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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin
Autoren: Brown Sandra
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werde es zurückkehren. Ein Gehirn unter Streß könne höchst eigensinnig und unkooperativ reagieren. Ständig wurde er ermahnt, einfach loszulassen.
    Aber es wollte ihm nicht gelingen, nicht einmal dann, als auf den Vorschlag des Arztes hin Kendall Kevin in sein Zimmer trug. Der Anblick des Kindes hatte ihn nur noch mehr aufgeregt, und er hatte sich erst wieder beruhigt, als eine Krankenschwester das Baby wegbrachte.
    Der Arzt hatte sich bemüht, ihr Mut zu machen, wobei er allerdings längst nicht mehr so selbstsicher wirkte. »Ich würde empfehlen, ihn die Nacht über allein zu lassen. Amnesie kann
tückisch sein. Wahrscheinlich wird er sich an alles erinnern, wenn er morgen früh aufwacht.«
    Sobald es hell wurde, hatte sie die Schwesternkleidung angezogen, die man ihr geliehen hatte, und huschte voller Bangen in sein Zimmer: Nichts hatte sich getan.
    Als sie eintrat, zog er sich verlegen die Decke über die Hüften. Die Schwester hatte ihn eben fertig gewaschen, was ihm offensichtlich peinlich war. Sie sammelte ihre Utensilien ein und ließ die beiden allein.
    Kendall machte eine unsichere Geste. »Fühlst du dich besser nach dem Waschen?«
    Â»Ein bißchen. Aber es war gräßlich.«
    Â»Männer sind meistens miserable Patienten.« Sie lächelte ihn fragend an und trat ans Bett. »Kann ich irgendwas für dich tun?«
    Â»Nein, ist schon gut so. Euch ist nichts passiert? Dir und dem Kind?«
    Â»Kevin und ich sind wie durch ein Wunder ohne einen schlimmeren Kratzer davongekommen.«
    Er nickte. »Gut.«
    Kendall merkte, daß ihn schon dieses kurze Gespräch anstrengte. »Ich muß ein paar Sachen erledigen. Wenn du was brauchst, dann ruf einfach die Schwestern. Sie scheinen recht nett zu sein.«
    Er nickte wieder, diesmal ohne etwas zu sagen.
    Sie wollte schon gehen, drehte sich aber auf eine Eingebung hin noch einmal um, beugte sich über ihn und küßte ihn auf die Stirn. Sofort schlug er die Augen wieder auf. Sein Blick war so bohrend, daß Kendall nur ein Flüstern hervorbrachte. »Ruh dich aus. Ich schaue später wieder herein.«
    Hastig eilte sie davon und sprach draußen eine Schwester an. »Ich muß ein paar Dinge besorgen. Gibt es hier irgendwo ein Taxi?«

    Lachend zog die Schwester ein Bund mit Autoschlüsseln aus der Tasche. »Vergessen Sie das mit dem Taxi, hier gibt es keins. Bis drei Uhr können Sie meinen Wagen haben, dann endet diese Schicht. Nehmen Sie auch meinen Regenmantel.«
    Â»Vielen, vielen Dank.« Die unerwartete Großzügigkeit kam ihr sehr gelegen. »Kevin braucht dringend neue Sachen, und ich kann schließlich nicht ewig in einer Schwesternuniform herumlaufen. Ich muß dringend einkaufen.«
    Die Schwester beschrieb ihr den Weg zum Supermarkt und meinte dann taktvoll: »Verzeihen Sie mir die indiskrete Frage, aber haben Sie überhaupt Geld, da doch all Ihre Sachen einschließlich Ihrer Papiere mit dem Auto untergegangen sind?«
    Â»Zum Glück hatte ich ein bißchen in meiner Jackentasche«, erklärte sie der Schwester, die nicht ahnen konnte, wieviel Geld Kendall tatsächlich bei sich trug. Es war keineswegs nur »ein bißchen«. Kendall hatte eisern gespart, weil eine Katastrophe irgendwann eintreffen mußte! Von dem, was in ihrer Tasche steckte, konnten sie und ihr Kind eine ganze Weile leben. »Es ist zwar naß, aber gültig. Um Kevin und mir ein paar Sachen zu kaufen und uns beiden ein Zimmer zu suchen, reicht es.«
    Â»In diesem Kaff gibt es ein einziges, mieses Motel. In dem sollten Sie Ihr Geld wirklich nicht lassen. Solange Sie ein Bett brauchen, können Sie hier im Krankenhaus bleiben.«
    Â»Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Â»Nicht der Rede wert. Außerdem wollen Sie doch bestimmt hier sein, wenn Ihr Mann sein Gedächtnis wiederfindet. Tag oder Nacht.« Tröstend legte sie die Hand auf Kendalls Arm. »Das ist ganz schön belastend für einen allein. Können Sie wirklich niemanden anrufen, der Ihnen zur Seite steht? Ihre Familie vielleicht?«

    Â»Niemanden. Wir haben kaum Verwandtschaft. Übrigens wollte ich Ihnen und den anderen dafür danken, daß Sie einverstanden waren, die Tote in Gegenwart meines Mannes nicht zu erwähnen. Er ist schon verwirrt und aufgewühlt genug. Ich möchte es nicht noch verschlimmern.«
    Sogar der Deputy teilte die Auffassung, daß man dem Kranken
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