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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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da kann man noch ein paar Kohlen ins Feuer werfen?«
    »Nicht, solange ich Kapitän bin, wir haben Eiswarnungen.«
    »Gibt es keine Möglichkeit?«
    »Im Moment leider ausgeschlossen«, sagte Smith.
    »Und was ist mit unseren Passagieren?«
    »Alles bestens, soweit ich weiß, Sir«, sagte der Kapitän.
    »Und unsere ... äh, nun unsere schwierigen Gäste?«, fragte Bruce Ismay.
    »Ich habe besondere Arrangements getroffen und kümmere mich persönlich darum, dass niemand unseren Millionären in die Suppe spuckt.«
    »Die Titanic, das ist die Welt im Kleinen, lieber Smith. Das ist Liebe, Hass, Neid und Leidenschaft.«
    »O ja, große Gefühle, Sir.«
    »Sicher, Käpt’n. Wo wir gerade dabei sind, was ist mit diesem Professor aus Wien?«
    »Der kämpft mit dieser neumodischen Krankheit, die er gerade erst erfunden hat. ›Neurose‹ heißt das wohl. Er zieht es vor, in seiner Kabine zu speisen und ab und an über die Privatpromenade zu spazieren. Sein Assistent allerdings, dieser Dr. Breastsucker...«
    »Verschonen Sie mich mit Einzelheiten, und denken Sie daran, New York erwartet uns sehnsuchtsvoll. Und je eher ...«
    »Ich gebe mein Bestes, Sir. Und ...«
    »Ja, Smith?«
    »Es empfiehlt sich, ein paar Ferngläser für die Leute im Ausguck anzuschaffen.«
    »Ich werde daran denken. In New York.«
     
 * * *
     
    »James, wo ist das Fischbein, wo sind meine Korsetts?«
    »Ich bin untröstlich, Miss Sophie.«
    »James, ich bestehe darauf, dass Sie mir auf der Stelle mein persönliches Hab und Gut herbeischaffen.«
    »Ich fürchte, der Koffer liegt auf dem Grunde des Hafenbeckens von Southampton, Miss Sophie.«
    »James, ich werde Ihnen den Verlust in Rechnung stellen. Auf Pfund und Penny.«
    Miss Sophie zog ein malvenfarbenes Notizbuch aus der Schublade ihres Schreibtisches und notierte ein paar Zahlen.
    Sollte die alte Kuh in Rechnung stellen, was sie wollte. Das würde er leicht mit ein paar Nuggets begleichen. Er hatte ganz andere Sorgen. Hoffentlich holte er sich keine Lungenentzündung. Die würden ihn mit Fieber in New York womöglich gar nicht an Land lassen. Und auch die Weiterreise nach Kanada wäre gefährdet.
    Er musste raus aus diesem klatschnassen Frack. Allein das schmatzende Geräusch, das aus seinen Schuhen drang! Direkt furchterregend.
    James verließ die Kabine und stieg hinab zu den Kohlenbunkern. Da unten wurde Dampf erzeugt, und wo es Dampf gab, da war schließlich auch Wärme. Da sollte mal keiner sagen, dass er sich nicht zu helfen wusste.
    James patschte über die Privatpromenade für die Salonsuiten. Eine Zofe sah ihn strafend an und verschwand kopfschüttelnd in einer der Luxuskabinen. Wahrscheinlich ve-mutete sie, dass er einem dringenden Bedürfnis nicht hatte standhalten können. Nicht nur das schmatzende Geräusch war unangenehm, sicher hinterließ er auch Spuren auf dem Teakholz!
    Er blickte sich um. Niemand zu sehen. Diese reichen Schnösel waren damit beschäftigt, ihren Domestiken Anweisungen zu geben, wie sie die gewaltigen Schrankkoffer auszuräumen hatten.
    Die Promenade war durch ein Dach geschützt, und die Wände waren vertäfelt. Noch unberührt standen die Korbstühlein Reih und Glied, warteten auf die ersten Gäste.
    Hinter den großen viereckigen Fenstern, die eher an die Fassaden von Wochenendhäusern als an Suiten auf einem Ozeandampfer erinnerten, gingen Hausmädchen und Butler ihren Herrschaften zur Hand.
    »Und gehen Sie wohl mit Prinz Albert ein wenig Gassi, ja?«
    »Sehr wohl, Gnädigste. Aber wo ...«
    »Nun, ich glaube, dafür ist die Promenade der dritten Klasse vorgesehen«, sagte eine rauchige Frauenstimme.
    Das war typisch. Die Hunde dieser reichen Nichtsnutze durften sich in der dritten Klasse ausscheißen! Da rackerte man sich den ganzen Tag für diese Herrschaften ab und dann rutschte man bei der nächsten unachtsamen Bewegung auch noch auf einem dampfenden Haufen von »Prinz Albert« aus!
    James streifte seine Schuhe ab. Fehlte noch, dass die patschenden Geräusche die Neugier dieser Leute weckten und er erklären musste, warum er wie ein begossener Pudel über das Schiffsdeck schlich.
    Am Ende der Promenade pendelte eines der Rettungsboote in der dafür vorgesehenen Halterung. James glaubte, ein leichtes Schaukeln bemerkt zu haben, aber wie sollte das möglich sein? Der Atlantik war außergewöhnlich ruhig und der Fahrtwind hier, in diesem Teil des Schiffes, nicht zu spüren.
    Die Plane des Bootes wölbte sich und aus dem Innern drang ein dumpfes Fluchen.
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