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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic
Autoren: Michael Koglin
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baumelten herunter und James brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff.
    »Um Himmels willen, Sir, eine Höllenmaschine.«
    »Das will ich meinen. James, das sind die Schnüre zur Ewigkeit. Wenn ich ein blaues Kabel und ein weißes Kabel zusammenbringe, dann ...«
    »Dann?«
    »Bums.«
    »Bums?«
    »Aus mit der schönen Titanic. Und diese ganze Ausbeuterbrut macht sich endlich nützlich. Als Fischfutter.«
    »Und die Passagiere der dritten Klasse, die ...«
    »Die Revolution wird ihnen ein ehrendes Andenken bewahren.«
    James schluckte.
    »Aber ich habe nicht vor, dieses schöne Schiff jetzt in die Luft zu jagen. Diese Bombe ist so eine Art Versicherung. Ich rate dir, das Maul zu halten. Schon im Dienste deiner Klasse.«
    »O ja ... ich meine, geht klar, Sir. Ich werde schweigen wie ein Grab.«
    »Wenn nicht, darfst du alles haarklein den Fischen erzählen.«
    Der Russe lachte. James hob die rechte Hand und ballte sie zur Faust. Das war so eine Art Gruß unter diesen Verrückten. Ein Erkennungszeichen. So hatte er es jedenfalls auf einem Zeitungsfoto gesehen.
    Auch der Russe ballte die Fäuste.
    »James McMullen, ich werde dich im Auge behalten.«
    »O, ja, Sir. Ich bitte darum.«
    Höchste Zeit, dass er hier verschwand und nach Miss Sophie sah. Wer wusste schon, wozu die imstande war, wenn ihr Magenknurren lauter wurde. Noch mehr Schwierigkeiten konnte er an diesem ersten Tag wirklich nicht gebrauchen. Da musste sein klammer Frack eben warten.
    Balgakov entließ ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung.
    James eilte über das hintere Welldeck zu den vorn gelegenen Kabinen der ersten Klasse. Miss Sophie erwartete, dass er sie heute persönlich in den Speisesaal begleitete. Er hoffte nur, dass die Köche seinen Servierwagen korrekt bestückt hatten.
    Bug–Aufgang zum Speisesaal der zweiten Klasse – Rauchsalon der ersten Klasse – Aussichtsdeck dritte Klasse – Gesellschaftsraum erste Klasse.
    Wer kannte sich im Schilder-Durcheinander dieses Riesenschiffes schon aus? Das Gewirr der Gänge, Treppenhäuser und Fahrstühle machte ihn ganz schwindlig. Am besten, er ging auf Deck und suchte von dort den Weg zu den Kabinen der ersten Klasse.
    Am dritten Schornstein rechts herum und dann die Treppe hinunter. In den Gängen hier unten wusste man ja nicht einmal mehr, wo vorn oder hinten war.
     
    * * *
     
    James öffnete die Tür zum Verandacafé mit dem Palmengarten. An den Tischen schlürften Passagiere Rinderbouillon oder Kaffee. Einige waren auffällig blass.
    James hatte das Café zur Hälfte durchquert, als er die beiden plötzlich bemerkte. Am Tisch direkt neben dem überladenen Buffet saßen tatsächlich Miss Sophie und dieser Kapitän Smith bei einer Tasse Tee!
    Wieso kümmerte sich der Kapitän in dieser Weise um Miss Sophie? Steckte hinter all ihrem Getue womöglich doch ein wirklich bedeutendes Mitglied der Gesellschaft? Er drückte sich hinter eine Palme und schob das Ohr durch das Grün.
    »Wir werden also diese Herrschaften mit Ihrem Einverständnis um diesen Tisch versammeln, damit die anderen Passagiere ...«
    »Das habe ich ja nun verstanden«, sagte Miss Sophie.
    »Es scheinen hier auf der Titanic Sitten um sich zu greifen, wie sie wohl nur auf Borneo üblich sind. Was gehen mich diese ...?«
    »Miss Sophie, darf ich Sie an den Ihnen gewährten Preisnachlass für die Erste-Klasse-Kabine erinnern und an die Zusage Ihrer Kooperation?«
    Miss Sophie legte ihre Hand auf seinen Arm und lächelte ihm kokett zu.
    »Unter dieser Zusammenarbeit habe ich mir eigentlich etwas ganz anderes erhofft.«
    Kapitän Smith räusperte sich und zog den Arm zurück.
    »Selbstverständlich werde ich Ihnen diesen Gefallen tun, auch wenn ich mir unter dem unerschrockenen Charakter eines so erfahrenen Seemannes etwas anderes vorgestellt habe«, sagte Miss Sophie.
    »Das ist eine Idee der Verantwortlichen bei der White Star Line, ich zähle da auf Ihr Verständnis.«
    »James wird sich darum kümmern, dass die guten Manieren nicht vollkommen über Bord gehen.«
    James stockte der Atem. Da hatte er auf eine ruhige Überfahrt gehofft, und nun konnte er Kindermädchen für ein paar durchgedrehte Zeitgenossen spielen. Und alles ohne Bezahlung!
    »Er wird servieren?«
    »Sicher, er wird vorlegen. Allerdings wäre ich bei all der Aufregung über eine zusätzliche kleine Entspannung überaus dankbar.«
    Kapitän Smith zog die Brauen hoch, zupfte an seinem Kragen und beugte sich zu ihr hinüber.
    »Teuerster Kapitän Smith, es geht um
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