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Diebin der Nacht

Diebin der Nacht

Titel: Diebin der Nacht
Autoren: Meagan McKinney
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gehen, sondern wie Mondstrahlen über einen sanften See zu gleiten.

Epilog
    November 1883
    Trevor Sheridan beugte sich in seinem gepolsterten Lehnstuhl aus Nussbaumholz vor und legte beide Unterarme auf den Schreibtisch, um eine sauber getippte Nachricht zu lesen, die auf seiner Schreibunterlage lag. Diese war zwei Tage zuvor in seiner internen Bürokorrespondenz aufgetaucht. Der Verfasser war einer seiner besten Büroangestellten, ein Mann, der sieben Jahre zuvor als Botenjunge bei der Firma angefangen und seitdem beispielhafte Arbeitsleistung erbracht hatte.
    Sehr geehrter Herr, vor ein paar Monaten ist eine junge Frau in unsere Büroräume gekommen, um Nachforschungen anzustellen über eine mögliche Verbindung zwischen ihr selbst und der Sheridan- oder Granville-Ahnenreihe. Ich erwähne das erst jetzt, da ich kürzlich eine Fotografie von Rafe Bellochs neuer Ehefrau in der Times gesehen habe. Ich könnte schwören, dass sie dieselbe Frau ist, die in unser Büro gekommen war.
    Ein oder zwei andere Angestellte, die an jenem Tag ebenfalls dort waren, haben das Gleiche bemerkt. Ich sah es als meine Pflicht an, Ihnen das mitzuteilen, Sir, denn sie behauptete, irgendeinen Brief zu haben, und ich dachte, Sie könnten diesen vielleicht sehen wollen.
    Mit freundlichen Grüßen Nathan Winkler
    Während Sheridan die Nachricht zu Ende las und sie dann wieder zusammenfaltete, hörte er Schritte im Korridor vor der offenen Tür seines Büros im zweiten Stockwerk des Commerce Building. Er schaute auf und sah Rafe und Mystere Beiloch in der Tür stehen.
    »Kommen Sie herein, kommen Sie bitte herein«, begrüßte er sie und erhob sich, als die beiden den Raum betraten. Er wies auf zwei geschnitzte, vergoldete Louis-XVI-Armsessel vor seinem Schreibtisch. »Bitte nehmen Sie doch Platz. Ich bin froh, dass Sie sich bereit erklärt haben zu kommen.«
    Seine beiläufige Begrüßung erschien Mystere irgendwie gezwungen, als wäre Höflichkeit seiner Natur fremd. Eine Seite von Sheridans Mund verzog sich zu etwas, das man den Ansatz eines Lächelns hätte nennen können. Aber genauso gut, dachte sie, kann das auch ein Ausdruck von Missmut sein.
    Dies war der Tag, an dem sie tatsächlich kennen lernte, und Trevor Sheridan war ihr auf Anhieb unsympathisch. Seine grimmige Härte und Unerbittlichkeit war auf kurze Entfernung hin noch deutlicher erkennbar, und sie sagte sich, dass »das Raubtier« ein passender Name für ihn war - wenn man ersten Eindrücken trauen konnte. Sie erinnerte sich jedoch daran, wie sie ihren eigenen Ehemann ebenfalls zunächst nicht hatte leiden können, eine Abneigung, die sich inzwischen zu einer leidenschaftlichen Liebe entwickelt hatte.
    »Ich muss zugeben«, begann sie ein wenig nervös, »dass ich seit Ihrem Anruf vor Neugierde beinahe geplatzt wäre, Mr. Sheridan.«
    »Genauso wie ich, Mrs. Belloch, da ich erst verspätet von Ihrem Besuch erfahren habe. Dankenswerterweise hat ein scharfsinniger Angestellter mir darüber Bericht erstattet, nachdem er erkannte, wer sie gewesen waren.«
    Trotz ihrer brennenden Neugierde konnte Mystere nicht umhin, bei der Erinnerung an diesen Tag empört die Stirn zu runzeln; oder über sein indirektes Eingeständnis, dass nur Frauen von gesellschaftlichem Rang ernsthaft Beachtung verdienten.
    »Der Empfang, den ich von Ihren Büroangestellten erfahren habe, Mr. Sheridan, wäre nicht einmal eines Mörders würdig gewesen.«
    Er erhob seine Hände von der Schreibunterlage und öffnete sie in einer hilflosen kleinen Geste. »Entschuldigen Sie uns, Mrs. Belloch, wenn wir hier eine zynische kleine Bruderschaft geworden sind. Ich bin kein gutes Vorbild für meine Untergebenen, das gebe ich zu, aber Sie müssen wissen, dass die Geschichten, die wir erzählt bekommen, sich nur allzu sehr ähneln, ihre eingeschlossen, soweit ich darüber informiert bin.«
    »Ja gut, das tut jetzt nichts zur Sache«, mischte Rafe - ganz der Geschäftsmann und gewohnt, das Kommando zu übernehmen - sich ungeduldig ein. »Schauen Sie sich lieber den Brief an.«
    Mit zitternden Händen öffnete Mystere den silbernen Verschluss ihrer Handtasche und dann den schützenden Gamslederbeutel, der den Brief enthielt. Sie holte das Stück Briefpapier heraus und achtete beim Entfalten besonders darauf, es nicht noch mehr zu beschädigen.
    »Der Brief ist irgendwann vor langer Zeit nass geworden, und dadurch ist die Tinte nun verschwommen,« erklärte sie. »Zum Ende hin wird er unlesbar, einschließlich der
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