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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition)
Autoren: Stephen King
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hinaufgeblickt und versucht, sich nicht eigenhändig zu erwürgen.
    Beeil dich, Casey. Bitte. Sonst verliere ich entweder den Mut, oder das Frühstück kommt mir hoch.
    Man hätte meinen können, dass Casey auch Shining besaß … aber vielleicht hatte er auch nur etwas in Dans Augen gesehen. Jedenfalls kürzte er seine Ansprache ab. »Aber er hat meine Erwartungen übertroffen und ist genesen. Von sieben Alkoholikern, die durch unsere Tür treten, gehen sechs wieder raus, um sich zu besaufen. Der siebte ist das Wunder, für das wir alle leben. Eines dieser Wunder steht hier neben mir, in voller Lebensgröße und frech wie Oskar. Hier, Doc, bitte sehr – du hast es dir verdient!«
    Er überreichte Dan die Medaille. Der dachte einen Augenblick, sie würde ihm durch die klammen Finger gleiten und auf den Boden fallen. Casey schloss seine Hand darum, bevor das passieren konnte, dann zog er Dan in eine feste Umarmung. » Wieder ein Jahr, du Bastard«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Glückwunsch!«
    Casey stapfte durch den Mittelgang nach hinten, wo er aufgrund seiner langen Zugehörigkeit neben den anderen Oldtimern saß. Damit stand Dan allein vorn. Er umklammerte seine Fünfzehnjahresmedaille so fest, dass an seinem Handgelenk die Sehnen hervortraten. Die versammelten Alkis betrachteten ihn aufmerksam und warteten auf das, was man sich durch langjährige Trockenheit angeblich aneignete: Erfahrung, Kraft und Hoffnung.
    » Vor einigen Jahren …«, fing er an und musste sich dann erst einmal räuspern. » Vor einigen Jahren, als ich mit dem fußlahmen Gentleman, der sich da hinten gerade auf den Hosenboden setzt, Kaffee trank, da hat er mich gefragt, ob ich den fünften Schritt getan hätte – ob ich Gott, mir selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt meine Fehler zugegeben hätte. Mehr oder weniger, hab ich geantwortet. Für Leute, die nicht mit unserem speziellen Problem zu tun haben, hätte das wahrscheinlich ausgereicht … was einer der Gründe ist, weshalb wir sie als Erdlinge bezeichnen.«
    Das Publikum kicherte. Dan holte tief Luft und sagte sich, wenn er schon Rose und ihrem Wahren Knoten entgegengetreten sei, dann könne er auch das hier jetzt schaffen. Allerdings war das hier etwas anderes. Hier war Dan kein Held, sondern ein Drecksack. Er hatte zwar lange genug gelebt zu wissen, dass in jedem ein kleiner Drecksack steckte, aber das half nicht viel, wenn man vor aller Augen den eigenen Dreck ausbreiten musste.
    »Casey hat geahnt, dass es einen Fehler gibt, über den ich nicht ganz hinwegkomme, weil ich mich zu sehr schäme, darüber zu sprechen. Und dass ich damit aufhören soll. Er hat mich an etwas erinnert, was man bei fast jedem Treffen zu hören bekommt – wir sind nur so krank wie unsere Geheimnisse. Und er hat gesagt, wenn ich meines nicht erzähle, dann würde ich mich irgendwann mit einem Glas Schnaps in der Hand in einer Kneipe wiederfinden. Hab ich das einigermaßen richtig wiedergegeben, Casey?«
    Hinten im Raum nickte Casey, die Hände auf seinem Gehstock gefaltet.
    Hinten in den Augen spürte Dan ein Brennen, das baldige Tränen ankündigte. Gott, hilf mir, das durchzustehen, ohne loszuplärren, dachte er. Bitte.
    »Ich habe mein Geheimnis niemand verraten. Viele Jahre lang habe ich mir gesagt, dass es das Einzige ist, was ich nie irgendjemand erzählen würde. Aber ich glaube, Casey hatte recht, und wenn ich wieder anfangen würde zu trinken, dann würde ich sterben. Das will ich nicht. Inzwischen habe ich nämlich viel, wofür es sich zu leben lohnt. Deshalb …«
    Die Tränen waren gekommen, die verfluchten Tränen, aber er hatte sich bereits zu weit vorgewagt, als das er einen Rückzieher machen konnte. Deshalb wischte er die Tränen mit der Hand, die nicht um die Medaille geballt war, weg.
    »Ihr wisst ja, wie es in den Zwölf Versprechen heißt. Dass wir lernen wollen, die Vergangenheit weder zu beklagen noch uns zu wünschen, wir könnten die Tür hinter ihr zuschlagen. Entschuldigt meine Wortwahl, aber wenn es einen Brocken Schwachsinn in diesem Programm voller Wahrheiten gibt, dann das. Ich bereue viel, aber es ist an der Zeit, die Tür zu öffnen, so wenig ich das will.«
    Die anderen warteten. Selbst die beiden Frauen, die damit beschäftigt gewesen waren, Pappteller mit Pizzastücken zu verteilen, standen nun in der Küchentür und beobachteten ihn.
    »Nicht lange bevor ich mit dem Trinken aufgehört habe, bin ich einmal neben einer Frau aufgewacht, die ich in einer
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