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Dirigent

Dirigent

Titel: Dirigent
Autoren: S Quigley
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Stücke (und der anderer »formalistischer« Kollegen) wurde wieder aufgehoben.
    In seiner Zehnten Sinfonie, die nach Stalins Tod 1953 erschien und von einigen Musikkritikern als Abrechnung mit dem Diktator verstanden wird, verwendete Schostakowitsch zum ersten Mal sein musikalisches »Monogramm« D-Es-C-H, mit dem er von nun an viele seiner Kompositionen »signierte«.
    Ein Jahr darauf starb Schostakowitschs Frau Nina. 1956 heiratete er überraschend die Komsomolaktivistin Margarita Kainowa, doch die Ehe sollte nur drei Jahre dauern. 1957 komponierte Schostakowitsch zum vierzigsten Jahrestag der Oktoberrevolution seine Elfte Sinfonie mit dem Titel »Das Jahr 1905«, in der er möglicherweise zugleich eine verborgene Kritik an der blutigen Unterdrückung des Aufstands in Ungarn von 1956 versteckte.
    Im folgenden Jahr konnte Schostakowitsch mehrere internationale Auszeichnungen entgegennehmen, darunter die Ehrendoktorwürde der Universität von Oxford. Der gesundheitlich angeschlagene Komponist trat 1960, wohl unter dem Druck der Obrigkeit, in die kommunistische Partei ein und wurde im selben Jahr auch zum Vorsitzenden des Komponistenverbandes ernannt.
    Nach der 1961 uraufgeführten Zwölften Sinfonie »Das Jahr 1917« zu Ehren von Lenin geriet Schostakowitsch für seine Dreizehnte Sinfonie im Jahr 1962 erneut in die Kritik. Zu dieser Sinfonie regte ihn Jewgeni Jewtuschenkos Gedicht Babi Jar an, das sich gegen den Antisemitismus in der Sowjetunion richtete. Das Werk durfte zwar aufgeführt werden, doch der Dichter und der Komponist wurden zu Änderungen im Text der Sinfonie gezwungen.
    1962 heiratete Schostakowitsch zum dritten Mal, und seine Ehe mit der wesentlich jüngeren Irina Supinskajaverlief glücklicher als die zweite und hielt bis an sein Lebensende.
    Ab Mitte der sechziger Jahre nahmen Schostakowitschs gesundheitliche Beschwerden zu, und er litt stark unter körperlichen Einschränkungen. In seiner Vierzehnten Sinfonie nach Gedichten von García Lorca, Apollinaire, Küchelbecker und Rilke, die 1969 uraufgeführt wurde, setzte er sich intensiv mit dem Thema Tod auseinander.
    Die Fünfzehnte und letzte Sinfonie, die der Komponist vollendete, wurde bei ihrer Premiere am 8. Januar 1972 in Moskau von seinem Sohn Maxim dirigiert. Im selben Jahr wurde bei Dmitri Schostakowitsch Lungenkrebs diagnostiziert. Er starb am 9. August 1975 in Moskau.
2. Die Leningrader Sinfonie
    Die Entstehung der Leningrader Sinfonie und ihre Aufführung während der Belagerung der Stadt nehmen einen wichtigen, symbolisch aufgeladenen Platz in der russischen Geschichte ein, der von Mythen und auch Übertreibungen umrankt ist.
    Schostakowitsch schrieb seine Siebente Sinfonie während der Belagerung seiner Heimatstadt Leningrad, und sie sollte zum Symbol des heldenhaften Widerstands der Stadt und auch des ganzen Landes gegen den Faschismus werden. Der Komponist wollte mit der Sinfonie »das Bild unseres umkämpften Landes erschaffen, es in die Musik eingravieren«. Einigen Interpreten seines Schaffens zufolge hatte Schostakowitsch die Sinfonie allerdings bereits vor dem Krieg konzipiert und darin zunächst den Terror gegen die eigene Bevölkerung innerhalb der Sowjetunion der Stalinzeit behandelt, sodass das sich Werk erst nach Beginn des Krieges mit einer weiteren Bedeutung auflud. Die Uraufführung fand am 5. März 1942 inKuibyschew statt, wohin Schostakowitsch evakuiert worden war. Daher wurde die Sinfonie, statt wie üblich von den Leningrader Philharmonikern unter Mrawinski, die sich zu diesem Zeitpunkt in Sibirien befanden, von dem ebenfalls nach Kuibyschew evakuierten Orchester des Bolschoi-Theaters unter der Leitung des Dirigenten Samuil Samossud gespielt, was Schostakowitsch zunächst mit Skepsis erfüllte. In einem in der Prawda am 29. März veröffentlichten Artikel bekräftigte der Komponist noch einmal den zutiefst patriotischen Impuls seiner Siebenten Sinfonie: »Ich widme meine Siebente Sinfonie unserem Kampf gegen den Faschismus, unserem bevorstehenden Sieg über den Feind und meiner Heimatstadt Leningrad.« Am 11. April wurde ihm schließlich der Stalinpreis für dieses Werk verliehen.
    Nach der Moskauer Erstaufführung am 29. März, bei der das Publikum trotz Fliegeralarms gebannt auf seinen Plätzen blieb, gelangte die Partitur auf einer abenteuerlichen Reise über Teheran und Kairo in den Westen, wo sie am 22. Juni zunächst in der Londoner Royal Albert Hall und schließlich am 19. Juli in New York unter der Leitung von
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