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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition)
Autoren: Stephen King
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Kneipe aufgegabelt hatte. Wir lagen in ihrer Wohnung, einer richtig miesen Bude, weil sie fast nichts besaß. Ich konnte ihre Situation nachempfinden, weil ich selber fast nichts besaß, und wahrscheinlich waren wir beide aus demselben Grund pleite. Ihr wisst ja alle, was dieser Grund war.« Er zuckte die Achseln. » Wenn du zu uns gehörst, nimmt die Flasche dir weg, was du besitzt. Erst ein wenig, dann viel, dann alles.
    Der Name dieser Frau war Deenie. Sonst weiß ich nicht mehr viel von ihr, aber das Folgende weiß ich noch. Ich bin in die Klamotten gestiegen und abgehauen, aber zuerst hab ich ihr Geld eingesteckt. Dabei stellte sich raus, dass sie mindestens etwas besaß, was ich nicht hatte, denn während ich in ihrem Portemonnaie gestöbert habe, hab ich mich umgeschaut, und da stand ihr Sohn. Ein kleiner Junge, noch in Windeln. Diese Frau und ich hatten nachts eine Tüte Koks gekauft, und das lag noch auf dem Tisch. Der Junge hat’s gesehen und danach gegriffen. Er dachte, es wär Zucker.«
    Dan wischte sich abermals die Augen.
    »Ich hab das Zeug vom Tisch genommen und an eine Stelle gelegt, wo er nicht rankam. Das hab ich immerhin getan. Es war nicht genug, aber immerhin das hab ich getan. Dann hab ich ihr Geld eingesteckt und bin aus der Wohnung rausmarschiert. Ich würde alles geben, wenn ich das ungeschehen machen könnte. Aber das kann ich nicht.«
    Die beiden Frauen an der Tür waren wieder in die Küche gegangen. Mehrere Teilnehmer warfen einen Blick auf ihre Armbanduhr. Ein Magen knurrte. Während Dan die versammelten neun Dutzend Alkis betrachtete, wurde ihm etwas Verblüffendes klar: Was er getan hatte, weckte keinen Abscheu in ihnen. Es überraschte sie nicht einmal. Sie hatten schon Schlimmeres gehört. Er natürlich auch.
    »Okay«, sagte er. »Das ist es. Das ist mein großes Geheimnis. Danke fürs Zuhören.«
    Vor dem Applaus rief einer der Oldtimer in der hintersten Reihe die traditionelle Frage: » Wie hast du es geschafft, Doc?«
    Dan grinste und gab die traditionelle Antwort: »Schritt für Schritt.«
    2
    Nach dem Vaterunser, der Pizza und dem Schokoladenkuchen, auf dem groß die Zahl XV stand, half Dan Casey dabei, zu dessen Tundra zu kommen. Schneeregen fiel.
    »Frühling in New Hampshire«, sagte Casey säuerlich. » Wunderbar.«
    »Regnet Tropfen, schmutzet Schlick«, deklamierte Dan. »Und wie der Wind uns rammt! Rutscht der Bus und nässet uns, verdammich, sing: Verdammt!«
    Casey starrte ihn an. »Hast du dir das etwa gerade ausgedacht?«
    »Nee. Ist von Ezra Pound. Wann hörst du eigentlich endlich auf, die Sache aufzuschieben, und lässt dir ’ne neue Hüfte einsetzen?«
    Casey grinste. »Nächsten Monat. Ich dachte, wenn du dein größtes Geheimnis verraten kannst, dann überstehe ich auch eine Hüftoperation.« Er hielt inne. »Übrigens war dein Geheimnis in Wirklichkeit nicht gar so gewaltig, Danno.«
    »Das ist mir auch aufgefallen. Ich dachte, wenn die anderen das hören, ergreifen sie schreiend die Flucht. Stattdessen haben sie herumgestanden, Pizza gefuttert und sich übers Wetter unterhalten.«
    »Selbst wenn du denen erzählt hättest, du hast ’ne blinde Oma auf dem Gewissen, wären sie dageblieben, weil es Pizza und Kuchen gab. Umsonst ist umsonst.« Er öffnete die Fahrertür. »Schubs mich mal rein, Danno.«
    Dan schubste.
    Casey setzte sich schwerfällig zurecht, dann ließ er den Motor an und schaltete die Scheibenwischer ein, die gegen den nassen Schnee ankämpfen mussten. »Alles ist kleiner, wenn es heraus ist«, sagte er. »Ich hoffe, das wirst du auch an deine Schützlinge weitergeben.«
    »Gewiss, o Weiser unter den Weisen.«
    Casey warf ihm einen schiefen Blick zu. »Du kannst mich mal, Süßer.«
    »Stattdessen gehe ich lieber wieder rein und helfe dabei, die Stühle aufzuräumen«, sagte Dan.
    Und das tat er dann auch.

BIS DU SCHLÄFST
    1
    In diesem Jahr gab es bei Abra Stones Geburtstagsparty keine Luftballons und keinen Magier. Schließlich wurde sie fünfzehn.
    Stattdessen dröhnte aus den Lautsprechern, die Dave Stone – fachmännisch unterstützt von Billy Freeman – aufgestellt hatte, Rockmusik und ließ die Fensterscheiben der Nachbarschaft erzittern. Die Erwachsenen vergnügten sich in der Küche mit Kuchen, Eiscreme und Kaffee, während die Kids das Wohnzimmer und den Garten in Beschlag genommen hatten. So, wie sie sich anhörten, hatten sie einen Mordsspaß. Gegen fünf verzogen sich die Gäste, nur Emma Deane, Abras beste Freundin, blieb
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