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Die zweite Haut

Die zweite Haut

Titel: Die zweite Haut
Autoren: Dean R. Koontz
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ist. Daran erinnern kann ich mich nicht. Und es ist unheimlich. Sieben unheimliche Minuten.«
    Er spürte, wie ihr Körper erstarrte, als ihr klar wurde, daß es sich nicht um einen komplexen Scherz handelte. Als er die Augen aufschlug, stellte er fest, daß das verspielte Lächeln verschwunden war.
    »Vielleicht gibt es eine Erklärung«, sagte er. »Vielleicht besteht kein Grund zur Beunruhigung. Aber ich habe Angst, Paige. Ich komme mir dumm vor, als sollte ich einfach die Achseln zucken und es vergessen, aber ich habe Angst.«

6
    In Kansas City poliert ein kalter Wind die Nacht, bis der Himmel eine endlose Platte klaren Kristalls zu sein scheint, in der die Sterne schweben und hinter der ein endloser Stausee der Dunkelheit lauert.
    Unter dieser gewaltigen Last von Raum und Schwärze duckt sich die Blue Life Lounge wie eine Forschungsstation auf den Grund eines Meeresgrabens, die unter Druck steht, damit sie nicht implodiert. Die Fassade ist mit einer glänzenden Aluminiumfolie verkleidet, die an die Transportwagen von Airstream und Autobahnraststätten der fünfziger Jahre erinnert. Blaues und grünes Neon buchstabiert den Namen in einer geschwungenen Schrift und beleuchtet das Gebäude; es schimmert im Aluminium und lockt so unwiderstehlich wie die Lampen Neptuns.
    Im Inneren, wo eine Band Rock’n’Roll der vergangenen beiden Jahrzehnte aus den Verstärkern hämmern läßt, geht der Killer auf eine große, hufeisenförmige Bar in der Mitte des Raumes zu. Dicker Zigarettenqualm, Biergeruch und Körperausdünstungen machen die Luft so dick, daß sie ihm fast Widerstand leistet, als wäre sie Wasser.
    Die Menge bietet ein vollkommen anderes Bild als die traditionellen Thanksgiving-Szenen, die an diesem verlängerten Wochenende über die Bildschirme flimmern. Die Kunden an den Tischen sind fast ausnahmslos rüpelhafte junge Männer in Gruppen, mit mehr Energie und Testosteron, als gut für sie ist. Sie brüllen, um sich über die donnernde Musik hinweg verständlich zu machen, begrapschen die Kellnerinnen, um deren Aufmerksamkeit zu erwecken, und johlen begeistert, wenn der Gitarrist ein gelungenes Riff spielt.
    Die Entschlossenheit, mit der sie ihren Spaß haben wollen, erinnert an das hektische Wuseln von Insekten.
    Ein Drittel der Männer an den Tischen sind in Begleitung junger Frauen oder Freundinnen von der toupierten, dick geschminkten Fraktion. Sie sind so ungehobelt wie die Männer – und wären bei einem Familientreffen am heimischen Kamin ebenso fehl am Platze wie kreischende bunte Papageien am Bett einer sterbenden Nonne.
    Die hufeisenförmige Bar umgibt eine ovale, von roten und weißen Spots angestrahlte Bühne, wo zwei junge Frauen mit ausnehmend straffen Figuren zum Klang der Musik wie wild herumwirbeln und es tanzen nennen. Sie tragen Cowgirlkostüme, die aufreizend gestaltet sind, nichts als Fransen und Spangen, und eine löst Pfiffe und Gejohle aus, als sie sich von ihrem Oberteil befreit.
    Die Männer auf den Barhockern entstammen allen Altersschichten und scheinen im Gegensatz zu den Gästen an den Tischen allein zu sein. Sie sitzen schweigend da und schauen zu den Tänzerinnen mit ihrer glatten Haut auf. Viele schwanken leicht mit den Hockern oder bewegen verträumt die Köpfe im Rhythmus einer Musik hin und her, welche weitaus weniger hektisch als diejenige ist, die die Band tatsächlich spielt; sie sind wie eine Kolonie Seeanemonen, die von tiefen unterirdischen Strömungen bewegt werden und stumpfsinnig darauf warten, daß ihnen ein Krümelchen Freude zugespült wird.
    Er nimmt auf einem der beiden freien Hocker Platz und bestellt eine Flasche Becks dunkel bei dem Barkeeper, der Walnüsse in den Armbeugen knacken könnte. Alle drei Barkeeper sind groß und muskulös und zweifellos wegen ihrer Fähigkeit eingestellt, auch als Rausschmeißer fungieren zu können, sollte sich die Notwendigkeit ergeben.
    Die Tänzerin am anderen Ende der Bühne, deren Brüste unbehindert hüpfen, ist eine atemberaubende Brünette mit einem Tausend-Watt-Lächeln. Sie geht in der Musik auf und scheint echten Spaß an der Darbietung zu haben.
    Die Tänzerin in seiner Nähe, eine langbeinige Blondine, ist noch attraktiver als die Brünette, aber ihre Bewegungen wirken mechanisch, und sie scheint von Drogen oder Ekel betäubt zu sein. Sie lächelt nicht und sieht keinen an, sondern hat den Blick auf eine ferne Stelle gerichtet, die nur sie allein sehen kann.
    Sie macht einen überheblichen Eindruck und scheint
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