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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich
Autoren: Marcia Muller
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konnte ich ihm sogar wieder eine Stelle
als »Türwächter« verschaffen. Damit könnte er seine kleine Erbschaft aufbessern
und etwas »Biergeld« dazuverdienen.
    Da ich keine Aufmerksamkeit auf mich
lenken wollte, verkroch ich mich in meinem MG und wartete darauf, daß die
Polizei wegfuhr. In der Zwischenzeit überlegte ich mir, wie ich weiter vorgehen
sollte. Ich hätte gerne mit Bob gesprochen, um sicherzugehen, daß ich Gerrys
Aussage richtig interpretierte. Aber nun blieb mir nichts anderes übrig, als
davon auszugehen, daß meine Annahme stimmte. Außerdem glaubte ich nicht, daß
irgend jemand in diesem Fall in unmittelbarer Gefahr schwebte...
    Oder vielleicht doch? Ich dachte an
meine Gespräche mit Irene und Gerry und an das Gespräch mit Lindy und Betsy.
Und dann erkannte ich die drohende Gefahr.
    Die Polizei war weg. Ich steckte meinen
Revolver in die Tasche und ließ den Motor an.
    Über dem Flachland lag der Nebel
regungslos und schwer; in Ashbury Heights wehte der Wind in heftigen,
unregelmäßigen Böen und wirbelte die Nebelschwaden auf. Mein kleines Auto
schwankte in den Auf- und Abwinden. Als ich die Scheibenwischer einschaltete,
verschmierten sie mir die Scheibe. Ich mußte langsam fahren, bis die Sicht
wieder klar war.
    Ich bog in die Sackgasse, wo die
Cushmans wohnten, ab und parkte an der Ecke. Ich wollte zu Fuß zu den
»Schlössern« gehen und, wenn alles in Ordnung zu sein schien, zum Auto
zurückkehren und Wache halten. Vielleicht würde ja heute nacht überhaupt nichts
passieren, aber ich wollte sichergehen. Ich fühlte mich auf unlogische Weise an
Frank Wilkonsons Tod mitschuldig und wollte sicher sein, daß niemandem sonst
etwas zustoße.
    Als ich aus dem Auto stieg, fröstelte
ich im Wind. Nebel, oder besser gesagt winzige Wassertropfen, legten sich aufs
Gesicht und hängten sich an die Wimpern. Ich schlug meinen Jackenkragen hoch
und ging die Sackgasse hinunter.
    Es war sehr dunkel hier. In den Häusern
auf beiden Seiten leuchteten nur wenige Lichter. Ihr Schein war schwach und
wurde von den schwankenden Ästen der Bäume noch verdunkelt. Vor mir ragten die
Türmchen auf, von rötlichen Sicherheitsleuchten erhellt. Die Blätter der
Pappeln zitterten und bebten wie kleine Fähnchen; einige flogen durch die Luft
und eines hing feucht an meinem Ärmel. Ich atmete den säuerlichen Geruch der
Eukalyptusbäume, der durch die Feuchtigkeit noch verstärkt wurde.
    Einige Autos parkten zu beiden Seiten
der Straße: ein schnittiges Sportauto, zwei Sedans und neben der Mauer ein
schäbiger japanischer Kombiwagen. Ich wollte ihn gerade genauer betrachten, als
ich ein Summen hörte.
    Das Geräusch verstummte. Ich wartete
mit gespitzten Ohren. Dann erklang es wieder: das Summen der Schließanlage am
Haupteingang. Ich spähte hinüber, aber ich konnte nicht sehen, wer eingelassen
wurde. Ich sah nur die steilen Schieferdächer der Türmchen in einem rötlichen
Licht. Das Tor der Einfahrt wurde geschlossen.
    Ich ging zu der mit Efeu bewachsenen
Mauer hinüber. Die Absätze meiner Stiefel sanken in der feuchten Erde ein. Der
Eukalyptusgeruch war nun sehr stark und etwas unangenehm; um mich herum
seufzten und ächzten die Bäume. Mein Haar klebte mir am Rücken; meine Hände
waren kalt und klamm. Ich bewegte die Finger, während ich zum Tor ging.
    Auf halbem Weg hörte ich einen Schlag.
Ich zuckte zusammen, entspannte mich aber, als ich merkte, daß es nur das Tor
war, das vom Wind in seine Angeln geworfen wurde. Ich schlich mich hinüber und
spähte auf die Anlage.
    Die wirbelnden Nebelschwaden waren so
dicht, daß ich die Wegkurve kaum sehen konnte. Tote Blätter raschelten auf dem
Boden. Niemand war zu sehen.
    Ich trat durch das Tor, mit der Hand in
der Tasche; meine Finger schlossen sich um den Griff des Revolvers. Die
Schieferplatten waren rutschig. Ich glitt aus, fing mich wieder und ging neben
dem Weg auf der festgetretenen Erde weiter.
    Auf dem Anwesen selbst war die Sicht
besser als auf der Straße, aber die Nebelschwaden täuschten meine Augen. Einen
Augenblick glaubte ich, daß jemand ein paar Meter vor mir auf dem Weg stünde;
dann sah ich, daß der Weg in die andere Richtung abbog und daß ich einen
Strauch anschaute. Ein vom Wind zerzaustes Gewächs hielt ich für eine Katze,
ich glaubte Schritte zu hören, konnte aber nicht feststellen, woher sie kamen.
Dann verlief ich mich, stolperte in den Eukalyptushain und verlor die Türmchen
aus den Augen. Ich fiel beinahe über Wurzeln und schlug mir
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