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Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.

Titel: Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke.
Autoren: Erich Kästner
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zwar jedes Jahr dieselbe Sache.
    Doch es ist immer wie zum ersten Mal.

Ankündigung einer Chansonette
    Sie ist nicht sehr schön. Doch es kommt nicht drauf an.
    Ohne Schönheit geht’s auch.
    Sie ist eine Frau. Und steht ihren Mann.
    Und hat Musik im Bauch.
    Sie kennt das Leben in jeder Fasson.
    Sie kennt es per Du und per Sie.
    Ihre Lieder passen in keinen Salon.
    Höchstens die Melodie.
    Sie singt, was sie weiß. Und sie weiß, was sie singt.
    Man merkt das am Gesang.
    Und manches, was sie zum Vortrag bringt, behält man jahrelang.
    Sie pfeift auf das mühelos hohe C.
    Und ihr Ton ist nicht immer rund.
    Das Herz tut ihr manchmal beim Singen weh.
    Denn sie singt nicht nur mit dem Mund.
    Sie kennt den Kakao, durch den man uns zieht, genau so gut wie wir,
    und sie weiß zu dem Thema so manches Lied.
    Und ein paar davon singt sie hier.

Ein Kind, etwas frühreif
    Ich hab mich zu einem Kinde gebückt.
    (Denn ich bin in solchen Dingen nicht stolz.) Und ich hab ihm sein Spielzeug zurechtgerückt.
    Es war ein Schimmel aus Holz.
    Das Kind ging mit einer schönen Frau.
    Die dachte, ich dächte, sie wäre so frei …
    Und sie zog ihr Kind wie einen Wauwau
    an Laternen und Läden vorbei.
    Sie fühlte sich schon zur Hälfte verführt und schwenkte vergnügt ihr Gewölbe.
    Das hätte mich nun nicht weiter gerührt.
    Doch das Kind - ich hab es ganz deutlich gespürt -, das dachte bereits dasselbe.

Nur Geduld!
    Das Leben, das die Meisten führen,
    zeigt ihnen, bis sie’s klar erkennen:
    Man kann sich auch an offnen Türen
    den Kopf einrennen!

Spaziergang nach einer Enttäuschung  
    Da hätte mich also wieder einmal
    eine der hausschlachtenen Ohrfeigen ereilt, die das eigens hierzu gegründete Schicksal in beliebiger Windstärke und Zahl
    an die Umstehenden gratis verteilt.
    Na schön. Der Weg des Lebens ist wellig.
    Man soll die Steigungen nicht noch steigern.
    Es war wieder mal eine Ohrfeige fällig.
    Ich konnte die Annahme schlecht verweigern.
    So ein Schlag ins vergnügte Gesicht
    klingt für den, der ihn kriegt, natürlich sehr laut, weil das Schicksal mit Liebe zur Sache zuhaut.
    Tödlich sind diese Ohrfeigen hingegen nicht.
    Der Mensch ist entsprechend gebaut.
    Jedoch, wenn ich den See betrachte
    und die schneeweiß gedeckten Berge daneben, muß ich denken, was ich schon häufig dachte: Diese Art Ohrfeigen brauchte es nicht zu geben.
    Da rennt man nun die Natur entlang
    und ist froh, daß man Keinem begegnet.
    Die Vögel verüben Chorgesang.
    Die Sonne scheint im Überschwang.
    Aber innen hat’s ziemlich geregnet.
    Die Glockenblumen nicken verständig.
    Eine Biene kratzt sich ernst hinterm Ohr.
    Und der Wind und die Wellen spielen vierhändig die Sonnenscheinsonate vor.
    Das Schicksal wird mich noch öfter äffen und schlagen, wie es mich heute schlug.
    Vielleicht wird man wirklich durch Schaden klug?
    Mich müssen noch viele Schläge treffen, bevor mich der Schlag trifft! Und damit genug.

Selbstmord im Familienbad
    Hier bist Du. Und dort ist die Natur.
    Leider ist Verschiedenes dazwischen.
    Bis zu Dir herüber wagt sich nur
    ein Parfüm aus Blasentang und Fischen.
    Zwischen Deinen Augen und dem Meer,
    das sich sehnt, von Dir erblickt zu werden, laufen dauernd Menschen hin und her.
    Und ihr Anblick macht Dir Herzbeschwerden.
    Freigelaßne Bäuche und Popos
    stehn und liegen kreuz und quer im Sande.
    Dicke Tanten senken die Trikots
    und sehn aus wie Quallen auf dem Lande.
    Wo man hinschaut, wird den Augen schlecht, und man schließt sie fest, um nichts zu sehen.
    Doch dann sieht man dies und das erst recht.
    Man beschließt, es müsse was geschehen.
    Wütend stürzt man über tausend Leiber, bis ans Meer, und dann sogar hinein, -
    doch auch hier sind dicke Herrn und Weiber.
    Fett schwimmt oben. Muß das denn so sein?
    Traurig hängt man in den grünen Wellen, vor der Nase eine Frau in Blond.
    Ach, das Meer hat nirgends freie Stellen, und der Mensch verhüllt den Horizont.
    Hier bleibt keine Wahl als zu ersaufen!
    Und man macht sich schwer wie einen Stein.
    Langsam läßt man sich voll Wasser laufen.
    Auf dem Meeresgrund ist man allein.

Wohltätigkeit
    Ihm war so scheußlich mild zumute.
    Er konnte sich fast nicht verstehn.
    Er war entschlossen, eine gute
    und schöne Handlung zu begehn.
    Das mochte an den Bäumen liegen
    und an dem Schatten, den er warf.
    Er hätte mögen Kinder kriegen,
    obwohl ein Mann das gar nicht darf.
    Der Abend ging der Nacht entgegen,
    und aus den Gärten kam es kühl.
    Er litt, und wußte
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