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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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Bedienungsanleitung, mein scharfsinniger Holmes?«
    »So ungefähr, Miss Sophie. Es ist die von Ihnen aufgegebene Anfrage bei einem berühmten New Yorker Kunstsammler.«
    »Und?«
    Deshalb also hatte sich Miss Sophie in den Funkraum geschlichen. Er hatte ja gleich geahnt, dass da etwas nicht stimmen konnte.
    »Ich habe die Kopie aus dem Funkraum. Sie fragen bei einem Sammler an, ob Interesse an der Mona Lisa besteht. Dem Bild, das auf mysteriöse Weise aus dem Pariser Louvre verschwand und hinter dem die gesamte Kunstwelt her ist wieder Teufel hinter dem Weihwasser.«
    »Und?«, sagte Miss Sophie. »Hat Ihnen das schlaflose Nächte bereitet?«
    »Sie haben sich in den Besitz dieses Bildes gebracht.«
    »Balgakov erwähnte die Mona Lisa. Ich habe es selbstverständlich nicht geglaubt, und da wollte ich mich informieren ...«
    »Miss Sophie, Sie wollten das Bild weiterverkaufen.«
    »Sie sollten Schriftsteller werden.«
    »Das Original-Telegramm, das sich in sicherer Verwahrung im Funkraum befindet, ist das Beweisstück. Nun, und mit dieser Perücke versuchte James uns einen höchst lebendigen Fürsten Andrej Balgakov vorzuspielen. Sie sind so etwas wie ein Verbrecherpärchen.«
    »Huch, mein Butler und ich ein Pärchen? Mr. Sherlock-Meyers!«
    »Lassen Sie die Scherze, Miss Sophie. Sie hatten ein Motiv, die Möglichkeiten, die Mittel und, nicht zu vergessen, die Gemütsverfassung, um diese schrecklichen Taten zu begehen.«
    Die hinter Finch-Meyers stehende Miss Sterlingtree hob die abgewetzte Lederjacke in die Höhe.
    »Auch das haben wir in der Kabine von James entdeckt. Unter der Matratze.«
    »Abenteuerliche Theorien«, sagte Miss Sophie.
    Finch-Meyers trommelte auf den Tisch.
    »Nun, wir werden den Leichnam von Andrej Balgakov finden, zumindest aber weitere Spuren. Wir werden es Ihnen Stück für Stück nachweisen, wir werden ...«
    »Untergehen, Mr. Finch-Meyers. Haben Sie eine Ahnung, wie tief das Meer hier ist?«
    Finch-Meyers wollte etwas sagen, bekam aber kein Wort heraus.
    »Wenn Sie uns jetzt bitte unsere Vorbereitungen abschließen lassen würden?«
    Miss Sophie reichte James ihren Umhang.
    »Ich fürchte, es geht ein frisches Lüftchen an Deck.«
    Miss Sophie warf Finch-Meyers die Kabinentür vor der Nase zu.
    »Wir werden uns wiedersehen, Miss Sophie«, sagte er durch die Tür.
    »Das ist ein Versprechen.«
    »Die Freude wird ganz die meine sein. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen?«
    Menschen hasteten durch die Gänge. Nur schnell an Deck, hinauf zu den Rettungsbooten. Einige trugen ihre eilig in Koffer gestopften Habseligkeiten bei sich, andere hatten lediglich einen Mantel über ihren Schlafanzug werfen können.
    Es musste gegen ein Uhr sein. Ein Kind schrie an der Hand seiner Mutter. Auch der junge Mann, der in der Hafenkneipe das Ticket beim Spiel gewonnen hatte, eilte mit seiner Freundin zum A-Deck. Seltsamerweise trug er Handschellen.
    Auf dem Boden der Gänge bildeten sich Pfützen.
    »Zum Deck geht es hier entlang, Miss Sophie.«
    James deutete auf einen Treppenaufgang.
    »James, unser Weg führt hinunter, tief hinunter.«
    »Aber Miss Sophie!«
    »Wir werden das arme Tier nicht einfach dem Atlantik überlassen.«
    »Sie wollen doch nicht allen Ernstes diese Katze aus ihrem Käfig lassen? Nach all dem Ärger ...«
    »James, wir wollen doch unsere britische Tugenden nicht vergessen. Haltung, James! Denken Sie an die glorreiche Geschichte des Empire. Noch geben wir das Spiel nicht verloren.«
    »Aber, Miss Sophie, wir sind hier nicht auf dem Schlachtfeld.«
    »Stimmt, hier geht es bedeutend feuchter zu. Man kann nicht alles haben.«
    »Wir sollten uns um einen Platz im Rettungsboot bemühen. Ich hörte diesen Generaldirektor Ismay sagen, dass bei Weitem nicht genügend Plätze vorhanden sind.«
    »James, glauben Sie im Ernst, ich werde mich mit dem Pöbel um ein Plätzchen im Rettungsboot zanken? Und außerdem ...«
    »Ja, Miss Sophie?«
    »Nun, diese beigen Rettungswesten harmonieren nicht im Geringsten mit der Farbe meines Mantels.«
    »Aber hier unten ...«
    »James, Gott ist mit dem Tüchtigen.«
    Im Frachtraum schaukelten ein paar Kisten im Wasser. Gurgelnde und ächzende Geräusche gab die Titanic von sich. Sie klingt wie ein großes sterbendes Tier, dachte James.
    Seltsamerweise funktionierte immer noch die elektrische Beleuchtung. Das Automobil hatte sich von seinen Tauen gelöst und stand nun in einer Pfütze. Gerade so, als wollte es gleich über das Wasser fahren.
    Der Tiger
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