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Doktor Luder

Doktor Luder

Titel: Doktor Luder
Autoren: Inka Loreen Minden
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die See, den Alkohol und die Frauen – und Letztere erwiderten seine Gefühle ausgiebig. In jedem Hafen, den Josias mit seiner Mannschaft ansteuerte, wartete bereits ein Mädchen sehnsüchtig darauf, mit allen Sinnen von ihm verwöhnt zu werden.
    Er war schon an Bord eines Schiffes zur Welt gekommen und hatte beinahe mehr Jahre auf See verbracht als an Land. In der rauen See wollte er auch eines Tages beerdigt werden. Doch das hatte noch Zeit, schließlich war er erst dreiundzwanzig Jahre alt.
    Wie immer hatte sich Josias von der Mannschaft abgesondert – Einzelgänger, der er war –, um ins Nugget King , eine zwielichtige Spelunke an der Küste von Tortuga, zu gehen. Mit Gretchen, der hübschen Schwester des Wirts, wollte er heute eine ausgelassene Nacht verbringen, doch zuvor musste er dringend seinen Magen füllen.
    »Hey Dan!«, rief er dem rundlichen Schankwart zu. »Einmal das Tagesgericht!«
    »Ich wünsche dir auch einen schönen Abend, Wylde«, brummte Daniel Störtebeker und wischte sich die Hände an einem Tuch ab.
    Josias ließ sich in einer düsteren Ecke nieder, um von dort aus ungestört das Treiben in der Hafenkneipe beobachten zu können. Außerdem besaß er hier einen Blick auf die Tür und den Tresen. Dort stand Gretchen, ein paar Gläser abtrocknend, und zwinkerte ihm zu. Die dralle Dirne mit den Riesenmöpsen und dem dicken Zopf war heute noch fällig, das zumindest sagten seine Lenden. Nach sechs Wochen auf See hatten sie einen ziemlichen Notstand.
    Daniel watschelte zu ihm herüber und stellte ihm einen Krug und einen dampfenden Teller auf den speckigen Tisch. »Einmal das Tagesmenu, Wylde.«
    Josias betrachtete skeptisch das dunkle, zusammengepresste Fleisch, das sich, gespickt mit Grünzeug und Käse, zwischen einem Sesambrötchen befand. Als er es in die Finger nahm, um herzhaft abzubeißen, hatte er alle Mühe, dass es nicht auseinanderfiel. »Was ... ist ... das?«, fragte er mampfend, wobei er zugeben musste, dass das Ding gar nicht mal so übel schmeckte.
    Daniel Störtebeker stemmte die fettigen Hände in die nicht vorhandenen Hüften und zog die Brauen nach oben. »Eine Spezialität aus meiner Heimat Hamburg. Passt damit irgendwas nicht?«
    »Beruhige dich, Dan. Es schmeckt köstlich!« Josias, dem Sauce über den dunklen Bart lief, kaute genüsslich vor sich hin. Anschließend hob er den Krug, schnüffelte argwöhnisch an dem bräunlichen Getränk und nahm einen vorsichtigen Schluck. Sofort verzog er den Mund und stellte das Gefäß scheppernd auf den Tisch zurück.
    »Teufel noch mal, Dan! Bei deinem Gesöff pappts mir ja das Maul zusammen!«
    »Das habe ich aus Coca-Blättern gebraut. Belebt Geist und Körper, Wylde. Genau das Richtige für einen Haudegen, wie du einer bist!« Der Wirt klopfte ihm kräftig auf die Schulter und wandte sich wieder den anderen Gästen zu.
    Nachdem sich Josias den letzten Bissen des Was-Auch-Immers hineingeschoben und die Finger abgeleckt hatte, lehnte er sich entspannt zurück, um dem Geschwätz der Leute zu lauschen. Oft erfuhr er interessante Sachen. Dabei vergaß er natürlich nicht, Gretchen hin und wieder einen lasziven Blick zu schenken. Er wusste, dass allein sein gutes Aussehen Frauenherzen zum Schmelzen brachte – und nein, er war kein bisschen eingebildet deswegen!
    Die Tür öffnete sich quietschend und ein Bengel in einem zerschlissenen Leinenhemd und einer Wollmütze schlenderte herein. Sein Blick schweifte durch den düsteren Raum und blieb direkt an Josias kleben. Sicher wieder so ein armer Schlucker, der auf der ‚Revenge‘ anheuern will , dachte sich der Pirat.
    Beim Näherkommen fiel ihm jedoch der federnde Gang des Burschen auf. Josias musterte den Kleinen von oben bis unten: der Hüftschwung, die feinen Gesichtszüge, die schmalen Schultern ...
    Der junge Kerl stand jetzt direkt vor ihm und hielt ihm einen Zettel unter die Nase. Seine Fingernägel waren viel zu sauber. Ein Mädchen, natürlich! Die Verkleidung war nicht schlecht, doch Josias erkannte eine Frau schon von Weitem. In den letzten Jahren war er ein Kenner des weiblichen Geschlechts geworden. Ihr Geruch, ihr Körperbau und ihre Art zu sprechen waren für ihn wie ein offenes Buch. Außerdem fand er diesen Hintern einfach zu vorzüglich für einen Typen.
    »Was willst du, Junge?« Er ließ die Kleine in dem Glauben, sie nicht zu durchschauen. Sie würde sicher einmal ein ganz reizendes Weibsbild abgeben, das wusste er jetzt schon.
    Die junge Frau ließ sich in dem
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