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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin
Autoren: Brown Sandra
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Keilers, der für alle Zeiten die Hauer blecken mußte.
    Jagen und Fischen waren Gibbs Leben. Sein Laden für Jagd-und Fischereibedarf lag an Prospers Hauptstraße. Das Geschäft florierte hier in den Ausläufern der Blue Ridges im Nordwesten South Carolinas, nicht zuletzt dank eines anhänglichen Kundenstammes. Seine Getreuen fuhren viele Meilen, um ihr Geld an seiner Kasse abzuliefern.
    Gibb war ein guter Verkäufer. Die Hobbyjäger und -fischer gaben viel auf seinen Rat und zückten bereitwillig ihre Visa-Cards, um all die Geräte, Feldstecher oder Köder zu erwerben, die er ihnen für einen erfolgreichen Ausflug empfahl. Oft kehrten sie mit ihrer Beute oder ihrem Fang zurück und schleiften die Kadaver geradewegs in seinen Laden, um sich dann über ihre Heldentaten mit Waffe, Falle oder Angel auszulassen.
    Gibb geizte nicht mit Lob und brüstete sich nie mit den Ratschlägen, die er seiner »Gemeinde« gab. Man bewunderte ihn als Waidmann und als Mensch. Wer nicht von sich behaupten konnte, sein Freund zu sein, strebte danach, es zu werden.
    Die Toilettentür war verriegelt. Kendall klopfte vorsichtig an.
    Â»Moment noch.«
    Â»Ricki Sue?«
    Â»Bist du da draußen?«
    Ricki Sue zog die Tür von innen auf. Sie wischte sich eben mit
einem feuchten Handtuch das schweißnasse Dekolleté. »Ich schwitze einfach tierisch. Komm rein.«
    Kendall raffte ihren Schleier zusammen, trat zu Ricki Sue in die Toilette und zog die Tür hinter sich zu. Es war zwar eng, doch sie genoß es, einen Moment mit ihrer Freundin allein zu sein.
    Â»Wie ist dein Motelzimmer?« Es gab nur wenige Motels in Prosper. Kendall hatte das beste verfügbare Zimmer für Ricki Sue reservieren lassen, trotzdem war die Unterkunft fast spartanisch.
    Â»Ich habe schon schlechter geschlafen. Und schlechter gevögelt«, antwortete sie und zwinkerte Kendall im Spiegel zu. »Ach, übrigens – bumst dein hübscher Hengst so gut, wie er aussieht?«
    Â»Aus dem Nähkästchen zu plaudern ist nicht meine Art«, erwiderte Kendall. Sie lächelte scheu.
    Â»Damit bescheißt du dich nur selbst, weil dir eine Menge Spaß entgeht.«
    Bei Bristol und Mathers hatte Ricki Sue die Anwälte regelmäßig mit ihren Bettgeschichten erfreut. Einen um den anderen Morgen hatte sie bei der Kaffeerunde der unendlichen Seifenoper ihres Lebens eine neue Episode hinzugefügt. Manche ihrer Geschichten klangen einfach zu phantastisch, um noch glaubwürdig zu sein. Erstaunlicherweise war jedoch jede einzelne davon wahr.
    Â»Ich mache mir Sorgen um dich, Ricki Sue. Es ist gefährlich, so oft den Partner zu wechseln.«
    Â»Ich passe schon auf. Hab’ ich immer.«
    Â»Das tust du bestimmt, trotzdem ...«
    Â»Spar dir deine Moralpredigt, Süße. Ich versuche nur, das Beste aus dem zu machen, was Gott mir mitgegeben hat. Wenn man so aussieht wie ich, muß man die Männer nehmen, wie sie kommen. Ich kenne keinen, der sich in so was wie mich unsterblich
verlieben würde.« Sie breitete die Arme aus. »Also, statt mir immer wieder das Herz brechen zu lassen oder als ewiges Mauerblümchen dahinzuwelken und schließlich als alte Jungfer zu vertrocknen, habe ich mich vor Jahren dazu entschlossen, einfach entgegenkommend zu sein.
    Ich gebe ihnen, was sie wollen, und gebe es ihnen wirklich gut, das kannst du mir glauben. Wenn das Licht ausgeht und alle nackt sind, dann interessiert es niemanden, ob du wie eine Märchenprinzessin oder ein Warzenschwein aussiehst, solange du ein hübsches, warmes Fleckchen hast, wo sie ihn hineinstekken können. Im Dunkeln fühlt sich alles gut an, Kleine.«
    Â»Eine traurige und zynische Lebenseinstellung.«
    Â»Sie hat sich bewährt.«
    Â»Aber woher willst du wissen, daß eines Tages nicht doch noch der Richtige in dein Leben tritt?«
    Ricki Sues Lachen klang wie ein Nebelhorn. »Eher erwische ich den Hauptgewinn im Lotto.« Ihr Lächeln erlosch. Plötzlich wirkte sie in sich gekehrt. »Nicht, daß du einen falschen Eindruck bekommst: Ich würde mein Leben auf der Stelle gegen deines tauschen. Ich hätte zu gern einen Mann, einen Haufen freche Kinder, das ganze Tamtam.
    Aber nachdem das mehr als unwahrscheinlich ist, sehe ich nicht ein, warum ich mich nicht amüsieren soll. Ich bin dankbar für Zuneigung in jeder Form. Natürlich tuscheln die Leute hinter meinem
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