Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
Rex.
    »Wahrscheinlich. Was ist in der letzten? Rostige Rasierklingen?«
    »Feuchte Schwämme.«
    »Haben Sie irgendeinen davon benutzt, um Glassplitter aufzuwischen?«
    Rex kicherte. »Sie sollten harmlos sein.« Er griff nach der Schachtel mit der Kaktusfeige. »Die kommt in mein Büro.«
    »Gute Idee«, sagte Kendra.
    Während Rex die Schachtel wegbrachte, kam Ronda herüber. Die übergewichtige Mutter dreier Kinder arbeitete auf Teilzeitbasis im Hort, meistens nachmittags. »Hast du dich verletzt?«, fragte sie.
    »Rex hat mich eine Kaktusfeige ertasten lassen. Hat mich ziemlich gestochen. Aber es geht mir gut.«
    Ronda schüttelte den Kopf. »Für einen so netten Kerl kann er manchmal ein ganz schöner Hornochse sein.«
    »Vergessen wir’s. Ich bin nur froh, dass das Opfer kein Fünfjähriger war.«
    Der Rest des Nachmittags verlief ohne besondere Vorkommnisse. Kendra hatte keine dringenden Hausaufgaben zu erledigen, daher konnte sie sich entspannen und hatte mit den Kindern ihren Spaß. Sie spielte mit ihnen Reise nach Jerusalem und ein paar Runden »Simon says«. Rex las eine Geschichte vor, in der Singstunde spielte Ronda ihre Ukulele, und die Tastübung mit den Pappkartons kam großartig an. Schon bald zeigte die Uhr über der Spüle vier Uhr fünfundfünfzig, und Kendra begann ihre Sachen zusammenzusuchen.
    Sie schulterte gerade ihren Rucksack, als Rex hinter sie trat. »Wir haben ein Problem, Kendra.«
    Kendra drehte sich um und ließ ihren Blick kurz durch den Raum schweifen, um zu sehen, ob etwas zerbrochen oder ein Kind verletzt war. »Was ist passiert?«
    »Ich habe in meinem Büro eine verärgerte Mutter am Telefon«, erklärte Rex entschuldigend. »Ich brauche dich noch einen Moment.«
    »Alles klar.« Kendra versuchte den Grund für den Anruf zu erraten. Hatte sie in den letzten Tagen eines der Kinder unfair behandelt? Falls es so war, war es ihr selbst nicht aufgefallen. Verwundert folgte sie Rex in sein Büro. Er schloss die Tür und zog die Rollläden herunter. Der Hörer war von der Gabel genommen und lag auf dem Schreibtisch. Er deutete auf das Telefon. »Wer ist dran?«, flüsterte sie halblaut.
    Rex deutete auf die gegenüberliegende Ecke des Büros. »Wirf erst einmal einen Blick hinter den Aktenschrank.«
    Mit gerunzelter Stirn ging Kendra zu dem hohen, metallenen Schrank hinüber. Kurz bevor sie ihn erreichte, trat ein Mädchen dahinter hervor – ein Mädchen, das genauso aussah wie Kendra. Gleiche Größe, gleiche Haarfarbe, gleiches Gesicht. Es hätte ihre Zwillingsschwester sein können oder irgendein Spiegeltrick. Die zweite Kendra neigte den Kopf, lächelte und winkte. Kendra erstarrte und versuchte den bizarren Anblick zu verarbeiten. Sie hatte in den letzten zwei Jahren so einige unmögliche Dinge gesehen, aber nichts Derartiges, nichts das so vollkommen überraschend gewesen wäre.
    Rex machte sich den Augenblick der Verblüffung zunutze, legte einen Arm um Kendra und zog sie grob an sich. Ein stechend riechender Lappen legte sich ihr über Nase und Mund, sie zappelte und wand sich, aber die aus dem Lappen aufsteigenden Dämpfe machten sie schnell benommen. Der Raum drehte sich, und ihr Bewusstsein schwand. Mit benebelten Sinnen sackte sie in Rex’ Armen zusammen.
    Nur allmählich kam Kendra wieder zu sich. Zunächst hörte sie das ferne Plappern von Kindern und Eltern. Als sie sich träge zu strecken versuchte, merkte sie, dass ihr Arme und Beine gefesselt waren. Zunehmend verängstigt erinnerte sie sich an das Spiegelbild ihrer selbst und daran, wie Rex sie plötzlich gepackt und betäubt hatte. Als sie versuchte zu rufen, bemerkte Kendra den Knebel in ihrem Mund.
    Nun erst öffnete sie die Augen. Sie lag hinter Rex’ Schreibtisch auf dem Boden, und zwar auf eine lange Sperrholzplatte gefesselt. Ein hämmernder Schmerz pulsierte hinter ihrer Stirn. Sie versuchte zu zappeln, aber die Fesseln waren fest, und die Platte machte jede Bewegung unmöglich. In ihrer Panik konzentrierte sie sich darauf, durch die Nase zu atmen, und lauschte auf das Geplapper von Kindern und Eltern, das langsam verklang.
    Unzusammenhängende Gedanken zuckten ihr durch den Kopf. Konnte sie irgendwie Feen zu Hilfe rufen? Sie hatte seit Monaten keine Fee mehr gesehen. War ihre Feenartigkeit in der gegenwärtigen Bredouille irgendwie von Vorteil? Ihr fiel keiner ein. Sie brauchte eine Schmerztablette, so heftig brummte ihr Kopf. Vielleicht würde Warren sie retten. Oder Elise. Kendra wünschte, Gavin wäre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher