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Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Kim Kestner
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Schreibtisch, stolpere über den Stapel Magazine, der sich über dem Teppich ausbreitet. Der Kakaofleck! Er wäre nicht da, wenn Jeremy nicht existieren würde, oder? Mit fliegenden Händen schleudere ich die Magazine beiseite. – Was? Das kann nicht sein! Er ist weg! Nichts! Nur apfelgrüne Wolle, kein Fleck. Ich bin mir sicher, nicht zu träumen, kneife mir aber trotzdem in die Wange. Es tut weh.
    Hektisch stolpere ich zu meinem Schreibtisch, reiße meine Bücher um. Das Tagebuch fällt auf die Erde, klappt auf. »Kein Schloss! Wo …« Mein Blick fällt auf die beiden Bilderrahmen, mir wird schwindelig und gleichzeitig eiskalt. Ich sehe Mum, Dad, meine Tante Rose und mich selbst beim Zelten an einem See. Die Aufnahme entstand in einem der Nationalparks im Redwood-Forest, ich muss etwa acht gewesen sein. Mit klaffender Zahnlücke grinse ich in die Kamera. Aber dort, wo Jeremy in einem Nest aus Moos sitzen sollte, das ich zusammengetragen hatte, damit er weich genug liegt, steht ein Grill. Mein Verstand will nicht glauben, was meine Augen sehen. Aber schon längst habe ich bemerkt, dass auch der andere Glasrahmen, der das Foto halten sollte, auf dem mein Bruder in wilder Piraterie einen Plastiksäbel über unseren Köpfen schwingt und wir alle so tun, als würde er uns gleich erdolchen, einem anderen gewichen ist. Es zeigt eine Aufnahme von mir und dem Hund, den ich eben aus dem Zimmer gejagt habe. Das Bild ist mit einem Herz verziert, neben dem »Buffy« steht.
    Du meine Güte! Das kann doch nicht … Wie? Ich weiß, Jeremy existiert, Millionen Dinge verbinde ich mit ihm. Kein Beweis dafür. Nirgends! Warum erinnert sich denn niemand?
    Vielleicht bin ich verrückt geworden! Vielleicht ist das gar nicht mein Leben. Ich muss fantasieren, aber alles fühlt sich so echt an. Hilfe! Ich öffne den Mund, ein stummer Schrei. Jeremy … Jeremy! Benommen stolpere ich zu dem Fenster, lehne mich weit hinaus. »Jeremy! Je-re-miiiiiiiiie! Antworte doch! Bitte komm wieder!« Plötzlich zieht sich mein Magen zusammen. Ich würge, falle auf die Knie, alles dreht sich! Schwallartig breche ich die Pancakes aus. Meine Handfläche brennt wie Feuer. Wieder muss ich würgen, bittere Galle. Ich höre gerade noch, wie Dad ins Zimmer gestürmt kommt, brüllt: »Susan! Ruf einen Arzt! Schnell!«
    Wieso brennt meine Hand? Wieso … wieso … Mein Leben versinkt in Dunkelheit.

Irgendwann – irgendwo
    Jemand streichelt meine Hand. Anscheinend bin ich bei Bewusstsein … Ich versuche, die Augen zu öffnen. Nicht möglich … Leise Stimmen dringen zu mir durch, Wortfetzen verfangen sich in meinem vernebelten Hirn. »Puls optimal …«, »Anzeige läuft …«, »kann bald aktiviert werden …«, »Impuls zum Aufwachen geben …«, »Stopp! Neuronale Werte noch nicht stabil …«
    Ich muss im Krankenhaus sein! Mum steht neben mir und massiert meine Hand, ihre Berührung tut gut, alles ist in Ordnung. Müde … ich will schlafen … nur noch schlafen …
    Als ich wieder aufwache, höre ich die Ärzte. Sie reden leise, ihre Stimmen klingen ruhig. Niemand scheint sich ernsthaft Sorgen zu machen. Trotzdem, irgendetwas ist merkwürdig, irgendetwas nicht normal. Nur was?
    Im nächsten Augenblick schießt etwas heiß durch meine Venen, ein Kribbeln überzieht meinen ganzen Körper, als würde eine Feder darüber streifen, und dann bin ich hellwach. Der geistige Schleier hat sich so abrupt in Luft aufgelöst, als hätte mich jemand mit einem Kübel eiskalten Wassers übergossen. Aber jetzt ist mein Verstand glasklar.
    Jeremy! Was ist mit Jeremy? Und Mum!
    »Mum?«, flüstere ich und öffne meine Augen.
    Aber es ist nicht meine Mutter, die eben meine Hand loslässt, sondern eine spindeldürre Schwester mit breiter Nase und weit auseinanderstehenden Augen. Sie schraubt einen Metalltiegel zu, wendet sich ab und wäscht sich die Hände. »Der Marker hat eine leichte Entzündung hervorgerufen. Das sollte er nicht. Aber die Creme wirkt schnell«, sagt sie emotionslos und verlässt ohne weitere Erklärungen den Raum.
    Ich starre ihr hinterher, dann auf meine Handinnenfläche, die sie behandelt hat. Hauchdünne silberne Fäden ziehen sich über die Haut und kreuzen sich mit den Lebenslinien zu einem bizarren Muster. Sie scheinen keinen Sinn zu machen. So etwas habe ich noch nie gesehen, auch verstehe ich ihren Zweck nicht. Mein Zeigefinger streicht unwillkürlich über den Fremdkörper. Er lässt sich kaum erspüren.
    Erst jetzt registriere ich
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