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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Autoren: Fulvio Ervas
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nicht.«
    »Würden Sie mir bitte zeigen, wie man den Laden abschließt?«
    »Jetzt?«, fragte eines der Mädchen.
    »Wenn es nicht zu viel Mühe macht …«
    Das Mädchen nahm einen Schlüsselbund, und Stucky folgte ihr nach draußen. Einigermaßen verlegen schloss sie die Tür und hängte sich an das Rollgitter, um zu beweisen, welche Anstrengung es sie kostete, es herunterzulassen.
    »Bleiben Sie bitte einen Moment so!«, sagte der Inspektor.
    Er betrachtete das große Schloss am unteren Ende des Gitters und stellte sich die sportlichen Sprünge vor, die der Halunke vollführt haben musste, um die Verkäuferin, die sich bückte, um es zuzuschließen, anzurempeln und dann in null Komma nichts zu verschwinden.
    Ein flinker und aufmerksamer Typ. Jemand, der die Anordnung der Läden aus dem Effeff kannte. Stucky hob den Blick zum Himmel, um den Regenspritzern auf ihrem Weg nach unten zuzuschauen. Er bat die Verkäuferin, noch einen weiteren Augenblick in ihrer gebückten Stellung zu verharren und so zu tun, als würde sie das Rollgitter abschließen, und begab sich zur Ecke des Gebäudes. Dort drückte er sich gegen die Hausmauer, trat sofort wieder aus dieser Position heraus und stürzte auf das Mädchen zu, das ihre erschrockenen Uhuaugen auf ihn richtete. Ein paar Passanten zeigten mit dem Finger auf die Szene und wechselten schnell auf die andere Seite des Bürgersteigs. Stucky flitzte zurück zur Ecke. Alles in allem dauerte die Aktion nur wenige Sekunden.
    Er notierte die Namen der beiden Verkäuferinnen, versprach ihnen eine angemessene Bewachung und verabschiedete sich mit einem artigen: »Machen Sie sich keine Sorgen!«
    Nun stellte er sich vor, er würde den Fluchtweg des Übeltäters benutzen, und fand sich auf einer kleinen Brücke mit dem sich unaufhörlich drehenden Wasserrad einer alten Mühle wieder. Die kleine Insel inmitten des wirbelnden Wassers war fast leer, und Stucky stellte fest, dass er sich in einem Teil von Treviso befand, den er besonders liebte. Er überquerte die Eisenbrücke und gelangte, nachdem er links eingebogen war, zum Ponte della Fontana Gajarda bei San Parisio. Der Aggressor hatte sich wohl schon vorher verlaufen, überlegte er. Sinnlos, erraten zu wollen, welche Strecke er für seine Flucht gewählt hatte. Stucky ging den gleichen Weg zurück, überquerte den Canale Cagnan und blieb vor der Bottega del Baccalà stehen. Dort war ein getrockneter Kabeljau zu sehen, ein wahrhaft majestätischer King Cod, komplett mit Kopf und bleckenden Zähnen, ein altes Fossil. Die Bottega war ein wunderbarer, von herrlichen Düften durchzogener Ort, ein wahrer Stimmungsaufheller. Man brauchte nur von draußen einen Blick auf die Körbe voller getrockneter Steinpilze zu werfen – deren Duft ein leichter Luftzug ins Freie wehte –, auf die zu Pyramiden aufgetürmten Schachteln mit hausgemachter Pasta, die Gläser mit eingelegtem Radicchio, die Zöpfe aus roten Peperoni, die Würstchen, die an Pinienzapfen aus dem Hochgebirge erinnerten, die saftigen orangefarbenen Kürbisscheiben, den Wirbel aufgeschichteter Mandelkuchenstückchen oder die Kisten voller kinderfaustgroßer Walnüsse. Alles bot sich scheinbar ungeordnet dem Betrachter dar, wie ein exotischer Basar, und ließ das wunderbare Gemisch erahnen, das der Magen aus all diesen Geschmäckern und Konsistenzen schaffen würde: ein poetisches Werk, das Stucky wieder aufrichtete. Er winkte dem Besitzer zu, der gerade dabei war, ein breites Messer in einen schönen reifen Alpeggio einsinken zu lassen. Die Sache mit den Verkäuferinnen machte ihm Angst. Ja, das war der springende Punkt!

    Signorina Callegari wohnte im ersten Stock eines großen Mietshauses am Anfang der Via Terraglio, in der es immer zu diesen verflixten Staus kam. Unvermittelt fand sich Stucky ihrer Mutter gegenüber, die gerade dabei war, die Holztür zu polieren. Bevor sie ihn eintreten ließ, rieb sie noch schnell die Ränder blank. Die Tochter, eine Blondine, trug einen knappen blauen Pyjama, der nicht ausreichte, ihre Reize zu verhüllen. Sie saß auf einem Küchenstuhl und taxierte Stucky mit einem glückseligen Lächeln. Die Mutter ging in ein anderes Zimmer, drehte den Fernseher lauter und schloss dann die Tür.
    »Wissen Sie, wir müssen vermeiden, dass die Großeltern neugierig werden, weil sie eine fremde Stimme hören, und hier hereinplatzen«, erklärte die Callegari, die sich überhaupt als redselig entpuppte. Ihre flinken fleischigen Lippen waren hypnotisierend
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