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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger
Autoren: John Brunner
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der einen Delphin dabei beobachtete, wie er mit farbigen Muscheln Muster auf dem Meeresgrund schuf, nicht wahr?«
    »Und er erschoss ihn mit einem Harpunengewehr«, nickte Gideon.
    »Aus welchem Grund?«
    »Mann, das müssen Sie mir sagen! Aber ist es nicht die Wahrheit? Wenn dieser Delphin ihn angegriffen und auf ihn geschossen hätte, so mit Bogen und Pfeilen, wissen Sie, dann hätte der Kerl ihn als intelligent oder sogar zivilisiert betrachtet! Aber als er sieht, dass das Tierchen hübsche Muster aus Muscheln und Seegras macht – Peng! « Er machte eine Geste, als ob er ein Harpunengewehr abfeuern würde.
    »Ein Symbol dafür, wie Künstler und Dichter in unserer Kultur behandelt werden«, sagte Bruno.
    »Das ist mir zu hoch«, sagte Gideon. »Ich habe genau das gemeint, was ich gesagt habe.«
    »Wenn man es richtig betrachtet, ist alles obszön«, sagte Glenn mit einer wegwerfenden Geste. »Fangt nur nicht wieder mit solchen Sachen an! Es ist ein hübscher Song und braucht keine Fußnoten.«
     
    Tom löste seine Arme vom Gatter, richtete sich auf und schnippte mit den Fingern, um Inkosi zu rufen.
    »Wir müssen wieder nach Hause«, sagte er. »Ich habe den Hund nur vor dem Dinner noch einmal ausführen wollen.«
    »Einen Moment«, sagte Glenn hastig. »Kennen Sie diesen Strand mit dem Kreidefelsen?«
    »Ja – ich glaube«, sagte Tom zögernd. »Ein kleiner, dreieckiger Strand zwischen Klippen, die nicht sehr hoch sind, so zwanzig oder dreißig Fuß?«
    »Das ist er«, sagte Glenn.
    »Glenn glaubt, dass es ein idealer Platz für ein Openair-Freakout wäre«, erklärte Bruno.
    Tom schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Eine große Show, ein Festival, eine Party, die vielleicht bis zum Morgen dauert, mit Musik und Tanz, und einem Barbecue am Strand, und einer Menge Dias und Filme, die an die weißen Kreidefelswände projiziert werden«, erklärte Bruno. »Aber wenn man die Stelle von der Straße aus nicht erreichen kann, hat es wenig Sinn, nach ihr zu suchen. An dem Abend müssen wir Busladungen von Menschen dort hinschaffen.«
    »Wenn Sie wirklich den Ort meinen, an den ich denke«, sagte Tom nachdenklich, »so gibt es dort keine Straße, die bis ans Ufer führt, aber ein Feldweg reicht bis etwa hundert Meter heran. Er liegt etwa auf halbem Wege zwischen Brindown und Geddesley. Da ist ein kleines Gebüsch neben dem Tor. Aber ich weiß nicht, wem das Land gehört. Vielleicht mögen sie keine Leute auf ihrem Strand haben.«
    »Das ist etwas, das wir immer vorher klären müssen«, sagte Bruno. »Aber vielen Dank. Wir werden einen letzten Versuch machen, bevor wir zurückfahren. Auch wenn du fast vor Hunger umfällst, Nancy.«
    Das dunkelhaarige Mädchen zuckte die Achseln. »Ich werde tun, was Gideon mir vorgeschlagen hat, und mich aus dem Lunchkorb bedienen.«
    »Wir wollten ein Picknick machen«, erklärte Bruno. »Aber um die Lunchzeit schüttete es zwar wie aus Eimern, aber wir haben doch dann den netten Pub gefunden und ein paar Sandwiches gegessen. So hungrig kannst du doch gar nicht sein. – Okay, wollen wir weiter?«
    Sie nickten und lächelten Tom zum Abschied zu und stiegen wieder in ihren grell bemalten Lieferwagen. Tom pfiff Inkosi und machte sich auf den Heimweg. Erst als er zu Hause war, fiel ihm der Ball wieder ein, den er geworfen und den der Hund nicht zurückgebracht hatte.

 
3
     
    »Sieh mal an – der verlorene Sohn kehrt zurück!« Netta Reedwall streckte den Kopf aus der Küche und blies ihrem Mann einen Kuss zu. Inkosi, der nur widerwillig ins Haus zurückkam, bekam plötzlich den nahrhaften Duft, der aus der Küche drang, in die Nase und lief mit gesenktem Kopf schnurstracks zu seinem Fressnapf. Als er ihn leer fand, sah er Netta mit einem vorwurfsvollen Blick an und rollte sich in einer Ecke zusammen.
    »Tut mir leid, dass ich so lange weg war.« Tom nahm das Glas zur Hand, das er hatte stehen lassen, als er mit dem Hund hinausgegangen war, und ging damit zum Barschrank. »Zuerst hat der lausige Köter seinen Ball verloren, und ich konnte ihn auch nicht finden, und dann habe ich vorne beim Gatter ein paar interessante junge Leute getroffen. – Habe ich noch Zeit für einen zweiten Whisky, bevor wir essen?«
    »Ich denke schon, unter der Voraussetzung, dass ich auch einen bekomme. Hier!« Netta trat aus der Küche, eine Schürze über ihrem eng anliegenden, mit einem Blumenmuster bedruckten Sommerkleid, und streckte Tom ihr Glas entgegen. Tom nahm es ihr ab und starrte
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