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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen
Autoren: Richard Gordon
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Kordsamtanzug, der
    Sir Lancelot irgendwie bekannt vorkam. Die Arme des Mannes bewegten sich wie Dreschflegel, sein helles Haar flog im Wind, während er sich mit seinen Anhängern angeregt unterhielt.
    «Sie setzen sich zweifellos mit großem Nachdruck für das eine oder andre ein», fuhr Sir Lancelot fort. «Und niemand ist aufgeschlossener als ich für den Standpunkt anderer. Aber ihr müßt euch davonmachen:»
    Der Schrei «Warum?» stieg da und dort auf. Zwei oder drei Leute begannen «Wir lassen uns nicht verjagen» zu brüllen. «Geh zurück ins Affenhaus!» rief einer.
    «Weil ich es euch sage», erklärte er.
    Spöttische Rufe und Händeklatschen waren die Antwort. Der Mann im Kordsamtanzug machte eine kurze, autoritative Geste, mit der er seine Anhänger sofort zum Schweigen brachte. Sir Lancelot bemerkte neben sich eine schlanke, hübsche junge Polizistin, die ihr langes blondes Haar unter der Mütze zurückgerafft hatte.
    «Ich warne Sie», sagte sie. Sir Lancelot wandte sich ihr zu. «Wir haben von der Oberin dieses Hospitals eine Beschwerde über die Demonstration erhalten. Wenn eine Wiederholung des Gewaltaktes stattfindet, mit dem Ihre jüngste Demonstration endete, nehme ich Sie ohne weitere Verwarnung in Haft.»
    «Meine liebe Miss —»
    «Wachtmeister», korrigierte sie ihn streng.
    «Mein lieber Wachtmeister, ich versichere Ihnen, daß niemand die Gesetze in England mehr achtet als ich. Englands Tradition, Majestät und Geschichte sind für mich in Ihrer zarten Gestalt nicht anders verkörpert als in der des amtierenden Lordkanzlers.»
    «Nehmen Sie sich in acht.»
    Sir Lancelot wandte sich wieder seiner Zuhörerschaft zu. «Ich bin durchaus bereit, mir die Argumente der Anführer dieses Massenausflugs anzuhören.»
    «Es gibt kein Argumentieren darüber», sagte der Mann im Kordsamtanzug, der mit schwingenden Armen näherkam. «Weil dieses neue Hospital nicht gebaut werden wird. Basta.»
    Sir Lancelot schluckte. Die Augen der Polizistin ruhten auf ihm. Er setzte ein gequältes Lächeln auf. «In der Tat?» fragte er milde. «Und warum nicht, wenn ich fragen darf, Sir?»
    Der Mann brach in ein kurzes, bellendes Lachen aus. «Weil ich dagegen bin. Und wenn ich gegen was bin, geschieht es einfach nicht.»
    «Ich kenne Sie», rief Sir Lancelot hitzig. «Sie sind Arthur Arrows, nicht wahr? Der verdammte Prol...will sagen, Verteidiger unserer bürgerlichen Freiheiten.»
    «Erinnern Sie sich an die städtische Fernstraße?» Arthur Arrows klopfte mit einem langen Finger auf seine Brust. «Ich trat dagegen auf. Erinnern Sie sich an den Kanaltunnel? An Maplin? An den Flughafen von Stansted? Wer verhinderte ihren Bau? Ich war es. Wer machte ein Ende mit den Fuchsjagden in den meisten englischen Grafschaften? Den Hochhauswohnungen? Den Lebensmittelverfälschungen? Der Fluorisierung des Trinkwassers? Ich! Nur zwei Fehlschläge bis jetzt: die Concorde und der Gemeinsame Markt. Aber die bearbeite ich beide noch.»
    «Aber warum», fragte Sir Lancelot geduldig, «sollte jemand, abgesehen von einem Verrückten, Einwände gegen ein brandneues Hospital haben? Vor allem», fugte er, seinen Widersacher ins Auge fassend, hinzu, «wenn’s sowenig kostet wie ein Vogelschiß?»
    «Hospitäler? Wir haben genug Hospitäler», erwiderte Arthur Arrows und bewegte seine Arme wie Windmühlenflügel. «Sie ermutigen die Leute nur zum Krankwerden. Wir brauchen Wohnungen, keine Hospitäler. Dieses Geld könnte eine Rettungsleine für unsere in Armut dahin vegetierenden Mitbürger sein. Was geschieht, wenn die krank werden? Sie werden ins Krankenhaus geschafft, kriegen dort drei reichliche Mahlzeiten täglich, alle ihre Bedürfnisse werden befriedigt, rund um die Uhr werden sie betreut. Und wenn sie geheilt sind, was geschieht dann? Sie werden in ihre Armut zurückgeworfen. Das hat doch alles keinen Sinn, nicht wahr?»
    «Ich möchte dennoch einen einzigen Menschen finden, der lieber unter Zeitungen mitten im Winter am Themseufer übernachtet als eine Woche im Hospital verbringt.»
    «Das ist heut keine richtige Demo», gab Arthur Arrows sachkundig und verächtlich zu, während er die Reihen seiner Anhänger musterte. «Warten Sie bis nächsten Samstag. Dann werden wir das Ganze richtig aufheizen. Dann kommen ein paar tausend von meiner ambulanten Protestgruppe per Sonderzug hergefahren. Haben ein Wochenende frei von ihrer Bestreikung des neuen Kernkraftwerks in Schottland.»
    «Sir Lancelot Spratt, nicht wahr?» Ein
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