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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Du rührst meine Schoko-Krispies doch sonst kaum mal an.«
    »Ich schätze, ich habe vergessen, wie lecker sie sind.«
    Amüsiert-ungläubig schüttelte Seth den Kopf. »Weißt du, du bist jetzt fast am Boden der Packung angekommen, wo der ganze Schokoladenstaub rumliegt. Der schmeckt echt gut. Wie wär’s?«
    Kendra warf einen Blick in die Schachtel, schnupperte kurz und kippte den Rest in ihre Schale. Mit dem Löffel rührte sie einmal um, dann aß sie weiter, und ihre Augen wurden groß. »Du hast recht.«
    »Du musst unbedingt die Milch austrinken. Der Satz am Boden ist das Beste von allem.«
    Kendra nickte und trank die Schale leer.
    Seth schaute auf die Uhr. »Ich muss jetzt zur Bushaltestelle, es sei denn, du meinst es ernst mit dem Blaumachen. In dem Fall würde ich bleiben, um Zeuge dieses Wunders zu werden.«
    Kendra sah ihn an, als sei sie ernsthaft in Versuchung geraten, dann verdrehte sie die Augen. »Du kennst doch deine Schwester.«
    »Tu ich das? Ich hätte dir fast geglaubt. Dad ist schon zur Arbeit gegangen und Mom zu ihrer Malgruppe. Wir könnten das Ding durchziehen.«
    »Jetzt beeil dich mal. Es ist niemand da, der dich fahren kann, wenn du den Bus verpasst.«
    Seth schnappte seinen Schulrucksack und ging zur Tür.
    »Lass nicht einfach deinen Müll auf dem Tisch liegen!«, rief Kendra.
    »Könntest du das für mich erledigen? Ich hab dir schließlich den besten Teil des Frühstücks überlassen.«
    »Du bist echt ein Quälgeist!«
    Seth trabte zur Tür hinaus. Er war immer noch frustriert, weil Kendra seine Pläne für ein mit Gold finanziertes Weihnachtsfest durchkreuzt hatte. Er hatte Batterien nach Fabelheim geschleppt, um mit den Satyren einen Handel abzuschließen, hatte seinen Lohn von den Nipsis kassiert, hatte Opa nur einen Teil des Goldes zurückgegeben und den Rest hinausgeschmuggelt – und nun waren all seine Mühen umsonst gewesen. Andererseits konnte er immer noch ein wenig Gold beiseitelegen und nur so tun, als würde er bei ihrem nächsten Besuch in Fabelheim alles zurückgeben. Aber solange Kendra in seiner Nähe war, stand in den Sternen, wann er endlich eine Chance finden würde, das Gold unbemerkt in Bares zu verwandeln.
    Seine Schwester hatte sich an diesem Morgen wirklich seltsam benommen. Als er ins Badezimmer geplatzt war, hatte sie gerade an der Dekoseife gerochen. Kendra hatte nicht nur daran geschnuppert, nein, sie hatte die Seifen-Rosenknospen in den Händen gehalten und mit geschlossenen Augen den Lavendelduft regelrecht in sich hineingesogen. Außerdem wusste Seth aus eigener Erfahrung, dass es zu ernsthaften Bauchschmerzen führte, wenn man drei riesige Schalen süße Krispies aß. Kendra nahm normalerweise ein eher kleines, gesundes Frühstück zu sich. Und was hatte es mit ihrer Bemerkung über das Schuleschwänzen auf sich? Selbst als Scherz passte das nicht zu ihr. Er wünschte, sie hätte ihn nicht auf die Idee gebracht blauzumachen. Der Gedanke war zu reizvoll.
    Ein Stück die Straße hinunter sah Seth den gelben Bus um die Ecke rumpeln und rannte los, um ihn noch zu erreichen. Peinlich darauf bedacht, nicht vor versammelter Zuschauerschaft auszurutschen und der Länge nach hinzuschlagen, schaffte er es gerade noch rechtzeitig, dann wandten sich seine Gedanken den anstehenden Blödeleien mit seinen Schulfreunden zu.
    Als er nach der Schule aus dem Bus stieg, hatte Seth das Gefühl, ihm sei eine enorme Last von den Schultern genommen worden. Die Winterferien waren zwar nichts im Vergleich zu den Sommerferien, aber doch lange genug, um so zu tun, als würde er nie mehr zur Schule gehen müssen. Auf dem Weg nach Hause trat er Brocken aus den verharschten Schneehaufen, und bei jedem Tritt stob eine kleine Fontäne aus Eis in die Luft. Er fand die Haustür verschlossen. Mom hatte erwähnt, dass sie vielleicht weggehen würde, um Besorgungen zu machen. Also zog er seinen Schlüssel hervor und schloss selbst auf.
    In der Küche durchwühlte Seth die Schränke nach Naschzeug. Die besten Sachen waren ausgegangen, also begnügte er sich mit Tortilla-Chips und Schokomilch. Nach dem Imbiss warf er sich vor den Fernseher und zappte durch die Kanäle, aber es kamen nur Talkshows oder noch Schlimmeres. Er schaltete noch eine Weile hin und her in der Hoffnung, Qualität durch Abwechslung ersetzen zu können, aber schließlich gab er es auf. Als er den Fernseher entnervt ausschaltete, hatte er eine Eingebung: Mom war fort. Dad war bei der Arbeit. Und Kendra war, vielleicht
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