. Neville war wegen der Sturheit des Chief Constables verärgert und gereizt gewesen, und hatte seine schlechte Laune an Branksome ausgelassen. Er hatte sich zwar sofort danach entschuldigt, doch es wirkte auf Branksome immer belastend, wenn einer seiner Vorgesetzten die Selbstdisziplin verlor und seine schlechte Stimmung an Untergebenen abreagierte. Und inzwischen, ganz egal, was der Chief Constable jetzt, nachdem Dr. Innis ihn heimgesucht hatte, denken mochte, war er davon überzeugt, dass sich zumindest ein gefährlicher Mensch in dieser Gegend aufhielt, der andere töten oder verstümmeln würde, selbst wenn es dieses See-Monster, von dessen Existenz die Wissenschaftler der Forschungsstation überzeugt waren, nicht geben sollte.
    Er trat abrupt auf die Bremse. Im Licht seiner Scheinwerfer sah er einen gestoppten Wagen, der die Hälfte der Straße blockierte, und vor dem Wagen stand ein Mann, der sich über einen toten Hund beugte, einen außergewöhnlich großen Schäferhund. Branksome erinnerte sich plötzlich an den verlegenen Nachtwächter, der am Morgen auf die Station gekommen war, um den Verlust seines Hundes zu melden, und fuhr an den Bordstein.
    Erst als er sich auf wenige Schritte genähert hatte, sah er, was der andere Mann tat: er hielt ein Messer in der Hand und schlitzte damit den Bauch des Hundes auf.
    »Was machen Sie da?« sagte er scharf und trat auf den Mann zu.
     
    »Ich … oh, hallo Sergeant. Ich habe das Tier totgefahren. Ich komme gerade von der Entbindung einer Frühgeburt. War wohl ein bisschen übermüdet und konnte nicht schnell genug reagieren, als es mir direkt vor den Kühler lief – kam aus der Hecke dort.«
    »Sie sind Arzt?« fragte Branksome, und dann, als das Licht der Scheinwerfer auf das Gesicht des Mannes fiel, setzte er hinzu: »Natürlich. Entschuldigen Sie, Dr. … Smith, nicht wahr?«
    »Richtig.«
    »Aber warum schneiden Sie den Hund auf?«
    Dr. Smith blickte etwas verlegen auf das Skalpell, das er in der Hand hielt. »Weil … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber es ist kein Hund. Es sieht wie ein Hund aus, ist aber keiner. Meine Stoßstange hat ihm den Bauch aufgerissen, und alle Eingeweide sind herausgequollen, und das war das erste, was ich bemerkte, als ich den Wagen wendete und zurückfuhr, um mich um das Tier zu kümmern.«
    »Kein Hund?« fragte Branksome verwundert.
    »Klingt verdammt albern, ich weiß. Aber ich setze meinen Ruf als Mediziner darauf. Oder haben Sie schon einmal von einem Hund mit einem Wurmfortsatz gehört, einem Blinddarm? Nur Menschen und Schafe haben den!«
    In Branksomes Gehirn klickten Fakten zusammen wie die Steine eines Mosaiks. Er erinnerte sich so lebhaft, als wenn es jetzt geschähe, an die Diskussion der Wissenschaftler in der Forschungsstation, als sie feststellten, dass das Exemplar, das sie sezierten, weder ein Fisch, noch ein Säugetier sein konnte.
    Er sagte kaum hörbar: »Aber wenn es kein Hund ist …«
     
    »Gehen wir noch ein Stück am Ufer spazieren, bevor wir zurückfahren«, schlug Netta vor. »Ich bin sicher, dass Inkosi dafür ist.« Sie fuhr dem Ridgeback streichelnd über den Kopf.
    »Gute Idee.« Tom stellte die letzte Wasserprobe in die Stellage. »Ich mache mir ohnehin zu viele Sorgen, um schon schlafen zu können, obwohl ich nach allem, was in den letzten Tagen geschehen ist, völlig erschlagen sein müsste. Wir können dort auf dem kleinen Stück Strand landen, denke ich.«
    Netta legte die Ruderpinne nach Steuerbord. Es war sehr spät geworden. In Coastley und Brindown waren schon die meisten Lichter aus, was bedeutete, dass es nach Mitternacht sein musste. Es war völlig still.
    »Wir hätten unsere Tour in umgekehrter Richtung machen sollen«, sagte Tom. »Das Ufer von Coastley ist nicht halb so hübsch wie das von Geddesley, findest du nicht auch?«
    »Ich bin froh, dass wir es nicht getan haben«, sagte Netta. »Wahrscheinlich wären wir irgendwo in der Nähe von Miss Beedings Haus an Land gekommen.«
    Der Kiel des Bootes schurrte auf den Strand. Tom half Netta beim Aussteigen und schlang das Bugseil der Barkasse um eine durch Erosion freigelegte Baumwurzel. Inkosi, dessen Schwanz wie eine Winkflagge hin und her schlug, brauchte weder Hilfe, noch eine besondere Aufforderung, um an Land zu springen. Arm in Arm, schweigend,
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