Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
und Ari harrten vor dem Haus aus. Eine Tranlampe spendete ihnen Licht. Der Kirrie hielt sich mit Bier wach, eine Fertigkeit, die Piraten in höchster Vollendung beherrschten. Der Gerstensaft hatte seine Zunge gelöst. Zum Glück war der Junge an der Brust seines Vaters eingeschlafen und entging so den wenig kindgerechten Schilderungen des ehemaligen Freibeuters. Taramis täuschte durch gelegentliches Nicken Aufmerksamkeit vor, obwohl er seinen eigenen Gedanken nachhing. Shúrias Traum beunruhigte ihn so sehr, dass er seinem Freund nicht einmal von Aïschah erzählt hatte.
    »Also ein Glühwürmchen ist das nicht«, sagte der kleine Recke unvermittelt.
    »Was?« Taramis blinzelte. Etwas in der Stimme des Kirries hatte ihn aufmerken lassen.
    Jagur deutete aufs Feld hinaus. In der Finsternis schaukelte ein Licht hin und her. »Vielleicht ein Riesenglühwürmchen. Ich habe bisher allerdings nur ein einziges kennengelernt und das sitzt gerade neben mir.« Er spielte auf Lurkons Feuer an, das die Haut des Drachentöters zum Leuchten brachte. Inzwischen sah man es aber nur noch im Dunkeln.
    Vorsichtig löste sich Taramis aus der Umklammerung seines Sohnes. Ari stöhnte, rollte sich auf der Bank zusammen und schlief weiter.
    »Gehst du auf die Jagd?«, erkundigte sich Jagur mit schwerer Zunge. Seine rosafarbenen Augen blitzten unternehmungslustig.
    »Bleib bei dem Jungen«, flüsterte Taramis und stemmte sich auf die Beine. Er nahm den Stab Ez zur Hand, der neben ihm an der Hauswand gelehnt hatte, und lief ein Stück auf das Irrlicht zu.
    Die Funzel am Haus leuchtete nicht weit. Bereits nach wenigen Schritten sah er die beunruhigende Erscheinung vor dem tiefschwarzen Saum des nahen Waldes deutlicher. Was war das für ein Licht? Hatte es mit Shúrias Traum zu tun? Irgendwann, das wusste er nicht erst seit seiner Rückkehr nach Barnea, würde ihn seine Vergangenheit einholen. Für diesen Tag hatte er sich gewappnet und sein neues Heim mit einigen wirksamen Verteidigungsmaßnahmen umgeben. Das so harmlos aussehende Leuchten auf dem Feld könnte ein Ablenkungsmanöver sein.
    Es war ein Reiter. Gerade überquerte er die Brücke des Baches, der am Gehöft vorbeiführte. Dem Rhythmus des schaukelnden Lichts nach zu urteilen saß er auf einem Esel. Von Adma aus brauchte man einen halben Tag zum Gut hinaus. Taramis hatte den am Meer liegenden Hof vor sechs Monaten seiner alten Weggefährtin Ischáh – Siaths Schwester – abgekauft. War der Unbekannte nur ahnungslos und wusste nichts von Borstenwürgern, Bären und anderen Gefahren der Nacht? Warum sonst sollte jemand ein solches Risiko auf sich nehmen?
    Aus dem Haus hallten Shúrias Schreie. Taramis umklammerte mit beiden Händen den Feuerstab. Er widerstand der Versuchung, dem Fremden entgegenzulaufen und damit womöglich in eine Falle zu tappen.
    Als er ihn endlich deutlich erkennen konnte, traute er seinen Augen nicht.
    »Veridas?« War das tatsächlich der Seher, der Weise aus Luxania, der Shúria in die Geheimnisse des Prophezeiens eingeführt und sie, Ari und Siath, in Peor aus dem Feuerofen befreit hatte? Taramis blieb misstrauisch. Seine Feinde hatten ihm schon oft genug Trugbilder vorgegaukelt, sodass er sich dem Reiter nur mit großer Vorsicht näherte. Den Feuerstab hielt er dabei wie einen Speer vor sich.
    »Falls du Heißhunger auf Spießbraten hast, nimm lieber den Esel. Der ist nicht so zäh wie ich«, sagte der Alte vergnügt, als sein Tier nur noch wenige Schritte von dem Stabträger entfernt war.
    »Mögen deine Tage ohne Nebel sein«, antwortete Taramis mit dem geheimen Gruß der Nebelwächter. Verstohlen legte er Zeige- und Ringfinger der linken Hand aneinander und spreizte den Daumen im rechten Winkel ab.
    »Und die deinen voller Sonnenschein«, gab der Seher zurück und formte ebenfalls das Erkennungszeichen des Bruderbundes.
    »Bist du es wirklich, Veridas?«
    »Also, ich bin kein Seelenfresser, falls du das denkst.« Der Zeridianer brachte sein Tier zum Stehen und rutschte umständlich von dessen Rücken. Ohne sich von Ez beeindrucken zu lassen, reichte er seinem alten Gefährten die Hand.
    Taramis zögerte. Welcher Mensch würde es wagen, dem schwarzen Holz so nahe zu kommen? Seine Feinde jedenfalls kannten die Tücken des Stabes, für den jede Bosheit wie Zunder war, der sich bei der kleinsten Berührung entzündete. Nur ein argloser Mann brauchte nicht zu fürchten, innerlich zu verbrennen.
    Die Anspannung fiel von Taramis ab. Er ließ Ez sinken und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher