Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Autoren: Fulvio Ervas
Vom Netzwerk:
Genehmigung beantragen, Standortuntersuchungen vornehmen lassen und bei übergeordneten Behörden Anträge auf Bewilligungen stellen. Aber keine Angst: Man wird mit offenen Armen erwartet, weil die Leute nicht wissen, wohin mit den Abfällen, und kaum sehen Sie einen zupackenden jungen Mann, der beabsichtigt, eine Mülldeponie aufzumachen, lassen sie ihn nicht entwischen. Auch der Umweltdezernent ist auf deiner Seite und freut sich, dass in seiner Kommune eine Deponie eröffnet wird. Zumindest war das so, als ich mit meiner Tätigkeit anfing. Später hat sich dann einiges geändert, und zwar zum Schlechteren. Ich erinnere mich noch an das erste Treffen mit dem Dezernenten, einem jovialen und gradlinigen Typ: ›Schließen wir ein kleines Abkommen‹, sagte er, ›zwischen der städtischen Behörde und der Deponie, indem Sie pro Tonne des abgelieferten Materials einen bestimmten Betrag in die Kassen der Kommune einzahlen.‹ – ›Oho! Sollte es sich da um Schmiergeld handeln?‹, habe ich gefragt. ›Nein, so sieht das Gesetz es vor‹, hat er mir geantwortet. Der kommunalen Behörde wird eine Entschädigung für die durch die Deponie verursachte Unannehmlichkeit zuerkannt. Kurzum, ein gesetzlich geschütztes Geben und Nehmen, und mir kam das wie der Gipfel des Bürgersinns vor. Andererseits war auch der Dezernent auf Draht und unkompliziert und redete nicht lange um den heißen Brei herum. Wir müssen alle leben auf dieser Welt.
    Die Genehmigungen sind wichtig, aber für die Einrichtung einer Deponie genügt ein Telefon. Aus der halben Welt rufen Leute bei dir an, angelockt wie die Bienen vom Nektar. Sobald das Gerücht kursiert, dass es eine neue genehmigte Deponie gibt, sind sie alle da, am Telefon, und fragen dich, welchen Preis du verlangst, wie du die Analysen der Abfälle durchführen wirst, wie ernst du die Resultate der Analysen nimmst, wie du dich verhältst, wenn die gemachten Angaben aus der Luft gegriffen sind, ob du zufällig zu jenen Typen gehörst, die einen Lastwagen, der mitten in der Nacht, womöglich nach einer langen Fahrt, ankommt, zum Absender zurückschicken, und nachdem du klargestellt hast: ›Nein, mein Herr, Leute, die bereits unterwegs sind, werden respektiert‹, kann das Abenteuer beginnen.
    Als Erstes musst du die Umzäunung um die ganze Grube herum verstärken. Dann werden die Büros gebaut; ein kleines Labor für die Analysen wird in einem Container untergebracht, wie man sie hierzulande, in der Erwartung von Katastrophen, zum Beispiel für Erbebenopfer baut. Man schafft die Unebenheiten des Bodens aus der Welt, indem man die Kanten schön herrichtet und den Untergrund der Grube glättet, der plan wie ein Billardtisch sein muss. Dann muss man über den Grund eine Schicht Lehm legen und darüber dann eine riesige Kunststoffbahn breiten, denn genau genommen ist eine Deponie nichts anderes als ein kolossaler Plastiksack, in den die Abfälle geworfen werden und in dem sie dann lagern. Fünfzig Jahre oder länger. Das Plastikmonster, wie ich das Ding nenne, auch an den Wänden der Grube hochzuziehen war eine Heidenarbeit, und wenn ich nicht meine Familie als Stütze gehabt hätte und auch meine Freunde, wäre ich immer noch dabei, an der schwarzen Folie herumzuzerren – und wäre von der Sonne mittlerweile versengt wie eine Ameise.
    Das ist ja das Schöne an der Familie und an Freunden: Die einen schuften gratis für dich, und den anderen zahlst du nur wenig. Ich weiß nicht genau, woher dieses Modell stammt, ich weiß nur, dass es funktioniert. Die Großmutter hat uns nicht helfen können, weil sie seit ihrem Luftröhrenschnitt das Loch im Hals mit dem Finger zuhalten muss, wenn sie spricht, und wenn die Nonna nicht redet, arbeitet sie nicht. Mamma, Antonietta und Gino sind bis zum letzten Meter des Plastikmonsters dabeigeblieben. Und fünf oder sechs Freunde für zehntausend Lire die Stunde, Wasser und Wein nach Lust und Laune sowie jede Menge Brot und Wurst. Eine große Familie eben.
    Bevor wir uns um den Lehmboden und die Kunststoffbahn kümmern konnten, mussten wir das ganze Zeug wegräumen, das auf dem Untergrund lag, und in einer anderen Ecke des Geländes auftürmen. Auch Papàs Lastwagen. Es gab einen Augenblick der Rührung beim Einsteigen ins Führerhaus, als wir ihn alle wieder vor uns sahen, mit nacktem Oberkörper und den Goldkettchen, die in der Sonne glänzten, in die Ewigkeit hinüberfluchend, weil die Kupplung des Fahrzeugs defekt war.
    Als alles fertig war, bin ich im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher