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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition)
Autoren: Anna Kuschnarowa
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zu Hause abgeht. Ich verdrehte die Augen und ließ mich in einer der hinteren Reihen auf einen Stuhl fallen.
    »Glotz nicht so«, ranzte ich einen Typen an, der sich neugierig nach mir umgedreht hatte und mich anstarrte. Er klappte den Mund auf, um etwas zu sagen, klappte ihn aber wieder zu, ehe er es ausgesprochen hatte und schwang wieder nach vorne.
    Toll, offenbar hatte ich mich in den Kindergarten katapultiert. Meine Laune näherte sich langsam zweihundertdreiundsiebzig Grad unter null.
    Doch auf einmal kam SIE in die Klasse gestöckelt und dann war ich es, der starrte. Mein Gott, war die schön. Dabei war sie gar nicht so ein getuntes Perlhuhn, aber das hatte sie auch gar nicht nötig. Sie war fast so groß wie ich und ihre dunklen Haare reichten ihr beinahe bis zum Hintern. Ehe sie hinter ihren Tisch glitt, warf sie mir einen kurzen, verwunderten Blick zu, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, vielleicht brachte er es aber auch zum Kochen. Wie auch immer, jedenfalls blieb mir fast das Herz stehen. Und das, das hatte noch keines der Weiber geschafft, die ich bisher in der Disco aufgerissen hatte.
    Ich musste sie den ganzen Vormittag angestarrt haben und ich schwöre, es war das erste Mal, dass ich es echt bedauerte, als nach der letzten Stunde der Gong ertönte. Während sie noch ihre Sachen zusammenpackte, tigerte ich nach vorn, ließ mich lässig auf ihrem Tisch nieder und smilte sie an.
    »Alles klar, Sugar«, sagte ich und zückte mein iPhone. Als ich abdrückte, funkelte sie mich wütend an.
    »Was is’n mit dir los?«
    Ihre Augen waren grün. Schlingpflanzengrün.
    »Lösch sofort das Bild, du Asi!«
    Ich setzte mein gewinnendstes Lächeln auf, aber sie packte mich am Kragen.
    »Hallo?!? Hörst du schlecht, oder was? Du sollst das Bild löschen!«, presste sie hervor und ein grünes Feuer loderte in ihren Augen, das mich ganz kirre machte.
    »Was regste dich denn so auf? Ich hab doch nur dein Gesicht fotografiert und nicht deine Titten.« Ich grinste weiter und hielt das Telefon so, dass es außerhalb ihrer Reichweite war. Mann, die packte ja zu wie ein Kerl. War das zu fassen? Die Barbie machte Anstalten, sich mit mir zu kloppen. Klar, ich war ein Arschloch, aber dass ich Weiber schlug, so weit kam es noch.
    Also riss ich mich los und düste davon. Aber Alter, die kam doch glatt hinterher und zeterte weiter, dass ich das verdammte Bild löschen soll und es dauerte ganz schön lange, bis ich sie abgehängt hatte. Eines war mal sicher, die war so überhaupt nicht wie die anderen …
    Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, wurde die Tür von innen aufgerissen und Tom streckte grinsend seinen Kopf heraus.
    »Na, Julian? Alles klar?«, sagte er.
    Eigentlich hätte ich mich ja freuen können, dass mein Erzeuger so beglückt war, wenn sein Sohn nach Hause kam, aber Tom hatte schon wieder diesen Blick.
    »Ja. Klar, Mann«, antwortete ich und schob mich an ihm vorbei in Richtung meines Zimmers. Ich hatte jetzt nicht den Nerv, mich zu unterhalten.
    Kurz bevor ich mich in meinem Reich verschanzte, rief er mir noch nach: »Julian!?«
    Ich drehte mich fragend nach ihm um.
    »Ach nee, ist schon gut«, sagte er und verschwand in der Küche. Ich hörte, wie die Kühlschranktür geöffnet wurde, Glas klirrte und ich schlug die Tür hinter mir zu. Dann drehte ich die Musik auf, warf mich aufs Bett und starrte Löcher in die Luft. Es war gerade mal zwei Uhr mittags und Tom war schon wieder mächtig dabei, sich wegzubeamen. Seit Mutsch sich davongemacht hatte, war endgültig nichts mehr los mit ihm.
    »Schaut euch doch mal an«, hatte sie gesagt. »Ein Trinker und ein Vollidiot, der sich alle Chancen verbaut. Eines sag ich dir, du – du wirst eines Tages noch mal im Knast landen, wenn du so weitermachst. Du gerätst zu hundert Prozent nach deinem Vater, aber wenigstens ist der nicht kriminell. Zumindest bis jetzt.« Das war für mich. Und damals war ich fünfzehn.
    »Und dich wird man irgendwann mal von der Straße aufkehren, in die Entzugsklinik einliefern und nie wieder rauslassen.« Das war für Tom. »Ich lasse mir von euch nicht länger mein ganzes Leben versauen.« Damit war sie fertig mit uns. Sie hatte es schließlich oft genug angedroht. Noch am gleichen Tag hatte Mutsch ihre Koffer gepackt, eine Woche später fuhr ihr neuer Macker mit dem Möbelwagen vor und die Wohnung blieb zurück als ein seltsames Fragment, das sich wohl bis zum Ende aller Tage auch nicht mehr ändern würde. Das Trennungsjahr
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