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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition)
Autoren: Georg Klein
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Mutter aufseufzte, als ich ihr mitteilte, dass Smosmo mich auf die frei gewordene Stelle ins Sonnenhaus berufen würde. Zur Behandlung von Wunden stehen uns lediglich drei Salben zur Verfügung, die man aus Mockmockmilch und verschiedenen Steinmehlen anrührt. Die schwarze Salbe hilft bei Verbrennungen, die graue kommt auf Hautabschürfungen und Fleischwunden aller Art, die weiße Salbe, schwierig herzustellen und besonders leicht verderblich, wird nur verwendet, wenn die Bruchstelle eines Knochens freiliegt. Dem verletzten Neubastler steckte ein abgesprengter Steinsplitter schräg in der Nasenwurzel, fast genau zwischen den Augen. Also drückte ich, so fest ich konnte, mit den Daumen auf die schmerzverwandten Stellen unter den großen Zehen, während Toctoc sich daranmachte, den Fremdkörper herauszuziehen.
    Der Splitter erwies sich zum Glück als nicht lang. Die Wunde blutete nur schwach. Ein dicker Klacks der zähen grauen Salbe verschloss den kleinen Schlitz. Viel mehr war nicht zu tun. Gemeinsam sprachen wir die üblichen Formeln. Die Miene des Versorgten verriet uns, wie wohl ihm unsere Genesung verheißenden Worte taten, und auch seine Kollegen, die Toctocs neugieriger Zugriff auf den Findling zweifellos verstimmt hatte, wirkten bloß noch erleichtert. Man offerierte uns verdünnte Mockmockmilch, wir nahmen dankend an, und gemeinsam hockten wir still um den versorgtenGlasmacher, so lange, bis dieser in den guten festen Schlaf fiel, den die graue Salbe, wenn man sie auf eine frische Wunde gibt, unweigerlich spendet.
    Liebend gerne hätten Toctoc und ich noch einen Blick auf den Notfernmelder geworfen, der uns herbeigerufen hatte. Aber es wäre unschicklich gewesen, geradewegs danach zu fragen. Bis jetzt gibt es nur zwei dieser Melder, den zweiten hat Twitwi zur Grabungsstelle für orangen Warmstein hinausgebracht. Dazu kommt der Apparat im Sonnenhaus, der den lautlosen Ruf seiner Brudergeräte empfängt und für unsere Ohren hörbar macht. Die kleine Twitwi hat alle drei gebaut, und wahrscheinlich ist sie die Einzige, die ihr Zusammenwirken auf eine Weise versteht, die uns Übrigen bis jetzt nicht mit Worten vermittelbar ist. Eigens für Twitwi und ihre eigentümliche Findigkeit wurde ein neuer Neubastlertrupp ins Leben gerufen. Smosmo hat das ganze Ansehen, das dem Amt der Barmherzigen Schwester zukommt, in die Waagschale der Entscheidung geworfen, als er die Gelegenheit für diese Neugründung aufgehen sah. Es brauchte eine besondere Konstellation in der Zusammensetzung des Panik-Rats. Erstmals hatte keine einzige Frau das Los der Mitgliedschaft gezogen, und damit konnte keine missgünstige Geschlechtsgenossin gegen Twitwi sprechen.
    Twitwi gehörte zu meiner Jahrgangsgruppe, und weil sie die mit Abstand Schmächtigste war, haben wir sie in den Jahren des Unterrichts immer wie ein jüngeres Kind behandelt. Mir und den anderen ist lange nicht aufgefallen, dass sie ein besonderes Talent besaß. Wir hielten sie sogar für ein bisschen begriffsstutzig, weil ihr manche Arbeiten auffällig langsam von der Hand gingen. Wenn sie, den Kinderbohrer oder den kleinsten Hartsteinhammer im schlaffen Händchen, mit stierem Blick über einem einfachen Werkstück brütete, hieß es damals: «Unsere kleine Twitwi schläft wieder mit offenen Augen!» Sogar heute, wo sie den Trupp fürunsichtbare Kräfte leitet und Erfolge vorweisen kann, ist es noch üblich, den Kopf über sie zu schütteln, um sich so, mit stummem, dummem Einverständnis, gegen das Unverstandene zu schützen.
    Das würfelförmige Gehäuse des Notrufempfängers, das ich von meinem Schreibplatz aus unter dem Altar stehen sehe, hat Twitwi aus Aluminiumblech gebastelt. Oben ragt ein eisengrauer Stummel aus dem Deckel. Nach dem, was ich aus den Heiligen Büchern gelernt habe, bin ich mir fast sicher, dass Ihr einen solchen Auswuchs Antenne nennt. Falls ich mich irren sollte, bitte ich Euch um Nachsicht. Ich habe niemanden, mit dem ich meine Mutmaßungen besprechen könnte. Twitwi hat die Box nicht selbst aufgestellt, sondern bloß ihre beiden Gehilfen geschickt. Als ihr Neubastlertrupp gegründet wurde, bestellte sie zur allgemeinen Überraschung als Helfer ausgerechnet die dickköpfigen Brüder. Alle nennen die beiden so, weil sie, anders als ihre Mutter, die eine rundum wohlproportionierte Frau war, hässlich große, seltsam beulige Schädel auf den arg schmalen Schultern tragen.
    Lange hieß es, die dickköpfigen Brüder taugten zu nahezu nichts, weil beide das
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