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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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Erste Offizier verließ die Brücke.
    »Muss ich jetzt Angst haben, Kapitän?«
    »Sophie, hier bist du sicher wie in Abrahams Schoß. Dein Kapitän achtet auf dich. Und zum Dinner in New York sind wir auch pünktlich. Die Bande wird Augen machen, wenn wir schon am Dienstagabend einlaufen. Ich sollte telegrafisch einen Tisch bestellen.«
    »Aber damit ist die ganze Überraschung verdorben!«
    »Da hast du natürlich recht.«
    »Vielleicht können wir...«
    »Sophie, du machst mich glücklich.«
    »Allerdings, mein treuer Kapitän, brauche ich dazu deine Hilfe.«
    »Sophie, ich wäre imstande, für dich einen Mord zu begehen.«
     
* * *
     
    James schob die Flasche durch die Gitterstäbe und ließ den Whisky in den Trinknapf rinnen.
    »Szuumindest gehst du einem nich auf die Nerven«, sagte er und warf vier Fleischbrocken in das Gefäß. Der Tiger ließ seinen Schädel auf die Pfoten krachen.
    »Uneinen verdammten Stiefel kannss du auch ab, mein Freund. Wenn da nich dieses plüschi... plüschige Fell wär.«
    Der Tiger rülpste und legte sich der Länge nach vor den Napf.
    »Meinsdu nicht, du hällst ein Nicherchen... ein Niiich...ein Nisch, glaubst du nicht?«
    James winkte ab und nahm einen weiteren Schluck. Er prüfte den Pegel und zog eine neue Flasche aus dem Jackett. Das musste jetzt eins, zwei, drei vier ...
    »Hassu schon mal ... ich mein inner Steppe. Also, stelldieervor, da inner Steppe kommt eine Tijer, nein, eine Tijerin hinter dem nächssen Baum und zack ...«
    Der Tiger beobachtete James mit halb geöffneten Augen. Er schob eine Tatze durch das Gitter. Ein leises Röcheln drang aus seinem Bauch. James winkte ab.
    »Ich sage dir, lass die Finger von Fraun.«
    James kicherte und blickte dem Tiger tief in die Augen.
    »Besonners von Miss Sophie.«
    James brüllte vor Lachen. Er zog den Korken aus der nächsten Flasche Whisky. »Viel sus-zäh, der Zahn.«
    Ja, was für eine Schinderei. Da hatte er sich doch mal einen ordentlichen Schluck verdient. Tagaus, tagein Kleider aufbügeln, Wäsche ordnen und in die Schiffswäscherei bringen, anziehen, umziehen, und so ganz nebenbei dreimal am Tag servieren.
    »James, eine Rindsbouillon zur Stärkung bitte« und »James, vergessen Sie nicht meinen Fünfuhrtee«.
    James hier und James da. Wenn ihn nicht das Stampfen der Schiffsmotoren daran erinnern würde, er hätte glatt vergessen, dass er sich auf einem Schiff befand. Nur ab und an stahl er sich am Abend ein paar Minuten und schlenderte hinüber zum Tanzsaal in der dritten Klasse. Hier stank es nach Knoblauch und schlechtem Fusel, doch auf dem Parkett drehten sich die Kroaten, Iren und Schweden, die Russen, Italiener und Griechen zu ihren Tänzen.
    Sicher, reich waren diese Leute nicht, aber zumindest strahlten ihre Gesichter Fröhlichkeit aus. Kein Vergleich zu den versteinerten Visagen an den Tischen im Erste-Klasse-Restaurant.
    Geld zog die schlechte Laune an. Leute mit Geld hatten immer Angst, dass sie es verloren. Nein, das würde bei ihm ganz anders sein.
    »Proost, mein Freund. Wir nehm noch einen. Warum wissuverdammtes Vieh nich einschlafen? Du schnarchhs ein bisschen, unnnich hol das Bild und zack, alle sin glücklich.«
    James goss die halbe Flasche Whisky in den Napf. Der Tiger schlug die Augen auf und knurrte. James hatte das Gefühl, das warme Finger seine Augenlider herunterdrückten. Aus dem Dunkel löste sich eine Gestalt. Es war Mr. Oscar Smooth Gentle.
    »Nun, James?«
    »Das ... das kann nicht sein.«
    »James, das ist ein Traum.«
    »Ach so.«
    »Umso schlimmer«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Es war Dr.Breastsucker, der da auf ihn zutrat.
    »Ein Traum ist Wahrheit. Nur zu einer anderen Uhrzeit und in einem anderen Kleid.«
    »Aber ich habe die Leiter nicht weggezogen, ich ...«
    »James, das Feuer!«
    Fürst Andrej Balgakov, der am ganzen Körper erdig wie eine Kartoffel war, zog eine Lunte aus seinem Hosenschlitz und steckte sie in Brand.
    »Nun, James? Zählen wir bis drei?«
    James versuchte, das Feuer an der Lunte zu löschen, doch es war ganz kalt und glitt immer wieder durch seine Finger. Schleimig war die Lunte, wie ein Aal.
    Dr. Breastsucker kicherte.
    »Ach, der Ärmste hatte eine traumatische Kindheit.«
    Fürst Balgakov, Oscar Smooth Gentle und Dr. Breastsucker fassten sich an den Händen und drehten sich im Kreis.
    »Oh, wie gut, dass niemand weiß, dass ich James McMullen heiß«.
    Das Lied hatte ihm seine Mutter immer vorgesungen. Jedenfalls so ähnlich.
    Die Männer hatten
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