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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin
Autoren: Brown Sandra
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Rücken. ›Wie kann sie sich nur so von den Männern ausnutzen lassen?‹ In Wahrheit nutze ich sie aus. Denn leider ...« – sie hielt inne und musterte Kendall begehrlich, aber freundlich von Kopf bis Fuß – »sind nicht alle Frauen gleich. Ich sehe aus wie ein Walroß nach einer mißglückten Henna-Tönung, während du aussiehst wie... wie du.«
    Â»Hör auf, dich so herunterzumachen. Außerdem dachte ich,
du magst mich vor allem wegen meiner Klugheit«, zog Kendall sie auf.
    Â»O ja, schlau bist du auch. So schlau, daß du mir ehrlich gesagt einen Heidenrespekt einjagst. Und du hast mehr Mumm als jeder andere, der mir bisher begegnet ist, und mir sind schon ein paar ziemlich zähe Hombres begegnet.«
    Sie hielt inne und sah Kendall aufmerksam an. »Es freut mich, daß es hier so gut für dich läuft, Kleine. Du hast eine Menge riskiert. Und das tust du immer noch.«
    Â»Bis zu einem gewissen Grad, ja.« Die junge Anwältin nickte. »Aber ich mache mir keine Sorgen. Es ist schon zuviel Zeit vergangen. Wenn es schiefgelaufen wäre, dann hätte längst alles auffliegen müssen.«
    Â»Ich weiß nicht.« Ricki Sue klang nicht überzeugt. »Ich glaube immer noch, daß du total verrückt bist. Und wenn ich es noch mal tun müßte, würde ich dir noch mal davon abraten. Weiß Matt davon?«
    Kendall schüttelte den Kopf.
    Â»Solltest du es ihm nicht erzählen?«
    Â»Weswegen?«
    Â»Weil er dein Mann ist. Herrgott noch mal!«
    Â»Was sollte das an seinen Gefühlen für mich ändern?«
    Ricki Sue sann einen Augenblick nach. »Was meint deine Oma dazu?«
    Â»Sie ist deiner Meinung«, gab sie widerstrebend zu. »Sie hat mir zugeredet, die Karten auf den Tisch zu legen.«
    Da ihre Eltern gestorben waren, als Kendall fünf Jahre zählte, war Elvie Hancock die einzige Bezugsperson, an die Kendall sich erinnern konnte. Sie hatte das kleine Mädchen mit fester Hand, aber liebevoll erzogen. In den meisten wichtigen Fragen stimmte Kendall mit ihr überein. Sie gab viel auf das Urteilsvermögen und die Altersweisheit ihrer Großmutter.

    Aber was die Frage betraf, ob völlige Aufrichtigkeit Matt gegenüber nötig sei, vertraten sie verschiedene Standpunkte. Kendall war überzeugt, daß sie sich tadellos verhielt. Leise erklärte sie: »Ihr beide müßt mir in dieser Sache vertrauen, Ricki Sue.«
    Â»Also gut, Kleine. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, wenn eines Tages eine Leiche aus deinem Keller gerannt kommt und dich in den Hintern beißt.«
    Kendall mußte über Ricki Sues drastische Metapher lachen. Sie beugte sich vor und umarmte ihre Freundin. »Du fehlst mir. Versprich mir, daß du mich oft besuchen kommst.«
    Ricki legte das Handtuch mit übertriebener Sorgfalt zusammen. »Das wäre wahrscheinlich keine gute Idee.«
    Kendalls Lächeln erstarb. »Warum nicht?«
    Â»Weil dein Mann und sein Papa keinen Hehl daraus machen, was sie von mir halten. Nein, du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, kam sie Kendalls Einspruch zuvor. »Mir ist es scheißegal, was sie von mir denken. Sie erinnern mich zu sehr an meine eigenen selbstgerechten Eltern, als daß mir etwas an ihrer Meinung liegen würde. Ach, Mist. Ich wollte sie nicht schlecht machen, es ist bloß ...« Ihre stark geschminkten Augen flehten Kendall um Verständnis an. »Ich will nicht, daß es meinetwegen Probleme gibt.«
    Kendall wußte genau, was ihre Freundin meinte, und sie rechnete Ricki Sue diese Selbstlosigkeit hoch an. »Du und Großmutter, ihr beide fehlt mir mehr, als ich gedacht hätte, Ricki Sue. Tennessee ist so ewig weit weg, ich brauche eine Freundin.«
    Â»Dann such dir eine.«
    Â»Ich habe schon meine Fühler ausgestreckt, aber bisher ohne Erfolg; die Frauen hier sind höflich, aber distanziert. Vielleicht nehmen sie mir übel, daß ich einfach so in ihre Stadt geplatzt bin
und ihnen Matt weggeschnappt habe. Oder vielleicht stören sie sich an meinem Beruf. Sie leben ein vollkommen anderes Leben als ich. Außerdem könnte dich sowieso niemand als meine beste Freundin ersetzen. Bitte, schreib mich nicht ab.«
    Â»Ich schreibe dich, weiß Gott, nicht ab. Habe selber nicht allzu viele Freunde. Aber betrachten wir die Sache einmal nüchtern.« Sie drückte mit beiden Händen
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