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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger
Autoren: John Brunner
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absuchen«, sagte Nancy entschuldigend.
    »Lass nur, lass nur!« Glenn schob die unordentlich zusammengefaltete Karte unter das Fernglas, zog eine Zigarette aus der Brusttasche seines grün-golden gestreiften Hemdes und zündete sie an. »Es war von vornherein eine dumme Idee.«
    Eine Weile herrschte bedrücktes Schweigen. »Wisst ihr was«, sagte Gideon nach einer Weile und streckte sich, soweit es der beschränkte Platz erlaubte, »ich denke, dass wir zu lange in diesem Kasten eingesperrt waren, und noch dazu an einem so schönen Abend. Wir wollen uns wenigstens eine Weile die Beine vertreten, bevor wir wieder zurückfahren.«
    »Ja, Großvater«, murmelte Cress. Gideon schnitt eine Grimasse. Die Tatsache, dass er zehn Jahre älter war als alle anderen Mitglieder der Gruppe, war zu einer Art Standardwitz geworden, und es lag keinerlei Bösartigkeit in solchen Anspielungen.
    »Da kommt jemand«, sagte Liz und deutete über Brunos Schulter hinweg. Als die anderen aufblickten, sahen sie einen Mann Anfang Dreißig in einem ausgeblichenen blauen Hemd und grauer Hose durch das hohe Gras stapfen. »Vielleicht weiß er, wo der Strand ist, den Glenn gesehen hat.«
    »Okay, fragen wir ihn.« Bruno schaltete den Motor aus und öffnete die Tür. Im nächsten Augenblick hörte er lautes Rascheln im Gras, ein riesiger Hund wand sich unter dem Zaun hindurch, stürzte sich auf ihn, vor Freude bellend und wedelnd, und riss ihn fast zu Boden.

 
2
     
    Obwohl der Regen seit drei Uhr vorüber und der Abend schön und warm geworden war, befand sich Tom Reedwall in schlechter Laune.
    »Dieser verdammte Köter«, murmelte er wütend. »Wo, zum Teufel …«
    Er verschluckte den Rest, weil er glaubte, den Ball, den er suchte, entdeckt zu haben, doch es war nur ein Fleck nackter Erde von derselben rötlichbraunen Farbe wie der Gummiball. Inkosi sprang fröhlich bellend um ihn herum, als ob er sich darüber freute, seinen Herrn an der Nase herumführen zu können.
    »Das ist nun schon der dritte Ball in vierzehn Tagen«, sagte Tom tadelnd. »Komm, such ihn! Such! Oh, verdammt, was ist denn jetzt?«
    Der Hund hatte sich herumgeworfen und raste auf den Zaun zu. Nur ein Kielwasser von schwankenden Grashalmen verriet die Richtung, in die er lief. Er war noch nicht voll ausgewachsen, und wenn man nach dem Verhalten urteilte, das er jetzt zeigte, würde er vieles seiner jugendlichen Verspieltheit behalten.
    Seufzend wandte Tom sich um und zuckte leicht zusammen, als er sah, was Inkosis Aufmerksamkeit erregt hatte: ein Lieferwagen, in einer solchen Phantasmagorie von Farben gestrichen, dass er vor den blühenden Hecken, die zu beiden Seiten des schmalen Zufahrtsweges standen, kaum auszumachen war. Als der Fahrer ausstieg – ein Mann von Anfang Zwanzig, in einer rot-weiß gestreiften Windjacke –, sprang Inkosi ihn an, und die Zunge hing dem Hund wie ein roter Wedel aus dem Maul.
    Tom ging rasch durch das noch immer regenfeuchte Gras, um sich bei dem jungen Mann zu entschuldigen. Inzwischen waren andere aus dem Wagen gestiegen und traten zu dem Fahrer: ein etwas dicklicher Mann mit Brille, in einem grün-goldenen Hemd, ein blondes Mädchen in einer blauen Hose, dann zwei weitere Mädchen in Minikleidern, eines blond, das andere dunkelhaarig, und schließlich ein großer, schlanker, dunkelhäutiger Mann, der um einiges älter war als die anderen.
    Glücklicherweise schienen sie durch den Überfall des Hundes nicht erschreckt worden zu sein; sie grinsten amüsiert – mit Ausnahme des Mannes mit der Brille – und versuchten den hin und her springenden Inkosi zu streicheln. Als Tom das Tor erreichte, rief das Mädchen in der blauen Hose: »Ist das Ihr Hund?«
    »Ja«, rief er zurück.
    »Ein schönes Tier! Wie heißt er? Und was Ist er?«
    »Er ist ein Ridgeback«, sagte Tom und lehnte sich auf das Gattertor. »Und wir nennen ihn Inkosi. Das ist Zulu für ›Häuptling‹.«
    »Inkosi!« sagte das Mädchen. Der Hund wedelte freudig und bellte. Die Haut unter dem gegen den Strich aufgerichteten Fell entlang dem Rückgrat wallte wie die Wogen einer vom Sturm gepeitschten See.
    Eine Weile war Stille.
    »Suchen Sie einen Weg zum Ufer?« fragte Tom schließlich und legte sich bereits eine Erklärung dafür zurecht, warum sie hier nicht zum Ufer konnten.
    »So ungefähr«, sagte der Mann mit der Brille mit amerikanischem Akzent. »Sagen Sie, kennen Sie zufällig in dieser Gegend einen kleinen Strand zwischen zwei Kreidefelsen?«
     
    Überrascht
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