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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition)
Autoren: Stephen King
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fliegenden Kuss, an den Dan sich aus seiner Kindheit erinnerte. Er erinnerte sich gut daran. Es war ihr spezieller Gruß am Ende des Tages gewesen.
    Gute Nacht, Doc. Schlaf gut. Träum von ’nem Drachen, und erzähl mir morgen früh davon.
    Dan wusste, dass er weinen würde, aber noch hielt er es zurück. Es war nicht die richtige Zeit dafür. Er hob die flache Hand zum Mund und erwiderte den Luftkuss.
    Sein Blick ruhte noch eine kleine Weile auf dem, was von seinem Vater geblieben war. Dann ging er mit Billy zum Parkplatz hinab. Als sie dort angekommen waren, blickte er noch einmal zurück.
    Das Dach der Welt war leer.

BIS DU SCHLÄFST
    » FEAR steht für Face Everything And Recover
(Blicke allem ins Auge, und genese).«
    Alter AA-Spruch

JUBILÄUM
    1
    Das in Frazier an jedem Samstagmittag stattfindende AA -Treffen war eines der ältesten in New Hampshire. Es existierte seit 1946 und war von Fat Bob D. initiiert worden, der Bill Wilson, den Gründer des Programms, noch persönlich gekannt hatte. Nun lag Fat Bob schon lange im Grab, ein Opfer von Lungenkrebs – früher hatten die meisten genesenden Alkoholiker gequalmt wie Schlote und Neulinge regelmäßig zu hören bekommen, sie sollten erst mal die Klappe halten und die Aschenbecher ausleeren –, aber das Treffen war immer noch gut besucht. Heute waren sogar alle Plätze belegt, anschließend würde es Pizza und Blechkuchen geben. Das war bei fast allen Jubiläumstreffen so, und heute feierte einer der Teilnehmer fünfzehn Jahre Trockenheit. Früher war er unter dem Namen Dan oder Dan T. bekannt gewesen, aber inzwischen hatte sich herumgesprochen, was er im Hospiz leistete, deshalb nannte man ihn meistens Doc. Da seine Eltern ihn ebenfalls so genannt hatten, fand Dan diesen Spitznamen irgendwie komisch … aber auf gute Art und Weise. Das Leben war ein Rad, dessen einzige Aufgabe darin bestand, sich zu drehen, und es kehrte immer wieder zu seiner Ursprungsposition zurück.
    Ein echter Doktor, er hieß John, führte auf Dans Bitte hin den Vorsitz, und das Treffen nahm seinen gewohnten Gang. Es gab Gelächter, als Randy M. erzählte, wie er dem Cop, von dem er bei seiner letzten Trunkenheitsfahrt festgenommen worden sei, auf die Uniform gekotzt habe, und weiteres Gelächter, als er fortfuhr, ein Jahr später habe er entdeckt, dass der Cop selbst am Programm teilnehme. Maggie M. weinte, als sie erzählte (oder, wie es im AA -Jargon hieß, mit den anderen teilte), dass man ihr erneut das gemeinsame Sorgerecht für ihre beiden Kinder verweigert habe. Man reagierte mit den üblichen Klischees – alles braucht seine Zeit; es klappt schon, wenn du es nur willst; gib nicht auf, bis das Wunder geschieht –, und schließlich beruhigte Maggie sich schniefend. Wie üblich rief jemand: Ausschalten, sagt die höhere Macht!, als ein Handy läutete. Eine Frau mit zittrigen Händen verschüttete eine Tasse Kaffee; es kam wirklich sehr selten vor, dass bei einem Treffen nicht mindestens eine Tasse verschüttet wurde.
    Um zehn vor eins reichte John D. das Körbchen herum (» AA -Gruppen sollten sich vollkommen selbst erhalten durch freiwillige Spenden ihrer Mitglieder«) und fragte, ob es Ankündigungen gebe. Trevor K., der das Treffen eröffnet hatte, erhob sich und bat – wie immer – um Unterstützung beim Reinigen der Küche und beim Wegräumen der Stühle. Yolanda V. verteilte die fälligen Chips, diesmal zwei weiße (für vierundzwanzig Stunden) und einen violetten (für fünf Monate). Wie immer endete sie mit dem Spruch: » Wenn du heute nichts getrunken hast, dann klatsch dir und deiner höheren Macht Beifall!«
    Das taten alle.
    Als der Beifall verebbt war, sagte John: »Heute feiern wir einen fünfzehnten Geburtstag. Casey K. und Dan T., kommt ihr bitte her?«
    Die Teilnehmer applaudierten, während Dan nach vorn ging – langsam, um mit Casey Schritt zu halten, der inzwischen einen Stock zu Hilfe nahm. John überreichte Casey die Medaille mit der Zahl XV , und Casey hielt sie hoch, damit alle sie sehen konnten. »Ich hätte nie gedacht, dass dieser Kerl es schafft«, sagte er. »Weil er nämlich von Anfang an AA war. Womit ich ein Arschloch mit Allüren meine.«
    Der Kalauer wurde pflichtschuldig belacht. Dan lächelte immerhin, aber er hatte heftiges Herzklopfen. Er hoffte inständig, das, was als Nächstes kam, zu überstehen, ohne dabei umzukippen. Als er das letzte Mal so große Angst gehabt hatte, da hatte er am Dach der Welt gestanden, zu Rose the Hat
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