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Dieses unendliche Verlangen

Dieses unendliche Verlangen

Titel: Dieses unendliche Verlangen
Autoren: Cathie Linz
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arbeitslose Frau, die vor der Hochzeit davonlief, musste ja verrückt und wild wirken. “Das darfst du”, versicherte sie ihrem Spiegelbild.
    Von der anderen Seite der Tür hörte sie wieder Bucks Stimme. “Sie redet da drinnen mit sich selbst. Vielleicht solltest du mal nach ihr sehen.”
    “Es geht mir gut”, rief Tracy. “Ich komme sofort.”
    Erst nach mehreren Versuchen gelang es ihr, den Riegel an der Tür zurückzuschieben. Er stammte wahrscheinlich noch aus dem neunzehnten Jahrhundert. Als sie schon aufgeben wollte, gab er endlich nach, und sie wäre fast in den Flur hinausgetaumelt, wo Zane und sein Vater auf sie warteten.
    Sie bemühte sich, wenigstens den Rest ihrer Würde aufrechtzuerhalten. “Ich denke, ich werde mich jetzt ausruhen, falls es Ihnen nichts ausmacht. Es war eine lange Fahrt.”
    “Ich bringe Sie zu Ihrem Zimmer.” Zane hatte bereits zwei ihrer Taschen in den Händen. Sein nasses Hemd deutete darauf hin, dass er draußen gewesen war, um sie aus ihrem Auto zu holen, das sie nicht abgeschlossen hatte.
    “Danke.” Tracy folgte ihm die Treppe hinauf. Jede Stufe knarrte. Zane war zwei Stufen über ihr, sodass sich sein mit Jeansstoff bedeckter Po ungefähr in ihrer Augenhöhe befand. Seine Jeans saß wie eine zweite Haut. Er hatte eine schlanke Taille, schmale Hüften und lange Beine … nicht, dass Tracy auf solche Dinge geachtet hätte. Das tat sie nicht mehr. Aber ihr fiel doch unwillkürlich auf, dass er sich ungefähr so schnell und geschmeidig bewegte wie die Männer in “Bonanza”.
    Und das musste sie ja wissen. Immerhin hatte sie jede einzelne Folge dieser Serie gesehen. Sie hatte immer den geheimen Traum gehabt, einmal auf einer Ranch zu leben, und während der langen Fahrt hierher hatte sie überlegt, ob Dennis’ Betrug vielleicht der Weg war, den das Schicksal gewählt hatte, um ihr diesen Traum zu erfüllen. Sie hoffte bloß, dass sich dieser Traum nicht genauso zum Albtraum entwickeln würde wie Pläne, die sie für ihr Leben mit Dennis gehabt hatte.
    “Das Quartier der Haushälterin wird gerade renoviert. Also müssen Sie die nächsten paar Tage im Gästezimmer wohnen.” Zane stieß die Tür mit dem Fuß auf.
    Das Bett war groß und sah bequem aus, obwohl es alt war. Es lag eine dicke, kunstvoll gesteppte Decke drauf. Außerdem gab es einen Nachttisch, eine Kommode und einen Stuhl. Es war nicht gerade das
Ritz
, würde aber genügen.
    Zane stellte die kleinere Tasche aufs Bett, das daraufhin knarrte. Tracy dachte voller Sehnsucht an ihre eigene teure Matratze, die sie in einem Lager in Chicago untergebracht hatte. “Gibt es eine Badewanne?”, fragte sie.
    “Sicher. Aber der Boiler funktioniert zurzeit nicht. Tut mir leid. Morgen früh müsste er wieder gehen.”
    “Das ist schon okay”, murmelte Tracy und gab die Hoffnung auf ein heißes Bad auf.
    “Ich drehe die Heizung auf. Falls Sie keine weiteren Fragen haben, lasse ich Sie jetzt schlafen. Wir stehen hier früh auf. Frühstück gibt es um halb sechs.”
    “Gut.” Tracy gähnte und hörte gar nicht richtig hin. “Wir sehen uns dann.”
    “Die Küche befindet sich im hinteren Teil des Hauses”, fügte Zane hinzu. “Sie können sie nicht verfehlen.”
    “Hm. Gute Nacht.”
    Als sie Zane die Tür vor der Nase zumachte, sah sie als Letztes seine Augen. Endlich war sie nahe genug, um die Farbe zu erkennen. Sie waren blau.
    Tracy träumte, dass sie von den sanften Wellen der Karibik geschaukelt wurde. Sie und Dennis waren in den Flitterwochen. Sie hatten den Strand ganz für sich. Das Meer wurde rauer. Ein Sturm zog auf. Sie konnte den Donner hören.
    “Aufwachen!”, brüllte er.
    Sie versuchte etwas zu rufen, aber es ging nicht.
    “Aufwachen!”
    Tracy öffnete die Augen, sah den Mann vor sich und schrie auf.
    Hinterher wusste sie nicht, wer von ihnen sich mehr erschreckt hatte.
    “Verdammt, Sie haben mich zehn Jahre meines Lebens gekostet”, beschwerte sich der Mann und wich so hastig zurück, dass ihm der Hut vom Kopf flog. “Ich habe doch nur versucht, Sie zu wecken. Sie hätten das Frühstück schon vor zehn Minuten fertig haben müssen. Da unten warten hungrige Rancharbeiter.” Er hob seinen Hut auf.
    Tracy blinzelte verwirrt. Wo war sie?
    Dann fiel ihr alles wieder ein. Sie war auf einer Ranch in Colorado. Ihre Tante hatte behauptet, das wäre für sie der perfekte Ort, um sich von dem Schlamassel zu erholen, zu dem sich ihr Leben entwickelt hatte. Aber niemand konnte sich zu einer so
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