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Die zerbrochene Uhr

Titel: Die zerbrochene Uhr
Autoren: Petra Oelker
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vertrauten türkisfarbenen Schimmer an. »Ihr seid ein wunderbares Modell, Ehrwürdige Jungfrau. Wenn Ihr bitte sehen wollt?«
    Er reichte ihr das Blatt und trat einen Schritt zurück unter den Apfelbaum.
    Die Domina hob ihre Lorgnette und betrachtete die Arbeit des Malers lange. »Sehr schön«, sagte sie schließlich, »wirklich sehr schön. Bis zu Eurem Meisterbrief kann es nicht mehr lange dauern. Bestellt das Eurem Meister von mir. Allerdings, mein lieber Tulipan, wer hier tatsächlich das wunderbare Modell ist, steht wohl außer Frage.«
    Dazu sagte Paul Tulipan nichts. Er machte seine Reverenz und band seine Malertasche zu. Aus dem Apfelbaum über ihm erhob sich eine kleine Lerche in den Wind und machte sich auf den langen Weg zurück zu ihrem Nest auf dem Heiligengeistfeld. Nur sie hatte gesehen, daß er eine zweite Skizze gemalt und mit dem übrigen Zeichenpapier in seine Tasche gesteckt hatte. Die zeigte allein das eigenwillige Gesicht einer jungen Frau, deren Blick in die Ferne hinter dem Fluß gerichtet war.

GLOSSAR
    Admiralität Die 1623 gegründete Institution war so eine Art frühe Schiffahrtsbehörde. Sie organisierte, verwaltete und beaufsichtigte in Hamburg nahezu alles, was mit der Fluß- und Seefahrt zu tun hatte, nicht zuletzt war sie auch die Instanz für die Seegerichtsbarkeit.
    Akademisches Gymnasium Die etwa dreijährige Ausbildung am A. G. galt vor allem als Vorbereitung auf das Universitätsstudium. Der Besuch folgte in der Regel auf den Abschluß am (- › ) Johanneum, es gab jedoch auch öffentliche Vorlesungen. An dem über die Stadtgrenzen hinaus renommierten Institut unterrichteten sechs Professoren, u. a. in den Fächern Logik und Metaphysik, Beredsamkeit und Moral oder verschiedenen Naturwissenschaften. Zumindest im 18. Jh. gab es Rivalitäten mit den Kollegen im Johanneum, auf die einige der Professoren des A. G. hinabsahen.
    Bach, Carl Philipp Emanuel (1714-1788) Der zweite Sohn und Schüler Johann Sebastian Bachs studierte Jura in Leipzig und Frankfurt/Oder, ab 1737 gehörte er zur Kapelle des preuß. Kronprinzen und späteren Königs Friedrich II. Sein Spiel auf dem ›Clavier‹, dem Cembalo und dem Clavichord galt als unübertroffen. Im März 1768 folgte er seinem Patenonkel Georg Philipp Telemann im Amt des Städtischen Musikdirektors der fünf Hamburger Hauptkirchen und als Kantor des (–›) Johanneums nach. B. wurde zu seinen Lebzeiten weitaus höher geschätzt als sein heute berühmterer Vater. Zu seinem Hamburger Freundeskreis gehörten (–›) J. G. Büsch, (-›) J. A. H. Reimarus, (–›) G. E. Lessing, M. Claudius, F. G. Klopstock und J. H. Voß.
    Bark Der große, eher bauchig gebaute Dreimaster gehörte seit der Mitte des 18. Jh zu den wichtigsten Langstreckenseglern der Handelsflotten.
    Basedow, Johann Bernhard (1724-1790) studierte nach dem Besuch des Hamb. (-›) Johanneums Theologie in Leipzig. Eine Stellungals Professor der Moral und schönen Wissenschaften an einer dänischen Ritterakademie verlor er wegen seiner Kritik an den Kirchen. Gönner am dänischen Hof arrangierten seine Versetzung an das Altonaer Christianeum (Lateinschule). Dort wurden seine Schriften bald verboten, für Hamburg erreichte der orthodoxe Hauptpastor von St. Katharinen J. M. Goeze ein Druckverbot. 1764 untersagte eine Senatsverordnung, die auf B.s Werke zielte, das Lesen und Verbreiten kirchenkritischer, von der orthodoxen Lehre abweichender Schriften. Auch B.s Freunde, z. B. Goezes Amtsbruder an St. Katharinen, der der Aufklärung nahestehende Julius Gustav Alberti, gerieten in den Verdacht der Ketzerei. Besonderen Ärger machte B.s Forderung nach einer grundlegenden Schulreform, nach der u. a. der Religionsunterricht überkonfessionell sein sollte, der Kirche die Schulaufsicht zugunsten des Staates entzogen und Lehrer pädagogisch ausgebildet werden sollten. 1768 wurde B. mit Hilfe des dän. Ministers v. Bernstorff bei vollem Gehalt (800 Taler jährl.) vom Unterricht freigestellt, um sich ganz seinen Schriften widmen zu können. B. gilt als Hauptvertreter des Philanthropinismus, der von J. J. Rousseaus »Emile« beeinflußten pädagogischen Reformbewegung des letzten Drittels des 18. Jh., die ihren Ausgang in dem 1774 von B. in Dessau gegründeten »Philanthropin« fand. In diesem Internat wurden Knaben – bürgerliche Mädchenbildung beschränkte sich weiterhin auf das für devote Ehe- und Hausfrauen nötige Minimum – zur Entfaltung ihrer natürlichen Kräfte, zu
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