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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12
Autoren: Robert Silverberg
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Kabine neben der Kombüse zu. Sie hatte als einzige ein Doppelbett und ein ausnehmend großes Bullauge, das zu romantischen Betrachtungen des Weltraums reizte. Die Kabine hatte drei Jahre leer gestanden, und Eva begann sofort, sie zu verschönern. Am Abend des ersten Tages lud sie den Captain und mich ein, ihr Werk zu bewundern.
    Sie hatte Chintzvorhänge aufgehängt und sich ein paar Topfpflanzen verschafft, und jetzt sah der Raum freundlich und bunt aus. Ich lächelte dem Captain zu, er lächelte mir zu. Offenbar hatten wir mit Eva einen guten Fang gemacht.
    Auf Militärschiffen bestand das ungeschriebene Gesetz, in den ersten achtundvierzig Stunden Nullraumzeit das Mannschaftsmädchen nicht anzufordern. Zum Teil ist das eine Frage des guten Geschmacks, zum anderen aber ist in den ersten achtundvierzig Stunden jedes Besatzungsmitglied vollauf damit beschäftigt, das Schiff in die gewünschte Bahn zu bringen. Die Mannschaft eines Zerstörers ist ein präzise funktionierender Apparat. Da ist kein Mann zuviel an Bord.
    Ich wanderte durchs Schiff, unterhielt mich mit den Männern und hielt die Augen für eventuelle Anzeichen einer psychischen Belastung offen. Die kann sich nämlich auf einem Raumschiff tödlich auswirken. Die Nullraumfahrt erfordert detaillierteste Berechnungen und Reaktionen. Wer nicht uneingeschränkt bei der Sache ist, kann sich um eine Zehntelsekunde irren und alle aus dem Nullraum in den flammenden Kern der Sonne schießen.
    Aus diesem Grund führt jedes Raumschiff seinen Psycho-Offizier mit. Und eines der wertvollsten Hilfsmittel des Psychologen – nein, nicht eines davon, sondern das wertvollste schlechthin – zur Verminderung der seelischen Belastung auf dem Schiff ist das Mannschaftsmädchen. Nicht umsonst schreibt man der Frau ausgleichenden Einfluß zu.
    Früher gab es keine Mannschaftsmädchen. Damals war die Raumfahrt Männersache, besonders angesichts der 30prozentigen Unfallsrate. Dann aber untersuchten Psychologen die seelischen Belastungen der Raumfahrer und erkannten, daß sie zum Großteil auf sexuelle Not zurückzuführen waren. Sperrt man eine Gruppe Männer acht bis zwölf Monate in eine Blechkapsel, ohne daß sie irgendwo mal landen können, dann werden sie sehr bald aggressiv und unverläßlich. Deshalb wurde der Befehl erlassen, Mannschaftsmädchen an Bord zu nehmen.
    Am Ende des zweiten Tages bemerkte ich, daß zwei Mann unruhig wurden. Ich besaß zwar einen großen Vorrat an Beruhigungsmitteln, aber die beste Entspannung bietet eben immer noch eine zärtliche Frau. Ich schlug ihnen daher vor, für Dienstablösung zu sorgen und sich mit unserem neuen Mannschaftsmädchen bekannt zu machen.
    Insgesamt hatten sich drei Interessenten eingefunden – Cafuzzi, Leonards und Marshall. Da sie sich nicht über die Reihenfolge einigen konnten, schlug ich ihnen vor zu würfeln. Marshall gewann. Er grinste, tippte sein Dienstfrei-Signal in den Computer und stieg über die Kajütentreppe zur chintzgeschmückten Kabine des Mannschaftsmädchens.
    Fünf Minuten später war er bereits wieder zurück, während ich noch mit Leonards und Cafuzzi alberte und versuchte, ihnen über die erste Nervosität hinwegzuhelfen. In etwa einer Stunde stand uns ein schwieriger Kongruenzdurchgang bevor, und ich wußte, daß sie Lampenfieber hatten.
    »Da kommt Marshall«, sagte Cafuzzi plötzlich.
    »Ja, der gute alte Schnellfeuer-Marshall«, sagte Leonards.
    Ich drehte mich um. »Alle Achtung, das ging aber flott, Leo. Expreßzug, wie?«
    Er grinste verlegen. »Tut mir leid, Kameraden, aber ich kam nicht zum Zug. Sie fühlt sich heute nicht danach, hat sie gesagt. Leidet angeblich unter Raumfieber.«
    Seine Worte hätten mir einen Schreck einjagen sollen. Aber da ich weder wagte, mir ernste Schwierigkeiten vorzustellen, noch an meiner Menschenkenntnis zu zweifeln, und vor allem, weil ich die Männer nicht beunruhigen wollte, sagte ich bloß: »Dann werde ich mal den Doktor zu ihr schicken. Wir wollen doch nicht, daß sie uns krank wird, wie?«
    Eine halbe Stunde später saß ich in meiner Kabine und studierte die psychologischen Gutachten über die Besatzungsmitglieder, als meine Sprechanlage summte. Ich schaltete sie ein. Es war Tolbertson, der Schiffsarzt.
    »Harp, ich habe mir eben Ihr Mannschaftsmädchen angesehen. Die mit dem Raumfieber.«
    »Wie geht es ihr? Besser, hoffe ich.«
    »Sie hat eine völlig neue Art von Raumfieber entwickelt. Eines ohne alle Symptome. Der Diagnostat konnte nichts
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