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Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Titel: Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.
Autoren: Erich Kästner
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Oberhemd.
    Man betrachtet, was Ihr rietet,
    und fährt hoch und rund und weit.
    Man bewundert, was sich bietet.
    Doch das Herz ist ja vermietet.
    Man vertreibt sich nur die Zeit.
    Wenn doch endlich Einer grüßte!
    Wenn Ihr kämt und nicht nur schriebt!
    Doch man steht wie in der Wüste
    und begafft die Bronzebüste
    eines Gottes, den’s nicht gibt.
    Wer es wünscht, kann selbstverständlich auch ganz andre Büsten sehn.
    (Gegen Eintritt, nein wie schändlich!) Man denkt nach. Und läßt es endlich,
    wie so Vieles, ungeschehn.
    Ja, die Welt ist wie ein Garten.
    Und man wartet wie bestellt.
    Doch da kann man lange warten.
    Und dann schreibt man Ansichtskarten,
    daß es Einem sehr gefällt.
    Nachts steckt man durchs Fenster seinen Kopf und senkt ihn wie ein Narr.
    Und man hört die Katzen weinen.
    Und am Morgen hat man einen
    schönen Bronchialkatarrh.

Ganz besonders feine Damen
    Sie tragen die Büsten und Nasen
    im gleichen Schritt und Tritt
    und gehen so zart durch die Straßen,
    als wären sie aus Biskuit.
    Mit ihnen ist nicht zu spaßen.
    Es ist, als trügen sie Vasen
    und wüßten nur nicht, womit.
    Sie scheinen sich stündlich zu baden
    und sind nicht dünn und nicht dick.
    Sie haben Beton in den Waden
    und Halbgefrorenes im Blick.
    Man hält sie für Feen auf Reisen,
    doch kann man es nicht beweisen.
    Der Gatte hat eine Fabrik.
    Sie laufen auf heimlichen Schienen.
    Man weicht ihnen besser aus.
    Sie stecken die steifsten Mienen
    wie Fahnenstangen heraus.
    Man kann es ganz einfach nicht fassen, daß sie sich beißen lassen,
    in und außer dem Haus.
    Man könnte sich denken, sie stiegen
    mit Hüten und Mänteln ins Bett.
    Und stünden im Schlaf, statt zu liegen.
    Und schämten sich auf dem Klosett.
    Man könnte sich denken, sie ließen
    die Männer alle erschießen
    und kniffen sie noch ins Skelett.
    So schweben sie zwischen den Leuten
    wie Königinnen nach Maß.
    Doch hat das nichts zu bedeuten.
    Sie sind ja gar nicht aus Glas!
    Man kann sie, wie andere Frauen,
    verführen, verstehn und verhauen.
    Denn: fein sind sie nur zum Spaß.

Umzug der Klubsessel
    Einen Tafelwagen traf ich heute,
    und er war mit Möbeln vollgestellt.
    Die Besitzer schienen solche Leute,
    denen nur das Teuerste gefällt.
    Schwere Gäule zogen schwere Stühle,
    Tisch und Schränke, und der Kutscher pfiff.
    Und der Wagen kroch durch das Gewühle
    wie ein altes, havariertes Schiff.
    In zwei Ledersesseln, auf dem Karren,
    saßen zwei sehr müde Möbelräumer.
    In den Händen hielten sie Zigarren,
    und die Köpfe hielten sie wie Träumer.
    Sicher träumten sie, sie wären Grafen, und sie fuhren zum Vergnügen aus …
    Doch da hielt der Wagen, und die braven alten Herrn bugsierten wie die Sklaven fremde Möbel in ein fremdes Haus.

Warnung
    Ein Mensch, der Ideale hat,
    der hüte sich, sie zu erreichen!
    Sonst wird er eines Tages anstatt
    sich selber andren Menschen gleichen.

Des Vetters Eckfenster
    (E. T. A. Hoffmann gewidmet)
    Er sitzt im Erker hoch im Haus
    und weiß nicht, wem er gleicht.
    Er wollte nicht so hoch hinaus
    und hat es doch erreicht.
    Er glaubt an keine Wiederkehr.
    (Auch nicht als Schmetterling.)
    Sein Haus hat keine Türen mehr,
    seit er nach oben ging.
    Er liebt das späte Abendrot,
    das hinterm Kirchturm brennt.
    Er liebt das Leben und den Tod
    und das, was beide trennt.
    Das Fenster zeigt ihm Bild auf Bild
    und rahmt die Bilder ein.
    Er sitzt davor und lächelt mild
    und mag nicht traurig sein.
    Er lächelt, weil ihr glücklich seid.
    Nur manchmal flüstert er:
    »Ach, mündet dieser Strom der Zeit
    denn nirgendwo ins Meer?«
    Er hat dem Schicksal längst verziehn,
    obwohl es ihn vergaß.
    Beneidet ihn! Verachtet ihn!
    Das ist für ihn kein Maß.

Der gefundene Groschen
    Ich mach mich vor dem Groschen klein
    und nehm ihn in die Hand.
    Ach, wär es doch ein Zehnmarkschein!
    Geld hat keinen Verstand.
    Es leben Leute, die werfen ihr Geld,
    sagt man, zum Fenster hinaus.
    Ich wüßte gern, wohin es fällt,
    und blicke vor jedes Haus.
    Das Geld, das aus den Fenstern fliegt, wer weiß, wohin’s gerät!
    Das Geld, das auf der Straße liegt,
    ist ziemlich dünn gesät.
    Ich bücke mich, so tief ich kann.
    Mein Kind, mir ist dabei,
    als bete ich den Groschen an.
    Deine Eltern sind arm. Verzeih!

Moderne Kunstausstellung
    Die Leute stehen in Sälen herum.
    Sie finden das ungewöhnlich?
    Das ist ja gar kein Publikum!
    Das sind die Maler persönlich.

Das Altersheim
    Das ist ein Pensionat für Greise.
    Hier hat man Zeit.
    Die
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