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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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stieß ein Wimmern aus. Er saß auf seinem Verschlag und legte die Ohren an den Kopf. Miss Sophie öffnete mit einem Schlüssel den Käfig.
    »Aber, Miss Sophie, er wird ...«
    »Ihm wird sicher nicht nach Fressen zumute sein. James, stellen Sie sich hinter mich.«
    Sie ging wirklich bis zum Äußersten. Der Tiger blickte ungläubig zur Tür und machte einen riesigen Satz. James perlte der Schweiß von der Stirn.
    »Wo Sie ihn so brav gefüttert haben, müssen Sie nichts befürchten«, flüsterte Miss Sophie.
    James dachte an die Stockhiebe, die er dem Tier versetzt hatte. Und an den Angelhaken. Hoffentlich war die Katze nicht nachtragend.
    Der Tiger schnüffelte an einer Kiste und trottete in Richtung des Treppenaufganges. Plötzlich blieb er stehen und blickte auf seine nasse vordere Pfote. Er schüttelte sie einmal kurz aus und patschte weiter.
    »Nun rasch hinein in die gute Stube«, sagte Miss Sophie.
    Mit ihrem Schirm stocherte sie im Stroh und durchsuchte den Verschlag.
    »Widerlich, dieser Geruch«, sagte sie und hielt sich ein Taschentuch vor das Gesicht.
    James schob den Fressnapf beiseite und hob den Autoreifen an, auf dem der Tiger gewöhnlich herumkaute.
    »Es muss hier sein. Ich habe gesehen, wie Andrej die Kiste hineingeschoben hat.«»
    Eine flache Kiste?«, fragte James.
    »Oh, Gott sei Dank, das ist sie, und ganz und gar unversehrt«, flötete Miss Sophie. Sie zog einen Schraubenzieher aus der Handtasche und hebelte den Deckel der Kiste auf.
    »Endlich sind wir ... mein Gott!«
    »Leer?«, fragte James.
    »James, ich muss doch nicht vermuten, dass Sie die Gelegenheit genutzt haben und ...«
    »Oh nein, Miss Sophie, niemals. Wie sollte ich an die Kiste kommen?«
    Laut krachend fiel die obere Luke am Treppenaufgang zu.
    »Und jetzt, James?«
    »Jetzt gehen wir unter, Miss Sophie.«
    »Ein wahres Wort, und so gelassen ausgesprochen. Hätten Sie die Liebenswürdigkeit, zumindest den Versuch einer selbstlosen Rettung in Erwägung zu ziehen?«
    James schob die vier riesigen Riegel auf und ließ die seitliche Ladeklappe herunter.
    »Was soll das?«
    »Langsam kommen lassen und Leine geben, links und rechts gleichzeitig.«
    Die Kommandos kamen von oben. Vor ihnen pendelte ein Rettungsboot. Außer den zwei Ruderern befanden sich nur Frauen darin. Eine der Damen hatte sich ein Tuch um den Kopf geschwungen, das James entschieden an eines der Nachthemden von Miss Sophie erinnerte.
    Auch Miss Sophie erkannte ihr Kleidungsstück.»Smith, du verdammter Feigling, Kapitän Edward J. Smith, komm sofort da raus.«
    Die beiden Ruderer sahen sich betroffen an. Die Frau mit dem seltsamen Kopftuch blickt zur Seite und schüttelte den Kopf.
    »Du bist hier der Kapitän und der Kapitän geht als Letzter von Bord ...«
    Smith zog das Kopftuch herunter.
    »Sophie, du verstehst das nicht. Dies ist eine Inspektion. Ich sehe nach, ob alle Rettungsboote in Ordnung sind und ...«
    »Du steigst jetzt aus. Und zwar augenblicklich.«
    Das Boot stoppte vor der Luke, und der Kapitän blickt flehentlich nach oben zu den Matrosen. Kopfschüttelnd kletterte er in den Frachtraum.
    Unter dem Mantel verbarg er einen großen eckigen Gegenstand. Draußen wurde das Boot weiter heruntergelassen. Miss Sophie schlug Kapitän Smith ihre Handtasche über den Kopf.
    »Du verdammter Feigling. Du hast dich also mit meinem Bild aus dem Staub machen wollen. Und ich habe dir vertraut.«
    »Aber, Sophie, das ist ein Missverständnis, wie kommst du darauf? Ich wollte es für uns in Sicherheit bringen.«
    »Für uns!«
    Miss Sophie riss ihm die Kiste aus der Hand und hebelte sie in Windeseile auf. Sie griff hinein.
    »Auch leer«, sagte sie und blitzte ihn an.
    »Wie, leer?«
    Kapitän Smith wühlte in der Holzwolle.
    »Sophie-Täubchen, ich schwöre dir, ich hatte noch keine Gelegenheit nachzusehen. Ich habe die Kisten nur ausgetauscht. Die Ereignisse überstürzen sich, nicht wahr?«
    Miss Sophie atmete tief durch. Das Schiff legte sich weiter in Schieflage.
    »Nun, man muss wissen, wann man eine Partie verloren geben muss. Die Schlacht ist verloren, der Krieg geht weiter.«
    »Dieser Balgakov...«
    »Hatte vielleicht gar kein Bild«, sagte Miss Sophie und stemmte die Arme in die Hüften.
    »Was tust du?«
    Kapitän Smith schluckte.
    »Ich?«
    »Warum bist du nicht auf deiner verdammten Brücke?«
    »Aber, Sophie, was soll ich denn auf der Brücke? Das Schiff fährt doch gar nicht.«
    Der Kapitän grinste schief. Als er sah, wie Miss Sophie mit ihrer
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