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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)
Autoren: Garry Disher
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Bargeld und Pässe, Kreditkarten und Führerscheine, ausgestellt auf falsche Namen. Sie ging zurück ins Haus, durchsuchte jeden Raum, konzentrierte sich auf die kleineren Stellen, auf die, die man übersah und die es in jedem Haushalt gab.
    Aber sie fand nur Luft und Staub.
    Aber da war etwas mit dem Badezimmer. Sie klopfte gegen die Fliesen an der Badewanne. Hohl. Eine Woge der Hoffnung erfasste sie. Ein kräftiger Schlag dagegen — wieder nur Luft und Staub — und Lydia war am Boden zerstört. Doch dann fiel ihr auf, dass Furneaux das Bad mit einem Spiegelwärmesystem und einem Badheizkörper für Frottiertücher ausgestattet hatte. Warum gab es dann zusätzlich einen Heizkörper an der Wand?
    Sie ging in die Garage und kam mit einem Werkzeugkasten zurück. Der obere Teil der Heizkörperverkleidung ließ sich entfernen. Darunter fanden sich ein kleiner Hohlraum und, zusammengehalten von einem Gummi, zweitausendfünfhundert Dollar und eine Kreditkarte auf den Namen Leslie Shirlow.
    Es wurde an die Haustür geklopft.
    Lydia schlich in Furneaux’ Schlafzimmer. Der Kleiderschrank war voller Anzüge. Sie richtete ihr Tuch, nahm den dunkelsten Anzug über den Arm, dazu ein weißes Hemd und eine dunkle Krawatte, ging nach vorn zur Haustür und setzte eine traurige Miene auf.
    »Ja?«, sagte sie zu dem älteren Mann auf den Eingangsstufen. Das Absperrband der Polizei teilte ihn optisch in zwei Hälften.
    Er musterte Lydia in dem schwachen Licht. »Ich wohne gegenüber, auf der anderen Straßenseite, und habe Licht gesehen. Dachte mir, ich schau mal nach dem Rechten.«
    Gut, dass er nicht die Cops angerufen hat, schoss es Lydia durch den Kopf. Mit einer gehörigen Portion Kummer in der Stimme erwiderte sie: »Henri ist ... war ... mein Schwager. Ich bin nur vorbeigekommen, um einen Anzug für ... Sie wissen schon ... für den Sarg zu holen.«
    Bei der Vorstellung, taktlos gewesen zu sein, erschrak der Mann.
    »Ja, natürlich«, sagte er und wich zurück.
    »Vielen Dank für Ihre Anteilnahme«, sagte Lydia.
    Früher oder später würde er darüber nachdenken, was er gesehen hatte. Lydia verschwand wieder nach drinnen, suchte ein paar Hemden, T-Shirts, Pullover und Shorts zusammen, fand sogar Jeans, die ihr passten, stopfte alles in einen kleinen Rollkoffer und verließ das Haus.

    ***

    Während ihrer Fahrt mit dem letzten Bus hinaus ins Yarra Valley dachte Lydia über den Namen auf der Kreditkarte nach. »Leslie Shirlow«. Leslie war sowohl ein männlicher als auch ein weiblicher Vorname. Auf einem Stück Papier übte sie die Unterschrift und fing schon mal an, sich in Leslie Shirlow einzufühlen.
    Zehn Uhr nachts und Yarra Junction war wie ausgestorben. Lydia ging in ein Motel. »Ich hatte eine Autopanne«, erklärte sie.
    »Sie armes Ding«, erwiderte die Frau an der Rezeption und reichte ihr den Zimmerschlüssel.
    Am nächsten Morgen machte sich Lydia auf die Suche nach der Hütte von Eddies Tante. Sie war nur einmal dort gewesen, zu Beginn ihrer Ehe, vor gut fünfzehn Jahren also, und die Gegend hatte sich ziemlich verändert. Sie wollte nicht für Gesprächsstoff sorgen, nicht von Pontius zu Pilatus geschickt werden, damit sich womöglich jeder Wichtigtuer im Ort ihr Gesicht merkte, und so ging sie direkt zum Priester. Eine strenggläubige Katholikin, meine Tante, hatte Eddie einmal gesagt.
    Der Priester war zwar alt und gebrechlich, erinnerte sich aber sehr genau an Eddies Tante. »Die gute alte Seele«, sagte er und zeichnete einen Plan für Lydia, der aussah wie ein Spinnennetz.
    Sie steckte fünfzig Dollar in die Spendenbox und ging zurück zum Highway, wo sie noch ein paar von Henri Furneaux’ zweitausendfünfhundert Dollar investierte.
    Vor Jahren hatte sie das letzte Mal auf einem Fahrrad gesessen, und es war eine gewundene, steile Straße, die aus der Stadt hinausführte und irgendwann in einen staubigen Schotterweg überging. An dessen Ende jedoch entdeckte Lydia die Hütte und stieg ab. Nachdem sie das Fahrrad hinter dichtem Farnkraut versteckt hatte, huschte sie von Baum zu Baum, bis sie die beiden einzigen Türen gut im Blick hatte, die Hintertür und eine Tür an der Seite, die in die Küche führte. Eine Stunde lag sie auf der Lauer, warf Steinchen auf das Dach und gegen ein Fenster. Nichts geschah.
    Sie ging in die Hütte. Eddie und seine Freundin hatten ihre Markierungen hinterlassen: Sex hing förmlich in der Luft, dazu andere Gerüche, leere Flaschen, Essensreste und die Überbleibsel einiger
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