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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Autoren: Fulvio Ervas
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den Attacken gab es eine Steigerung. Grund zur Beunruhigung. Martini hatte sich im richtigen Augenblick getrollt. Von wegen Rivo co rivo ma co rivo rivo ! Wie der Leitspruch seines Kollegen im venezianischen Original gelautet hatte.

    Auf den Stufen der Piazza dei Signori sah Stucky Checo Malaga sitzen, wie die meisten ihn nannten, obschon der Inspektor seinen tatsächlichen Vor- und Nachnamen genau kannte und um seine Zugehörigkeit zur berühmtesten Konditorenfamilie der Stadt wusste. Seinen Kleidern entströmte immer noch der Geruch nach Milch und Butter, bestimmten Gewürzen, Rum und Mandeln. Dieser Mann war ein Bettler der Nobelklasse, gut gekleidet, sauber rasiert, das lange weiße Haar zurückgekämmt. Er trug eine Brille mit dunklen Gläsern, um die Blindheit zu kaschieren, die er einer Moto Guzzi verdankte, die zwischen den sanften Hügeln von Asolo allzu rasant in eine Kurve gefahren war. Checo bettelte, seiner Herkunft angemessen, mit einer blauäugigen weißen Katze an der Leine und dem kleinen Ali zur Seite, einem Tunesier von Geburt und Schnorrer von Gottesgnaden, der an seiner statt den Hut für die Almosen in der Hand hielt und lächelte, ohne sich über die vorüberhastenden Schritte zu ärgern. Stucky warf dem Jungen eine kleine Münze zu und begrüßte Checo Malaga, der seine Stimme wiedererkannte und liebenswürdig zurückgrüßte.
    »Geht es Ihnen gut, Signor Inspektor?«
    »Ich kann mich nicht beklagen.«
    »Ich habe Sie nicht kommen hören.«
    »Hört sich die Stadt denn ruhig an?«
    »Im Gegenteil! Sie steckt mitten in den Vorbereitungen auf das Fest!«

    Ja richtig, es ging auf Weihnachten zu! Daher also die Betriebsamkeit, die er in den letzten Tagen nur vage wahrgenommen hatte, alle diese über die Gassen und zwischen die Laternenpfähle gespannten Lichterketten, diese Leute, die bis in die Nacht hinein die Schaufenster dekorierten: Das Fest nahte! Und dazu dann die Sache mit den Verkäuferinnen. Wenn es da mal keinen Zusammenhang gab! Das musste aber nicht zwangsläufig der Fall sein, dachte er, während er das Tor des Polizeipräsidiums durchschritt und in sein Büro zurückkehrte.
    Einen Teil des Nachmittags widmete er der Überprüfung der betreffenden Läden, vor allem die Besitzer nahm er unter die Lupe. Sie übten allesamt unverdächtige Aktivitäten aus, mit breit gestreuten Investitionen, Geschäftslokalen und Ferienwohnungen am Meer und in den Bergen, einem landwirtschaftlichen Betrieb hier, einer Beteiligung in der Textilindustrie dort. Vertreter des alteingesessenen, vom Handel geprägten Bürgertums der Stadt. Reich und abgehoben, die Kinder auf dem humanistischen Gymnasium oder in den zwischen den Hügeln verstreuten privaten Instituten; die Ehefrauen hatten vielleicht nach Gründung des Betriebs oder bis zur Ankunft des ersten Kindes die Kunden bedient, und dann, nachdem sie die Aufgabe übernommen hatten, ihren gesamten Nachwuchs in Schach zu halten, ihren Charme auf eine junge Dame übertragen, die sie regulär bezahlten und nicht ohne Würde als Verkäuferin bezeichneten.
    Signora Verzieri allerdings war keine Verkäuferin. Lag hier eine Verwechslung vor?
    Stucky musste sich noch näher mit den Besitzern befassen. Mit ihnen beginnen. Er musste sich vor den Schaufenstern postieren, die Läden betreten und Interesse für irgendwelches Nippzeug, für einen Schal oder ein Aftershave vortäuschen. Die Besitzer erkannte man sofort, auch wenn sie ein schlichtes Hemd trugen wie etwa in den Brillengeschäften. Man erkannte sie an dem väterlichen Blick, mit dem sie die Gegenstände in ihrem Laden beschützten und in dem sich so etwas wie eine körperliche, aufrichtige Beziehung, ein Gefühl inniger Verbundenheit ausdrückte. Außerdem war ihnen zumindest ein Teil des Herstellungsprozesses vertraut, dito die Herkunft, die Art des Transports und die Preise der Waren; sie kannten ihren tatsächlichen Wert und die Dauer ihrer ökonomischen Existenz. Und sie wussten, wie man sie am Ende ihres Zyklus, wenn niemand sie hatte haben wollen, wieder loswurde.

    Durch das Schaufenster beobachtete Stucky einen Buchhändler, einen hageren Herrn, der seine Bücher sachte und mit geschmeidigen Bewegungen geradezu liebkoste, und einen Stoffladenbesitzer, der an den Farben und den Fusseln, die um jede aufgerollte Stoffbahn herum schwebten, zu schnuppern schien.
    Der Inspektor betrat ein Bekleidungsgeschäft, dessen Schaufenster mit dunklem Holz umrandet war. Die Frau darin erinnerte an eine
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