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Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Titel: Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
Autoren: Ursula Steen
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anderen Hundesitter zum Bus geschleppt und war zum Tierarzt gefahren. Den
Rest seiner Mahlzeit, ein präpariertes Wurststück, das die anderen inzwischen
gefunden hatten, nahm sie mit.
    Jonas ließ sich von ihnen die Adresse der
Praxis geben und machte sich dann mit Herrn Zota auf den Weg. Als sie dort
ankamen, saßen Marie und Herr Schmidt, Schorschs Besitzer, noch im Wartezimmer.
    „Sie wissen nicht, ob er durchkommt“, sagte sie
und sah Jonas mit tränenverschwommenen Augen an. „Wenn das Zeug Warfarin
enthielt, sieht es schlecht aus. Bei Thallium hat er vielleicht eine Chance.
Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen.“
    „Das ist doch Unsinn“, sagte Herr Schmidt. „Man kann nicht auf Schorsch aufpassen, es sei denn, man
legt ihn an die Kette, und wer will das schon.“
    „Normalerweise schau ich immer genau hin, wenn
ein Hund in eine Ecke läuft und dort wie wild herumschnüffelt. Aber heute … Ich
hätte nicht so lange zögern dürfen.“
    „Nun hören Sie schon auf“, sagte Herr Zota.
„Das bringt doch nichts, wenn man sich fertigmacht. Hinterher ist man immer
schlauer.“
    „Und wenn er stirbt?“, fragte Marie, und ihre
Augäpfel fingen an, wie wild hin und her zu springen.
    „Dann ist das eben so“, sagte Herr Schmidt. „Daran ist
nur dieser Kriminelle schuld, der die Wurst ausgelegt hat, sonst niemand. Außerdem
stirbt Schorsch nicht. Der hat schon so viel mitgemacht und sich immer wieder
berappelt. Er ist mal von einem Lastwagen überfahren worden, und bei seinem
letzten Streifzug hat er ein Stück Ohr eingebüßt …“
    Während er weiter von Schorschs Exkursionen
erzählte, bekam Marie wieder ihren nervösen Tick im rechten Auge. Ihr Lid
flatterte und vibrierte wie eine Membran im Windkanal.
    „Ich hätte den Köder trotzdem sehen müssen“,
sagte sie.
    „Jetzt ist es aber gut!“, sagte Herr Zota, und
seine Stimme klang so streng, als würde er ihr gegenüber auf die Einhaltung der
Hausordnung pochen.
    „Den konnte keiner sehen, Frau Wagner“, sagte
Herr Schmidt. „Und überhaupt: Sie machen das so toll. Sie sind ein Engel, und
es gibt niemandem, dem ich meinen Hund lieber anvertrauen würde. Keine Sorge,
in zwei Wochen ist Schorsch wieder auf dem Damm. Ich kenn doch meinen Hund.“
    Jonas war dem Mann dankbar für den Zuspruch.
Aber in Marie quoll trotzdem das Weinen hoch. Irgendwann stand sie auf, ging
vor die Tür und presste dort ihren Rücken gegen die Hausmauer. Jonas folgte ihr.
    „Ich bin da, okay?“, sagte er, legte ihr die
Hand auf den Unterarm und sah ihr eindringlich-forschend ins Gesicht. Ein
wahrer Gewittersturm aus Blitzen und Zuckungen erschütterte ihr rechtes Auge.
Sie versuchte ihn unter Kontrolle zu bekommen, aber es gelang ihr nicht.
Schließlich rutschte sie an der Wand herunter und verbarg ihr Gesicht zwischen
den Knien. Das ging Jonas so unter die Haut, dass er ebenfalls in die Hocke
ging und seine Arme um ihre Schultern legte.
    Es dauerte noch eine Weile, bis sie sprechen
konnte. Dann hob sie den Kopf, sah ihn an und fragte: „Ich hab doch den
richtigen Beruf, ja?“
    „Aber ja, Marie, ja!“, sagte er und küsste ihr
Haar, ihren Hals und ihre Hände. Dann hielt er inne und sagte: „Du bist doch
gern mit den Hunden zusammen, stimmt’s? Und wenn’s gut läuft, genießt du jede
Minute, die du auf dem Platz verbringen darfst.“
    „Ja, im Prinzip schon. Einen anderen Job kann
ich mir nicht mehr vorstellen. Für viele mag er lächerlich sein, unbedeutend
oder was auch immer. Aber mir bedeutet er wirklich etwas.“
    „Also ist er mehr Lust als Last.“
    „Ja, irgendwie schon. Er ist ich und ich bin
er. Im Moment allerdings nicht.“
    „Aber du weißt, dass Krisen zum Leben gehören.“
    „Oh ja. Wer soll das wissen, wenn nicht ich?“
    „Das stimmt. Du bist viel stärker und mutiger,
als du glaubst.“
    „Meinst du?“
    „Ja klar. Es gehört wahnsinnig viel Mumm dazu,
einen kotzenden und sterbenden Hund zum Arzt zu schleppen. Du bist eine
Kämpferin, eine Kriegerin, eine Piratin, und du lässt dich nicht kleinkriegen,
was auch passiert.“
    „Ja, mag sein.“
    „Na bitte, jetzt hast du viermal ja gesagt und
keinmal nein. Also du bist da, wo du sein wollest. Alles ist gut, Marie, alles
läuft super. Mach dir bloß keine Gedanken.“
    Nachdem er das gesagt hatte, beruhigte sie sich
tatsächlich ein wenig.
    „Wieder besser?“, fragte Jonas schließlich.
    „Ja“, sagte Marie.
    So saßen sie noch eine Weile da. Schließlich
standen sie
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